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Über den Umgang mit Erwartungen, u.a. junger Mitarbeiter*innen

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Es ist beinahe egal, in welchem Kontext ich tätig bin. Fast immer taucht die Frage nach dem Umgang mit Erwartungen und Forderungen nicht nur, aber insbesondere junger Menschen in der Arbeitswelt auf:

  • „Ich hätte gerne einen Homeofficearbeitsplatz, und zwar sofort mit Dienstantritt.“
  • „Ich möchte eigentlich nur Teilzeit arbeiten und Führung ist ohnehin nichts für mich.“
  • „Überstunden sind auch nichts für mich.“

Selbst in Universitäten geht die Angst vor hohen Forderungen um:

  • „Meine Aufmerksamkeitsdauer ist gering. Bespaße mich wie auf TikTok.“
  • „Ich hätte gerne mein Bachelor-Arbeit-Thema frei Haus und eine Literaturliste gleich mit.“

Wie also können oder sollten Unternehmen und Führungskräfte mit solchen Erwartungen umgehen?

1. Wohlwollens-Bonus

Woher wissen wir eigentlich, dass es sich bei einer Erwartung der Mitarbeiter*innen um eine unverschämte Forderung handelt? Viele Forderungen entstehen aus Unwissenheit über die Funktionsweise eines Unternehmens. Umso wichtiger ist es, die systemischen Bedingungen einer guten und erfolgreichen Arbeit zu (er)klären.

2. Klärung der systemischen Bedingungen

Beispiel Universität

Wer als Studierende/r erwartet, Literaturlisten für ein Seminararbeitsthema frei Haus zu bekommen, befindet sich geistig noch in der Schule. Zur universitären Ausbildung gehört dazu, nicht nur ein Thema sauber zu erarbeiten, sondern auch selbständig zu arbeiten.

Beispiel Homeoffice

Bei manchen Tätigkeiten ist es klar, dass sie nicht zuhause stattfinden können. Ein Hausmeister kann Glühbirnen nicht aus der Ferne wechseln. Bei anderen Tätigkeiten besteht Diskussionsbedarf. Ein Kreativ-Team, das eng zusammen arbeitet und auf ein schnelles, gegenseitiges Feedback angewiesen ist, arbeitet i.d.R. reibungsfrei aus der Ferne zusammen, wenn die Teammitglieder sich bereits gut kennen. Wenn nicht, wird es zumindest schwieriger. Gerade Neulinge tun sich schwer damit, auf Distanz ein soziales Netzwerk im Unternehmen aufzubauen. Bei konflikthaften Themen ist es ebenso hilfreich, mein Gegenüber auf der anderen Seite einer Leitung einschätzen zu können. Auch wenn sich Ziele oder Aufgaben eher qualitativ als quantitativ beschreiben lassen, ist es hilfreich, auf schnelle Kommunikationswege inklusive Mimik und Gestik vor Ort zu setzen. Es gibt also eine Menge systemische Gründe, warum es sinnvoll ist, Homeoffice nicht von Anfang an bis zu der offiziell erlaubten Grenze anzubieten.

3. Klärung der eigenen Erwartungen

Zu führen bedeutet immer auch, Erwartungen zu haben und diese seinen Mitarbeiter*innen zu vermitteln:

  • Erwartungen an sich selbst als gute Führungskraft
  • Erwartungen an die Qualität der Arbeit
  • Erwartungen zu bestimmten Zielerreichungen
  • Erwartungen an die Zusammenarbeit im Team
  • Erwartungen an einen guten Umgang mit Kund*innen
  • Erwartungen an den Arbeitsethos der Mitarbeiter*innen, also Disziplin, Zuverlässigkeit, Beharrlichkeit, usw.

Bei einer solchen Vielzahl an Erwartungen ist es hilfreich, diese in eine Ordnung zu bringen:

Daran lassen sich fünf Aufgaben für Führungskräfte ablesen:

  1. Mitarbeiter*innen verdeutlichen, wie die Ziele ihrer Arbeit aussehen.
  2. Mitarbeiter*innen ihre Erwartungen an eine gute Arbeitsleistung zur Erreichung der Ziele mitteilen.
  3. Wahrnehmen und bewerten, ob die Arbeitsleistung ausreicht, um die Ziele zu erreichen und entsprechende Rückmeldungen geben.
  4. Wenn notwendig, die Vernetzung der Mitarbeiter*innen untereinander anbahnen bzw. Teambildung betreiben.
  5. Wahrnehmen und bewerten, ob die Teambildung ausreicht, um gemeinsame Ziele möglichst reibungsfrei zu erreichen und gegebenenfalls Teambildungsmaßnahmen durchführen.

