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Wenn Optimismus nicht mehr ausreicht, braucht es Utopien, um mit Belastungen umzugehen

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Während sich der Optimismus auf Zahlen und Fakten beruft und gut gelaunt in die Zukunft blickt, indem er sich anschaut, welchen Einfluss er geltend machen kann, bleibt die Hoffnung oft vage, vorsichtig, kann sogar sorgenvoll sein, weil ihr die Referenzwerte fehlen und sie meist vom Schicksal oder Zufall abhängt.

Sage ich bspw. am Roulette-Tisch „Ich bin optimistisch, dass ich dieses mal gewinne“, ziehe ich diesen Optimismus daraus, dass ich heute meine Glückshosen anhabe oder bereits den ganzen Tag über Glück hatte. Sage ich jedoch „Ich hoffe, dass ich heute gewinne“, schwingt die Angst mit, auf eine dramatische Art zu verlieren, weil es das Schicksal nicht gut mit mir meint. Vielleicht kann meine Miete bald nicht mehr zahlen oder habe mir sogar Geld von der Mafia geliehen.

Unser Optimismus bezieht sich in der Regel auf positive Erfahrungen, die unserer Hoffnung fehlen: „Ich hoffe, dass wir bald wieder jemand Neuen im Team haben, weiß es jedoch nicht. Ich weiß allerdings aus Erfahrung, dass wir als Team immer dann Durststrecken meisterten, wenn wir gut zusammen arbeiteten.“

Diese Unsicherheit macht den Umgang mit Hoffnung grundsätzlich schwieriger als mit Optimismus. Deshalb bezieht sich die Hoffnung oft auf ein Leben nach dem Tod oder vermeintlich mächtige Menschen als sogenannte Hoffnungsträger. Sowohl auf Kamala Harris als auch Donald Trump ruhen derzeit die Hoffnungen vieler Menschen in den USA nach einem besseren Leben. Dabei wird die Macht einzelner meist überschätzt und die Macht der Systeme (Netzwerke, internationale Verträge, Banken, Lobbyismus, usw.) unterschätzt. Damit zeigt sich jedoch, wie sehr Menschen Hoffnung brauchen, wenn sie sich in einer Situation befinden, die sie nicht einschätzen können. Krieg, ein Grubenunglück, eine schwere Krankheit, wirtschaftliche Krisen oder auch der aktuelle Zustand der Unterbesetzung und damit Dauerbelastung in vielen Teams sind solche Situationen. Werden wir mit einer unerwarteten und unberechenbaren Situation konfrontiert, greift unser wohlgepflegter Optimismus nicht mehr. Der Roulette-Spieler kann seine Chancen auf einen Gewinn errechnen, was seinem Optimismus Futter gibt. Dies war bei unterbesetzten Teams früher auch der Fall. Ist der Arbeitsmarkt jedoch leer gefegt, bleibt nur noch die Hoffnung auf eine positive Wendung in der nahen Zukunft. Hierauf haben wir zwar wenig Einfluss, können aber dennoch etwas dafür tun, indem wir als Team gut zusammenarbeiten und damit das Erreichen der Hoffnung wahrscheinlicher machen. Dennoch bleibt die Ambivalenz zwischen einer positiven Aussicht in der Zukunft und der Befürchtung, dass sich der Traum davon nicht erfüllen wird.

Während der Optimismus streng genommen lediglich einen positiven Blick auf die Zukunft wirft, indem er positive Fakten über- und negative unterbewertet, erfordert die Hoffnung einen utopischen Blick nach vorne. Was zuerst als Manko erscheint, könnte jedoch eine Chance sein, wenn die Unbestimmtheit der Zukunft als Freiheit verstanden wird, sich im Geiste eine bessere Welt frei von allen Erfahrungen vorzustellen. Dies wiederum scheinen wir verloren zu haben. Der Optimismus ist schnell bei der Hand, wenn es heißt: Immer positiv denken. Der Optimismus arbeitet jedoch mit dem Vorhandenen und kreiert nichts Neues. Erst die Hoffnung auf eine bessere Zukunft könnte wahrlich utopistisch etwas Neues erdenken, wenn wir uns davon frei machen, der Naivität bezichtigt zu werden. Denn das schwingt heutzutage meistens mit, wenn von Hoffnungen die Rede ist. „Spinn’ nicht herum“, heißt es bereits bei kleinen Kindern. Politiker*innen sollten Realpolitik machen. Und der Rest der Welt sollte sich an den vorhandenen Bedingungen orientieren und keine Luftschlösser bauen: „Es gibt nun mal keine Ressourcen! Woher nehmen, wenn nicht stehlen?“

