Archiv der Kategorie: Teamentwicklung

Wollen wir uns aufregen oder etwas verändern?

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Persönlichkeitstypologien als Selbstvergewisserung

Persönlichkeitstypologien sind immer noch schwer in Mode. Sie scheinen gerade bei Führungskräften das Bedürfnis nach Klarheit zu befriedigen. Eine Person ist dann eben so wie sie ist. Man denkt zwar ein wenig darüber nach, wie am besten mit Nörgler*innen, Querulant*innen, Jammer*innen, Blender*innen, Manipulator*innen, Besserwisser*innen, Choleriker*innen oder Moralist*innen umzugehen ist. Aber letztlich dominiert die Nachricht im Subtext, dass ein Typus nicht verändert werden kann. Und damit haben auch Führungskräfte weder etwas falsch gemacht, noch müssen sie etwas an sich selbst ändern.

Als Trainer habe ich dieses Spiel selbst jahrelang mitgespielt. Vermutlich auch, weil die Arbeit mit „schwierigen Teamtypen“ immer ein Heimspiel ist. Zum einen war mir der Applaus grundsätzlich sicher. Zum anderen wirken Typologien wie Balsam für die geplagte Führungsseele: Endlich nach Herzenslust ablästern über die schlimmen Mitarbeiter*innen. Dennoch hatte ich immer ein wenig Bauchgrimmen.

Schattenanteile

Jetzt lässt sich zwar klar benennen, welche Typen für Führungskräfte am nervigsten sind. Bereits das ist durchaus ein Mehrgewinn, da ich wenigstens darüber nachdenken kann, warum mich gerade dieser Typus am meisten triggert und was das mit mir zu tun hat. C. G. Jung prägte dafür den Begriff der Schattenanteile: Versage ich mir selbst, ab und an eine Pause zu machen oder meinen Ärger zu zeigen, nerven mich andere Menschen besonders, die genau das tun: Träge oder nörgelige Gestalten. Dennoch kann ich nur an mir selbst arbeiten und nicht an meinem Gegenüber.

Positive Typologien

Um sich nicht zu sehr in negatives Denken zu verfangen, kann ich zumindest mit positiven Team-Typologien arbeiten. Das Process Communication Modell bspw. beschäftigt sich damit, wie bestimmte Teamtypen denken und was ihnen besonders wichtig ist:

Das Problem, dass wir auch damit Personen mehr oder weniger ein für alle mal festlegen, bleibt jedoch bestehen. Ich selbst kenne, brauche und nutze all diese Rollen je nach Situation, auch wenn mir manche Rollen weniger liegen als andere.

Verhalten statt Typologien

Dieses Problem lässt sich erst lösen, wenn wir nicht mehr in Typologien, sondern in Verhaltensweisen denken. Ein Verhalten haben wir gelernt, weshalb es sich auch wieder ablegen lässt:

Der Weg dahin ist denkbar leicht. Ein paar Umformulierungen reichen bereits aus. So wird aus einem Nörgler ein Mensch, der regelmäßig warnt und ja, auch nörgelt. Dieser Mensch besitzt jedoch ebenso eine Menge anderer Eigenschaften. Denn in den meisten Fällen ist er kein Dauernörgler. Sein schwieriges Verhalten kommt erst dann zum Tragen, wenn etwas passiert, mit dem er nicht einverstanden ist.

Spannend wird es, wenn wir dieses Verhalten sowohl negativ als auch positiv zu deuten lernen. Andere zu warnen kann ebenso den Aspekt einer konstruktiven Kritik beinhalten. Genauso macht es einen jammernden Menschen sympathischer, wenn wir seine (berechtigten) inneren Zweifel sehen. Oder wenn wir erkennen, dass ein Moralisieren auf der Angst vor einer umgreifenden Anarchie basiert. All das ist zumindest nachvollziehbar.

Mit einem solchen (zweiten) positiven Blick auf unser Umfeld erscheint ein vermeintlich negatives Verhalten in einem neuen Licht. Begegnungen werden respektvoller. Und damit lässt sich vielleicht sogar das Verhalten unseres Gegenübers verändern.