Bezogen auf die Erwartungshaltung von Mitarbeiter*innen, so schnell wie möglich ins Homeoffice zu gehen, gilt es also, zu verdeutlichen, dass Führungskräfte wissen müssen, ob ein bestimmter Arbeitsethos vorhanden ist und ob bei einer Teamarbeit der Teamzusammenhalt funktioniert. Dazu braucht es auf Distanz zumindest zu Beginn einen engeren Austausch als in Präsenz. Vor Ort sehe ich als Führungskraft wie meine Mitarbeiter*innen arbeiten und miteinander interagieren. Auf Distanz brauche ich die proaktiven Rückmeldungen meiner Leute. Es braucht also zuerst Informationen, bevor Erwartungen erfüllt werden können.

Fazit: Warum eine klare Linie wichtig ist

Ich plädiere im Umgang mit hohen Erwartungen grundsätzlich für eine klare Linie sowohl in der Führung als auch unternehmensübergreifend. Derzeit höre ich häufig in meinen Führungstrainings, in welchem Spagat sich Führungskräfte bereits in Bewerbungsgesprächen befinden:

„Wenn wir zu viel verlangen, bekommen wir gar niemanden mehr.“

Damit verleugnen sich Unternehmen jedoch selbst. Es spielt dann keine Rolle mehr, ob eine gute Leistung erbracht wird, sondern nur noch eine Stelle zu besetzen. Wenn wir dieses Vorgehen gedanklich weiterspinnen, haben Unternehmen irgendwann einmal im Extremfall nur noch Stellen mit wechselhaften, leistungsverweigernden Mitarbeiter*innen besetzt. Doch bereits jetzt hat dieses Vorgehen Auswirkungen auf die restliche Belegschaft, weil damit die Arbeitsmoral der restlichen Belegschaft nach unten gezogen wird. Genau deshalb ist eine klare Linie wichtig:

  • Welche Erwartungen stellen wir an eine gute Arbeit?
  • Welche Erfordernisse bringt die Arbeit mit sich? Ist in diesem Fall Homeoffice möglich und sinnvoll, oder nicht?
  • Welche Erwartungen stellen wir an eine gute Zusammenarbeit und wie wird diese erreicht?

Klare Linien sollten jedoch keine starren Linien, sondern Orientierungen sein. Dies lässt sich gut an Dienstvereinbarungen zum Thema Homeoffice verdeutlichen. Dort heißt es häufig „Ein mobiler Arbeitsplatz ist bis zu 70% möglich“. Sind die Bedingungen gut (klare Ziele, Delegationen möglich, hoher Arbeitsethos, gute Zusammenarbeit), spricht also nichts dagegen. Ob die Bedingungen gut sind, müssen jedoch die verantwortlichen Führungskräfte beurteilen. Umso wichtiger ist es für Führungskräfte, sich neben den Anforderungen an eine gute Arbeit auch mit den eigenen Erwartungshaltungen auseinander zu setzen.

Ross oder Reiter*in?

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Was erfahren wir über Persönlichkeitstests?

Psychologische Persönlichkeitstests in Unternehmen sollen ergründen, was Mitarbeiter*innen als Menschen ausmacht, was ihnen wichtig ist, was sie stresst und wie sie folglich geführt werden können, um erfolgreich(er) zusammen zu arbeiten.

Nehmen wir dazu als Beispiel das sehr häufig eingesetzte DISG-Modell:

  • Ein dominanter Stil steht u.a. für Entschlossenheit, Willensstärke, Konkurrenzdenken, Ergebnisorientierung, Durchsetzungsfähigkeit, Direktheit, Mut, manchmal auch Sturheit, Aggressivität, Hartnäckigkeit und Ungeduld.
  • Ein initiativer Stil deutet u.a. auf Beziehungsorientierung, Emotionalität, Gesprächigkeit, Optimismus, Spontaneität oder Geselligkeit hin.
  • Ein stetiger Stil zeigt sich u.a. in Treue, Loyalität, Hilfsbereitschaft, Teamfähigkeit, Unterstützung, Bescheidenheit, Geduld, Pragmatik, Zuverlässigkeit, Aufmerksamkeit, Beständigkeit und Verbindlichkeit.
  • Ein gewissenhafter Stil schließlich äußert sich u.a. über hohe Maßstäbe, Detailorientierung, Disziplin, Vorsicht, umfangreiche Analysen, Logik, Genauigkeit, Gründlichkeit und Vorausplanung.