Dabei wusste bereits Kant, dass wir in zwei Welten leben, einer realen und einer ideellen. Ernst Bloch meinte daher, dass Hoffnungen immer auch ein Stück Realitätsverweigerung sind, um eine noch nicht vorhandene Welt zu erschaffen. Utopien bestehen laut Bloch aus einem „In-Möglichkeit-Seienden“, was im Kern bereits angelegt ist. Es geht ergo nicht darum, sich vollkommen unrealistische Hoffnungen zu machen. Diese würden nur enttäuscht werden. Stattdessen sollten wir darauf achten, was wir bereits jetzt tun können, damit utopische Ideen Wirklichkeit werden können.

Um Hoffnung zu haben und schwierige Situationen durchzuhalten, braucht es u.a. folgende Tugenden:

  • Offenheit für ungewöhnliche Lösungen
  • Bereitschaft, sich mit anderen auszutauschen
  • Energie, Ausdauer und Beharrlichkeit
  • Die Demut und Bescheidenheit, mit kleinen Lösungen zufrieden zu sein
  • Achtsamkeit im Umgang mit sich selbst
  • Selbstbeherrschung und Geduld
  • Dankbarkeit trotz allem
  • Humor oder sogar Galgenhumor
  • Spiritualität, Religiösität

Andererseits führen zu konkrete Hoffnungen ebenfalls zu Enttäuschungen. Hoffen wir nach einer Krankheit auf eine schnelle Genesung oder darauf, wieder vollkommen hergestellt zu sein, wird dies vermutlich scheitern. Hoffen wir jedoch darauf, eines Tages wieder ein gutes Leben führen zu können – auch mit der Krankheit – bleibt dies vage genug, um nicht enttäuscht zu werden und ist dennoch motivierend genug, um die Verzweiflung hinter sich zu lassen.

Haben wir bspw. die Hoffnung einer autofreien Stadt in der Zukunft, könnte das eines Tages durch Postboten-Drohnen oder fliegende Autos durchaus Wirklichkeit werden. Dazu braucht es jedoch eine Menge Forschung und eine gute Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Forschungsgebieten (Technik, IT, Jura, Sozialwissenschaften, etc.). Gleichzeitig bleibt unklar, wie genau die autofreie Stadt der Zukunft aussehen wird. Ähnlich ergeht es Teams in Unternehmen. Einem unterbesetzten Team wird es kaum ausreichen, die Hoffnung zu haben, dass es eines Tages wieder besser wird. Das Team braucht eine tragfähige und motivierende Vision, die neben einer guten, menschlichen Zusammenarbeit vermutlich die Dunkelverarbeitung durch K.I., eine andere Aufgabenunterteilung und weniger Bürokratie mit einschließt. Wie genau die Utopie in der Zukunft aussehen und wann genau sie kommen wird bleibt unklar. Sonst wäre es keine Utopie. Ohne Utopien sind Dauerbelastungen jedoch kaum auszuhalten. Stattdessen werden über kurz oder lang die Besten gehen, die Schwächsten krank werden und der Laden alsbald zusammen brechen.