Fragetechniken und die Haltung echten Zuhörens

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Im Kontext einer Positiven Führung geht es in meinen Seminaren regelmäßig um den Aspekt der Wertschätzung für Mitarbeiter*innen. Eine der besten Möglichkeiten, einer Person Wertschätzung zu zeigen ist das Signal, sie ernst zu nehmen, indem ich mir deren Probleme und Bedürfnisse anhöre. Doch wie geht das eigentlich, gutes, echtes Zuhören?

Zum einen gehört dazu ein dickes Paket clever eingesetzter Fragetechniken:

Der Einsatz von Fragetechniken kann jedoch schnell inquisitorisch werden, wenn daraus Verhörtechniken werden. Deshalb sollte zum Einsatz von Fragen eine positive Zuhör-Haltung gehören. Die folgende Checkliste hilft dabei, sich seine eigene Haltung beim Zuhören bewusst zu machen:

Die Pro-Seite:

  • Sie haben ein echtes Interesse an der Person und Ihren Äußerungen.
  • Sie lassen die Person ausreden.
  • Sie versuchen, zu verstehen, worum es wirklich geht.
  • Sie achten auf Signale in der Körpersprache.
  • Sie fragen nach, um das Geäußerte besser zu verstehen.
  • Sie nehmen sich die Zeit, die es braucht.
  • Sie fragen nach, bis Sie das Gehörte richtig verstanden haben.
  • Sie halten Kritik aus, ohne postwendend etwas zu entgegnen oder sich zu rechtfertigen.
  • Sie laden Ihr Gegenüber dazu ein, über Gefühle zu sprechen.
  • Sie respektieren Ihr Gegenüber ohne Bewertung.

Die Kontra-Seite:

  • Sie denken bereits während dem Zuhören über eine Antwort nach.
  • Sie geben Ratschläge aufgrund Ihrer Expertise, um Ihrem Gegenüber zu helfen.
  • Sie stellen Vergleiche an, um Ihrem Gegenüber zu zeigen, dass er oder sie nicht alleine mit seinem Problem ist.
  • Sie wissen oft schon was kommt. Deshalb lassen sich viele Gespräche abkürzen.
  • Sie bieten Standardlösungen für ein Problem an.
  • Manche Probleme sind leider hausgemacht.
  • Bei manchen Gesprächen lassen sich parallel andere Dinge erledigen, um Zeit zu sparen oder weil es langweilig ist.
  • Manchmal reicht es aus, so zu tun als würde man zuhören.
  • Es gibt Zeitgenoss*innen, die immer wieder mit den gleichen Beschwerden kommen. Denen lässt sich im Grunde nicht helfen.
  • Wenn jemand sehr aufgebracht ist und aus seiner negativen Trance nicht herauskommt, kann es helfen, ihn mit einem anderen Thema abzulenken.
  • Sie halten mit eigenen Emotionen hinter’m Berg.

Siehe auch: https://www.m-huebler.de/jetzt-hoer-mir-doch-mal-zu

Weiterentwicklung durch Respekt

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Wir leben derzeit in einer Welt, die dadurch geprägt ist, es uns leicht zu machen. Der Philosoph Byung-Chul Han spricht sogar von einer Palliativ-Gesellschaft: Wir vermeiden Ängste und Schmerzen wo immer es möglich ist:

  • Sind wir müde, trinken wir einen Kaffee.
  • Schmerzt der Kopf, gehen wir nicht eine Runde spazieren oder ruhen uns aus, sondern werfen eine Schmerztablette ein.
  • Der Tod als Zeichen unserer Vergänglichkeit und damit des größten anzunehmenden Schmerzes findet kaum noch in den eigenen vier Wänden statt, sondern in Heimen und Krankenhäusern.
  • Passt jungen Menschen der Job nicht mehr, wechseln sie.
  • Und Unternehmen haben Angst davor, zu viel von Bewerber*innen zu verlangen (Stichwort Personalmangel), weil sich diese dann für ein anderes Unternehmen entscheiden.