Damit wird jedoch lediglich die Oberfläche einer Person beschrieben. Als Persona wird die nach außen gezeigte Einstellung eines Menschen bezeichnet. Dieses Bild kann mit dem Ich einer Person identisch sein, muss es jedoch nicht. Es kann sich auch lediglich um eine nach außen getragene Identität handeln, um gut durchs Leben (oder die Arbeit) zu kommen.

Am Beispiel des DISG-Modells: Vielleicht wurde ein Mitarbeiter so sozialisiert, dass er glaubt, mit einem gewissenhaften Stil würde er es am weitesten in der Arbeit bringen und Karriere machen. Oder aber der dominante Stil ist nicht nur ein Stil, sondern tatsächlich ein wesentlicher Teil des Ichs dieser Person.

Mit Hilfe eines Persönlichkeitstests finden wir also heraus, wie ein Mensch in seiner Umgebung auftritt, weil er glaubt, dass er so am besten (leichtesten, erfolgreichsten, reibungsfreiesten, …) durchs Leben kommt.

Die Frage nach dem Wofür?

Das gleiche Prinzip gilt für alle mir bekannten Persönlichkeitstest, was auch logisch ist. Es handelt sich schließlich um Persönlichkeits- und keine Ich-Tests. Aber reicht das aus? Wollen, dürfen oder sollten Führungskräfte hier eine Grenzen ziehen? Schließlich ist Führung keine Psychotherapie.

Wer mehr wissen will, kann sich in ein Gebiet einarbeiten, das seine Höhepunkte der Beliebtheit in den 70er bis 90er Jahren hatte, heute jedoch kaum noch bekannt ist: Die Transpersonale Psychologie. Einer der bekanntesten Vertreter dieser Richtung ist vermutlich Abraham Maslow. Die meisten werden sich an seine Bedürfnispyramide erinnern. Ganz oben in der Pyramide steht unter Selbstverwirklichung: Das eigene Potential voll ausschöpfen und damit eine Art Ich der Zukunft anzustreben.

Oder Sie stellen die Wofür-Frage. Ich beispielsweise bin ab und an dominant. Wofür?

  • Weil ich ungeduldig bin und will, das etwas vorwärts geht.
  • Weil ich manchmal denke, ich weiß es besser – was manchmal stimmt und manchmal nicht, vermutlich eine Trainer-Krankheit.
  • Weil ich meine Freiheit liebe und gerne selbst entscheide, bevor jemand anders über mich entscheidet.

Ich kenne aber auch die anderen Stile sehr gut:

  • Initiativ bin ich, weil ich weiß, dass eine gute, optimistische Zusammenarbeit mehr bringt und mehr Spaß macht, als nur alleine in meinem Kämmerchen vor mich hin zu werkeln.
  • Stetig bin ich, weil mir langfristige Beziehungen wichtig sind. Darauf aufbauend lässt sich nicht nur prima zusammenarbeiten, sondern sie erleichtern auch das Leben, wenn es weniger gut läuft.
  • Und gewissenhaft bin ich, weil ich Qualität in einer Arbeit als schön betrachte. Die Grafiken in Präsentationen können beinahe einem Kunstwerk gleichen, das gesehen werden will. Aber ganz ehrlich: Ich will auch im Anschluss keinen Ärger haben.

Die vier Stile sind sozusagen das Ross. Doch was ist mir als Reiter wichtig?

Summa summarum fühle ich mich in allen vier Bereichen wohl. Ich kenne also die vier möglichen Pferdchen in meinem Stall. Letztlich geht es mir persönlich jedoch darum, dass Menschen zueinander kommen. Ob dies per „dominanter“ Anleitung geschieht, mit Optimismus und Emotionalität, mit Geduld und Beharrlichkeit oder langsam und vorsichtig, erscheint mir nachrangig.

Wenn Sie also selbst nach der Analyse von Mitarbeiter*innen vor der Frage stehen, um was es einer bestimmten Person wirklich geht: Vielleicht bringen Sie mit der Wofür-Frage ein wenig Licht ins Dunkel dieser Persönlichkeit.