Literatur: Kraft und Walker: Positive Psychologie der Hoffnung. Springer, 2018

10 Erkenntnisse über Verbundenheit

  1. Solidarität gleicht Handicaps aus: Vor 20 Millionen Jahren hatten Schimpansen, Bonobos und Gorillas gegenüber ihren Vorfahren einen großen Nachteil: Ihnen fehlten scharfe Eckzähne und Klauen als körperliche Werkzeuge zur Verteidigung gegenüber Feinden. Dieses Handicap machte den sozialen Zusammenhalt untereinander notwendig.
  2. Altruismus ist natürlicher als Egoismus: Anderen zu helfen ist natürlicher als uns gegen andere durchzusetzen. Dies zeigt sich alleine schon an diversen Studien mit Kleinkindern, die nicht lange nachdenken, ob sie einem hilfsbedürftigen Forscher helfen wollen oder nicht. Wer anderen nicht hilft, ist dazu aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage. Entweder er fühlt sich zu schwach. Oder er lebt in einem sehr individualistischen System, in dem Helfen als nicht sinnvoll erachtet wird, weil die Menschen sich selbst aus ihrem Elend befreien sollten. Oder aber er wurde traumatisiert. Ein Beispiel dafür sind Migranten, die besonders laut gegen nachziehende Migranten wettern. Sie haben es geschafft, wissen jedoch, wie schwer es war. Beobachten sie nun Neuankömmlinge fällt es ihnen schwer, sich in deren Lage zu versetzen, ohne retraumatisiert zu werden.
  3. Verbundenheit entsteht durch Ziele: Menschen in einem Bus sind idR. nicht miteinander verbunden. Erst durch einen Ausflug oder einen Unfall entsteht Verbundenheit durch ein gemeinsames Ziel und gegenseitige Abhängigkeiten.
  4. Disstress + Definition einer guten versus schlechten Gruppe = Tribalismus: Stress führt nicht automatisch zu Egoismus. Meist führt Stress dazu, sich gegenseitig zu helfen. Erst die Unterscheidung zwischen guten und schlechten Subgruppen fördert Spaltungen und selektiven Altruismus. Umso wichtiger sind in Organisationen mit mehreren Subgruppen Organisationsziele, die auch die Subgruppen miteinander verbinden.
  5. Dauerhafte Verbindungen lassen Gehirnzellen wachsen: Bei Paaren fördert Monogamie die Entwicklung des Gehirns, sofern sie sich im Rahmen ihrer gegenseitigen Abhängigkeit stetigen Anpassungsprozessen aussetzen. Sie achten dann darauf, wie es ihrem Gegenüber geht, passen sich an und lernen voneinander. Bei Polygamie entwickelt sich das Gehirn (meistens) weniger stark, weil bei Schwierigkeiten Partner*innen schneller gewechselt werden. Dadurch finden weniger Anpassungsprozesse und ein gegenseitiges Lernen statt. Stattdessen orientiert sich der Mensch stärker an seinen eigenen, bereits vorhandenen Eigenschaften, Vorlieben und Kommunikationsmustern.
  6. Kleine Gruppen ermöglichen individuellere Verbindungen: In kleinen Gruppen werden Menschen stärker als Individuen wahrgenommen. Je größer die Gruppe ist, desto wichtiger werden Abgrenzungen durch Geschlecht, Meinungen, Eigenschaften, Fähigkeiten oder Auftreten.
  7. Stufen der Empathie: Es gibt drei Stufen der Empathie: Mitgefühl, Besorgnis und Perspektivenübernahme.
  8. Wer zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, ist unempathisch: Wir helfen anderen Menschen, wenn wir deren Emotionen in einer belastenden Situation nachempfinden können (Mitgefühl). Stellen wir uns jedoch vor, wie es uns selbst in dieser Situation ginge, hindert uns das an einer Hilfe. Wir sind dann zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Der Satz „Wie würde es dir gehen, wenn du an meiner Stelle wärst?“ könnte daher kontraproduktiv sein. Sinnvoller wäre: “Kannst du dir vorstellen, was ich dabei empfinde?” (Mitgefühl) oder “Versuch bitte die Situation mit meinen Augen zu sehen.” (Perspektivenübernahme)
  9. Synchronisierte Gehirne: Arbeiten Menschen an etwas Gemeinsamem, synchronisieren sich ihre Gehirne. Das gleiche gilt für gemeinsames Meditieren. Oder wenn sie als Paar bezeichnet werden, selbst wenn sie noch kein Paar sind.
  10. Verbindungen fördern mit Gesprächsstoff: Neben den üblichen Möglichkeiten Verbindungen zu fördern (Austausch, gemeinsame Aktivitäten), gibt es in Organisationen die Variante, für Gesprächsstoff zu sorgen, indem jemandem im Team heimlich ein Geschenk gemacht wird, einmal im Monat für das gesamte Team von einem unbekannten, guten Geist Brezeln hingestellt werden, jemand eine Dankbarkeitskarte ohne Absender bekommt oder derselbe Geist am Kaffeeautomaten für die nächste Person bezahlt und eine Karte hinterlässt, auf der steht: „Ihr Getränk wurde bereits bezahlt. Es wäre schön, wenn Sie für die nächste Person bezahlen würden, um diese Nettikette nicht abreißen zu lassen. Danke“