Dabei fällt mir die Diskussion um eine Cancel-Culture ein, in der viele Menschen meinen, nicht mehr alles sagen zu dürfen. Vielleicht ist es ganz anders. Vielleicht können wir nach wie vor alles sagen, bekommen jedoch

  1. mehr Gegenwind über digitale Plattformen,
  2. trauen sich mehr Menschen, dagegen zu halten, und
  3. haben wir vor Kritik mehr Angst als früher, weil wir Gegenwind nicht mehr gewohnt sind.

All das ist gelinde gesagt schade. Denn Weiterentwicklung findet nicht nur statt, wenn wir positiv miteinander kommunizieren. Im Gegenteil: Eine zu positive Kommunikation ist falsch verstandene Liebe. Ist mir jemand wirklich wichtig, fordere ich ihn heraus. Ich gebe ihm oder ihr ein kritisches Feedback, an dem er oder sie sich weiterentwickeln kann.

Ich persönlich bin dahin gelangt, wo ich heute stehe, weil ich in meinem Leben sehr viel Respekt hatte und immer noch habe. Respekt ist sozusagen der freundliche Bruder der Angst. Aus Respekt bereite ich mich auf jeden Auftrag genau vor, weil Ärzt*innen anders ticken als Amtsleitungen einer Stadtverwaltung. Es gibt in meinem Beruf kein “One Size Fits All”. Sollte wieder Erwarten etwas schief gehen, ist das schmerzhaft. Es wäre jedoch dumm, aus einem Scheitern nichts zu lernen.

Weiterentwicklung braucht daher nicht nur ein positives Umfeld, in dem wir angstfrei diskutieren können, sondern auch genügend Reibung und einen gesunden Respekt voreinander, sowie den Respekt vor der Wichtigkeit von Aufgaben und Projekten.

Respekt wird mittlerweile mehr als Respekt für etwas (externer Link) dargestellt: Respekt für die Rechte anderer im Sinne von Zusammenhalt und Solidarität. Der Respekt vor etwas beinhaltet jedoch auch eine Angst-Komponente: Ich habe Respekt vor meinem/r Chef*in oder einer schwierigen Aufgabe. Wer als Surfer*in keinen Respekt vor hohen Wellen hat, sollte es besser bleiben lassen. Diese Art des Respekts geriet in den letzten Jahren ein wenig in Vergessenheit.

Wer jedoch keinen Respekt vor einem möglichen Scheitern hat, strengt sich nicht an. Deshalb braucht es auch klare Leitlinien in Organisationen und Führung, als Orientierung um Erwartungen zu verdeutlichen. Nur wenn definiert wird, was eine gute Arbeit und eine gute Zusammenarbeit bedeuten, kann diese auch angestrebt und gemessen werden. Eine gute Orientierung dafür bietet ein Wertekompass, den ich hier detailliert beschreibe.

Power to the people

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Konfliktmoderations-Workshop

Konflikte in einer Gruppe tauchen meistens auf, wenn unterschiedliche Meinungen über das Erreichen eines Ziels nicht nur logischer Natur sind, sondern auch zu emotionalen Verwerfungen führen. Den Gruppenmitgliedern fällt es dann schwer, die Sichtweisen anderer nachzuvollziehen. Oft fühlen sie sich auch persönlich angegriffen oder sehen die Erfüllung ihrer Bedürfnisse bedroht. Damit Gruppenkonflikte nicht eskalieren und stattdessen die Schwarmintelligenz einer Gruppe optimal genutzt wird, ist es wichtig, unterschiedliche Ziele, Bedürfnisse und potentielle emotionale Trigger zu klären. Dies geschieht am besten im Rahmen einer Konfliktmoderation, um den Konflikt prozessorientiert zu lösen. Dieser Workshop vermittelt Ihnen die wichtigsten Elemente und Methoden einer klar strukturierten Konfliktmoderation jenseits klassischer Kartenabfragen. Er eignet sich insbesondere für Projektleitungen, agile Teams, Wohngruppen, Vereine oder politische Gruppen.