Der Kampf um gutes Personal

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Neulich tauchte in einem Seminar die Frage auf, wie mit dem Personalmangel aus Führungssicht umgegangen werden sollte:

  • Sollen potentielle Bewerber*innen mit Samthandschuhen angefasst werden, selbst wenn sie sich nicht einmal die Webseite des Unternehmens angesehen haben, damit sie weiterhin Interesse haben?
  • Sollen Mitarbeiter*innen trotz eindeutiger Verfehlungen oder Schlampigkeiten gehätschelt werden, anstatt klar und deutlich zu sagen, was Sache ist, damit sie sich nicht frustriert abwerben lassen?

Eine Machtverschiebung hat stattgefunden

Fakt ist, dass aufgrund des Personalmangels eine Machtverschiebung stattfand. Das Angebot regelt die Nachfrage. Mitarbeiter*innen wissen das und stellen sich entsprechend darauf ein. Gibt es eigentlich noch Bewerbungs-Trainings? Oder müssen jetzt Unternehmen zurück auf die Rekrutierungs-Schulbank?

Angst essen Ehrlichkeit und Leistung auf

Die Tendenz liegt nahe: Wer Angst hat, Bewerber*innen oder Mitarbeiter*innen zu verprellen, vermeidet Kritik. Ansonsten könnte die Gefahr bestehen, dass Bewerber- und Mitarbeiter*innen sich anderweitig orientieren. Das wiederum geht nicht nur gegen die eigene Authentizität, langfristig leidet auch die Leistung des Unternehmens.

Dabei wirkt sich eine mangelnde Klarheit, die auch Kritik beinhaltet, nicht nur auf Einzelpersonen aus, sondern strahlt in das gesamte Unternehmen. Denn wer sich heute noch anstrengt könnte sich morgen schon denken: „Wenn ich mit einer mangelhaften Leistung so leicht durchkomme, warum strenge ich mich dann an?“

Damit besteht die Gefahr, dass langfristig die Stimmung kippt und auch diejenigen unzufrieden werden, die bislang noch zufrieden waren.

Wie also umgehen mit dem Dilemma „Kampf um gutes Personal“?

Der Umgang mit Bewerber*innen ist heikel, weil einem Bewerber*innen-Gehirn meist eher kurzfristige Gewinne (Homeoffice, Vergütung) wichtiger sind als langfristige Gewinne (gute Teambindung, spannende Arbeit, Möglichkeiten der persönlichen Weiterentwicklung). Dennoch kann es hilfreich sein, diesen Widerspruch anzusprechen: „Denken Sie nicht, dass Sie glücklicher wären, wenn Sie sich mit einer entsprechenden Vorbereitung gut in ein Team einfinden würden?“

Für Mitarbeiter*innen sollten jedoch klare Regeln gelten: Fehler müssen aufgearbeitet werden. Wer für eine Aufgabe ungeeignet ist, sollte sich weiterbilden oder eine besser geeignete Aufgabe bekommen. Auch eine Positive Führung bedeutet nicht, Mitarbeiter*innen emotional zu pampern, sondern sie im besten Sinne zu fördern, um etwas von ihnen fordern zu können.

Etabliert sich jedoch unternehmensweit eine Laissez-Faire-Haltung in der Hoffnung, so Mitarbeiter*innen zu halten, gehen langfristig auch noch die guten Leute verloren.

Wie wir uns mental mit der gesamten Welt verbinden, um leichter mit schwierigen Situationen umzugehen

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Was wäre, wenn wir uns mental mit allen Menschen auf der Welt verbinden könnten, die jemals gelebt haben? Im Sinne eines geteilten Leids oder einer geteilten Begeisterung. In der Psychosynthese ist dafür unser Transpersonales Selbst zuständig. Was sich im ersten Moment vielleicht ein wenig esoterisch anhört, wird klarer, wenn wir uns dazu einige Beispiele ansehen.

Bin ich mutig, indem ich beispielsweise trotz möglicher negativer Konsequenzen meine Meinung sage, kann ich mich mit allen Menschen, die jemals mutig waren verbunden fühlen. Mit dem Samurai, der vor Hunderten von Jahren aufgrund eines persönlichen Versagens die Konsequenzen zieht und sich in einem Ritual den kleinen Finger abschneidet. Mit einem Sängerknaben, der zum ersten mal in der Kirche ein Solo singt. Mit einem Teenager, der seinen geliebten Schwarm fragt, ob sie gemeinsam Eis essen gehen wollen. Mit einer Abiturientin bei ihrer Abschlussrede vor der gesamten Schule. Sogar mit Winston Churchill, der auf die Klausurfrage „Was ist Mut“ lediglich das Wort „Das“ hingeschrieben haben soll. Oder mit einer ganz „normalen“ Bürgerin, die einen anderen Menschen im Ahrtal aus den Fluten rettete. Mit all diesen Menschen können wir uns verbunden fühlen, wenn wir selbst etwas Mutiges tun oder einige Minuten über die Frage „Was ist Mut?“ philosophieren.