Seminarinhalte

  • Mit welchen Einstellungen und Haltungen biete ich als Moderator*in einer Gruppe Sicherheit und Struktur?
  • Wie lenke ich als Moderation mit Fragetechniken, ohne zu direktiv zu sein?
  • Welches Moderationshandwerkszeug setze ich gezielt ein, um die Hintergründe in einem Gruppenkonflikt herauszuarbeiten und den Konflikt strukturiert zu lösen?
  • Welche Methoden kann ich nutzen, um von einem Konflikt wieder in ein effektiv-kreatives Arbeiten zu kommen?

Praxisbezug des Seminars

Die Moderationsmethoden werden in dem Seminar nicht nur vorgestellt, sondern an typischen Teamthemen (gegenseitige Unterstützung, Umgang mit Belastungen, ungleiche Aufgabenverteilung, unterschiedliche Arbeitsauffassung, usw.) direkt angewandt.

Dauer

Das Seminar dauert je nach Bedarf 1-2 Tage bei einer Gruppengröße von maximal 12 Personen.

Ihr Seminarleiter

Michael Hübler ist seit 2006 selbständig tätig als Führungstrainer, Mediator, Coach, Moderator und Buchautor. Neben reinen Train-the-Trainer-Seminaren zum Thema Moderation fließen Moderationstechniken in beinahe alle seiner Trainings ein. Neben der Vermittlung klassischer Moderationsansätze für Meetings und Kreativität begleitet er ebenso Veränderungsprozesse in Teams und moderiert Konflikte in großen und kleinen Gruppen.

Alles mit Liebe machen

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Neulich stieß ich auf das Motto, dass wir alles, was wir tun, mit Liebe machen sollten. Bei einem solchen Motto regt sich recht schnell ein innerer Widerstand:

  • Ist so etwas überhaupt möglich?
  • Machen wir nicht täglich Dinge, für die der Begriffe Liebe nicht passt?
  • Und gerade für Führungskräfte: Haben wir nicht regelmäßig mit Menschen zu tun, die so eine Herangehensweise als Schwäche auslegen könnten?

Basteln wir uns der Einfachheit halber eine Matrix in den Dimensionen „Tun“ und „Zielerreichung“ mit vier Feldern, um diesem Thema auf den Grund zu gehen:

Natürlich können wir unser Handeln auch entkoppelt von einem Handlungserfolg betrachten. Nicht alles im Leben muss einen direkten Nutzen haben. Spätestens im Feld der Arbeit ist es jedoch unabdingbar, in Zielen zu denken, insbesondere um das eigene Handeln zu rechtfertigen.

Schauen wir uns aufbauend auf diesen Grundgedanken das 4-Felder-Schema an, wird deutlich, dass wir beim Einsatz von Liebe nie verlieren können. Entweder wir erreichen damit unsere Ziele oder wir haben zumindest ein gutes Gefühl, bei dem, was wir tun.

Mit Zwang lassen sich freilich ebenso Ziele erreichen, sei es, weil ich mich selbst zu etwas zwinge, das ich nicht mag oder weil ich andere zwinge. Und sicherlich gibt es Situationen, in denen es nicht anders geht. Nichtsdestotrotz erscheint mir die Liebesseite eindeutig zu obsiegen.

Was es nun genau bedeutet, etwas mit Liebe zu machen, ist vielfältig:

  • Ich kann mit Liebe kochen und essen.
  • Ich kann beim Spazieren gehen die Welt um mich herum bewusst wahrnehmen, anstatt nur von A nach B zu gehen.
  • Ich kann auf dem Nachhauseweg mit der U-Bahn die Menschen zu klassischer Musik beobachten und mir dabei vorstellen, was für ein Leben meine Mitreisenden führen.
  • Ich kann mir wie der Straßenfeger bei Momo selbst in vermeintlich langweiligen Routinearbeiten den Sinn meiner Arbeit verdeutlichen, indem ich realisiere, wem ich mit meiner Arbeit das Leben erleichtere oder sogar verbessere.
  • Ich kann in einem Meeting fokussiert bleiben, um auch schwierige Themen schnell und zügig abzuhandeln.
  • Ich kann in Gesprächen – auch in Konflikten – ein echtes Interesse an meinem Gegenüber zeigen.

Und was haben Sie in den letzten Tagen mit Liebe gemacht?