Das gleiche funktioniert selbstredend mit vielen anderen menschlichen Empfindungen wie Liebe, Dankbarkeit, Trauer, Enttäuschungen, Schmerzen, Begeisterung oder Durchhaltevermögen, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

Bin ich verliebt, kann ich mich mit allen jemals Verliebten oder Liebenden verbunden fühlen. Mit der himmelstürmenden ersten Liebe von Teenagern. Mit der reifen Liebe eines alternden Ehepaars. Mit der elterlichen Liebe zu ihren Kindern. Mit der Liebe eines kleinen Kindes zu seinem Haus- oder Stofftier. Oder mit der Liebe eines vermeintlichen Sonderlings zu seinem Hobby (wer gerade auf der Suche nach einem exotischen Hobby ist oder Ideen für seine Bewerbung braucht: externer Link).

Bin ich dankbar, kann ich mich mit jeglicher Dankbarkeit verbunden fühlen, die jemals auf der Welt stattfand. Dankbar, dass ein Freund einen kranken Freund besucht. Dankbar, dass ein Team so leidensfähig ist. Oder dankbar dafür, eine schlimme Krankheit überlebt zu haben.

Bin ich begeistert, kann ich mich mit allen jemals Begeisterten verbunden fühlen. Mit jubelnden Massen in einem Fußballstadion. Mit den Gewinner*innen einer Wahl. Oder mit einem Projektteam, das mehr erreichte als es zuvor dachte.

Bin ich traurig, enttäuscht oder habe Schmerzen, kann ich mich mit allen Menschen der Welt verbunden fühlen, die jemals traurig und enttäuscht waren oder Schmerzen empfunden haben. Mit der Trauer nach einer Trennung von einem langjährigen Partner oder Freund. Mit der Enttäuschung über eine verpasste Chance. Oder mit dem Kreuzbandriss der Fußballerin, die ich neulich im Fernsehen sah. Man könnte auch halb-scherzhaft formulieren: Zahnschmerzen alles Länder, vereinigt euch!

Halte ich bei einer schwierigen Aufgabe durch, kann ich mich mit allen tapferen Menschen vor mir und während meines Lebens verbinden. Mit den belagerten Menschen einer Stadt im Mittelalter. Mit einem Vater, der sein bockiges Kind bei den Hausaufgaben begleitet. Oder mit einer Kundenbetreuung, die für einen anspruchsvollen Schlüsselkunden zuständig ist.

Wir sehen also, dass es gar nicht so schwer ist, sich eine Verbindung mit anderen Menschen vorzustellen. Wir müssen dazu lediglich ein paar Minuten über die Frage „Was ist Mut?“, „Was ist Tapferkeit?“ oder „Was ist Trauer?“ meditieren oder philosophieren.

Ein spiritueller Mensch könnte nun sagen: Feine Sache. Ein weniger spiritueller Mensch könnte sich jedoch fragen, was ihm das bringt. Abgesehen von der nicht unbedingt menschenfreundlichen utilitaristischen Sichtweise, ist das tatsächlich eine spannende Frage. Neben der naheliegenden Antwort, dass durch derlei Verbindungen Menschen wieder zueinander kommen, das Verständnis füreinander größer und das Konfliktpotential auf der Welt kleiner wird, gibt es noch die Antwort, durch höhere, transpersonale Verbindungen die eigene Stärke zu stärken.

Stellen wir uns dazu vor, Sie stehen tatsächlich vor einer großen Herausforderung und wissen nicht, wie Sie diese meistern sollen. Was wäre, wenn Sie nicht nur Ihren Mut, sondern den gesamten „kosmischen“ Mut zusammen nehmen könnten, der jetzt und jemals existierte? Wenn nicht nur Sie selbst durchhalten, sondern jeder Mensch, der jemals in einer ähnlichen Situation war, hinter Ihnen stünde und Ihnen bei Ihrer Herausforderung beisteht? Wenn Sie nicht alleine trauern müssten, sondern jeder Mensch, der jemals trauerte, seine Trauer mit Ihnen teilt? Damit lässt sich auch erklären, warum manche Menschen zu Außergewöhnlichem fähig sind, obwohl sie rein faktisch nichts von anderen Menschen unterscheidet.

Wenn in esoterisch-spirituellen Büchern davon die Rede ist, dass ein „Es“ aus uns spricht, ist vielleicht genau das der Hintergrund: Sich über eine Art erweiterte Spiegelneuronen miteinander zu verbinden, um gemeinsam stärker zu sein. Oder wie sonst ist der Spruch der Liverpool-Hymne „You’ll never walk alone“ gedacht?

Literatur

Piero Ferrucci – Werde was du bist

Wiese statt Krise

Weiter so oder sich doch mal austauschen?

Worum es geht?

Wir laden euch zum Redekreis am Lagerfeuer ein. Angelehnt an ein altes Fußball-Sprichwort scheint nach der Krise vor der Krise zu sein. Erst kam Corona, dann der Russlandfeldzug, dann die Energiekrise und über allem schweben drohend wie 1000 Damokles-Schwerter immer neue Umweltkatastrophismen. Wenn so das „Neue Normal“ aussieht, will ich meine alten Probleme zurück haben, mögen sich manche denken. Doch anscheinend leben wir in einer Zeit, in der es weniger darum geht, Probleme abzuhaken, sondern zu lernen damit zu leben. Und das geht leichter, indem man sich miteinander über schwierige Erfahrungen der letzten Jahre, aber auch Hoffnungsvolles und Zuversichtliches austauscht. Dies tun wir im sicheren Rahmen des alten Rituals eines Redekreises. In diesem Rahmen haben auch Themen Platz, die sonst oft untergehen oder die sich manche im öffentlichen Raum kaum anzusprechen trauen. In diesem Rahmen geht es nicht um Wahrheiten oder Meinungen, die auf den Prüfstand kommen, sondern um euch als Mensch mit all eurem Ärger, euren Sorgen und Ängsten. Es geht nicht um Diskussionen, sondern darum wahr- und ernst genommen zu werden.

Eure Redekreis-Begleiter/innen

Begleitet wird der Redekreis von erfahrenen Psychologinnen (Tanja Bluoss, Regina Gimpel) und Mediator/innen (Tanja Bluoss, Michael Hübler) unter Mitarbeit von Christoph Zimmermann.

Anmeldungen unter info@regina-gimpel.de

Aktuelle Termine

Derzeit gibt es aufgrund familiärer Verpflichtungen leider keine aktuellen Termine. Wir hoffen, dass sich dies in nächster Zeit wieder ändert.

Bei Interesse können Sie uns dennoch kontaktieren unter info@regina-gimpel.de.

Unkostenbeitrag

Unser Angebot soll auch für Menschen mit wenig Geld offen sein. Gleichzeitig ist der Aufwand, einen solchen Abend zu organisieren hoch. Deshalb haben wir uns auf einen Unkostenbeitrag von 15 € pro Person geeinigt. Wer mehr geben kann, darf dies gerne tun. Wer dazu derzeit nicht in der Lage ist, ist dennoch herzlich willkommen.

Warum Redekreise?

Was können Redekreise zum aktuellen, vergifteten Diskurs beitragen?

Vergangene Termine (auch als Inspiration für andere Redekreise)

  • Äußerer Wandel – innerer Wandel. Welche persönlichen Wandlungen habe ich durch die Krisenherde der letzten Jahre erlebt?
  • Was erlebe ich für mich als stabilisierend in Krisenzeiten?
  • Was wirkt aus der Corona-Zeit in mir nach? Was war am heutigen Tag davon spürbar?
  • Welche Wünsche, Sehnsüchte, Hoffnungen und Visionen gibt es? Wo möchte ich hin und welchen Beitrag möchte ich dazu leisten?
  • Anpassung und Widerstand. Was gibt mir die Kraft, den Verführungen des einfachen Wegs zu widerstehen? Was hilft mir, bei meiner Wahrheit zu bleiben, sie wahrhaftig zu leben und dies nach außen hin zu zeigen?
  • Mut. Was macht mich mutig? Wann erlebe ich mich selbst als mutig? Was wünsche ich mir?
  • „Weihevolle Nächte“ – Welche Bedeutung hat für mich Weihnachten? Wie will ich Weihnachten begehen und feiern? bzw. ein individuelles Thema, das um die Zeit des sich zu Ende neigenden Jahres in mir präsent ist.
  • Krisenzeiten – welche Bedürfnisse spüre ich aktuell am meisten? Wie machen sie sich bemerkbar? Wie kommuniziere ich sie?