Damit ließe sich Verbundenheit auf folgende Formel reduzieren:
Verbundenheit = Gemeinsames (positives oder negatives) Ziel + Abhängigkeiten (Kompetenzen, Erfahrungen, Wissen, Rollen, Verantwortungsteilung, Tugenden) + Raum und Zeit für Austausch – Persönliche Traumatisierungen

Literatur: Lynne McTaggart: The Bond – Über die Wissenschaft der Verbundenheit (2017)

Das Leben als Tragödie oder Komödie – eine Frage des Mindsets

Wer eine allzu idealistische Sichtweise im Leben verfolgt, ist oft nahe dran an einer Tragödie: „Alles könnte wunderbar sein, wenn es nur nicht so schlimm wäre. Ich könnte eine perfekte Arbeit leisten, wenn mein Team vollständig wäre. Ich könnte besser führen, wenn meine Mitarbeiter*innen motivierter wären. Ich würde mit dem Projekt rechtzeitig fertig werden, wenn ich genügend Ressourcen hätte.“

Einem Ideal zu folgen ist ehrenhaft und löblich, doch leider oft wahnsinnig frustrierend, weil es in der Wirklichkeit immer anders läuft als in der Theorie. Sich an Idealen zu orientieren ist sinnvoll, um die Welt zu verändern. Daran festzuhalten endet jedoch häufig tragisch. Es macht die Menschen uneinsichtig, wütend und bisweilen sogar handlungsunfähig: „Wenn ich meine Ideale nicht erreiche, mache ich lieber gar nichts. Dann kann mir wenigstens niemand vorwerfen, ich hätte mich verkauft.“ Wenn das keine Tragödie ist?

Tatsächlich wirken Idealisten oft verbissen. Sich mit weniger als dem eigenen Ideal zufrieden zu geben, fällt manchen Menschen offensichtlich schwer. In meinen Führungstrainings kommen ab und an Fälle zur Sprache, in denen Mitarbeiter*innen entweder befördert werden oder – je nach Option – kündigen oder nur noch Dienst nach Vorschrift machen. Dass diese Menschen Idealisten sind, scheint auf den ersten Blick nicht offensichtlich. Das Unvermögen, sich mit Realitäten zu arrangieren ist jedoch klassisch für extreme Idealist*innen.

Komödiant*innen arbeiten mit Umständen, die so sind, wie sie sind: Wenn du auf einer Bananenschale ausrutscht, mach’ wenigstens eine gute Figur. Zum Lachen ist es so oder so. Siegen müssen wir wohl kaum lernen. Besser wäre es zu lernen, wie wir mit Humor und Würde wieder aufstehen. Wenn also ein Kollege kündigt, eine Kollegin schwanger wird, eine Krankheitswelle um sich greift oder ein Kunde abspringt, könnten wir dies als Tragödie betrachten oder als Komödie, indem wir unsere idealistischen Ziele über Bord werfen und auf Improvisation umschalten. Komödiant*innen lachen, wenn es bereits nichts mehr zu lachen gibt.

Tragödien werden durch die Hegelsche Maxime der Bestimmung des Seins durch das Bewusstsein bestimmt: Wenn Sie als Führungskraft nur intensiv genug daran arbeiten, ein System zu verändern, wird langfristig alles gut. Dass es jedoch in jedem System eine Menge Gegenspieler*innen gibt, die anderer Meinung sind, macht die Sache kompliziert.

Komödien werden durch die Marxsche Maxime der Bestimmung des Bewusstseins durch das Sein bestimmt: Systeme lassen sich nur mühsam verändern. Machen wir das Beste daraus. Das bedeutet nicht – Marx würde sich ansonsten im Grab umdrehen – nicht zu kämpfen. Auf der Basis der Realisierung eines Systems kann immer noch verhandelt werden. Allerdings Schritt für Schritt.

In der Realität brauchen Sie freilich ein wenig von beidem:

  • Idealistische Ziele helfen dabei, die Welt zu verbessern. Wir sollten es jedoch nicht übertreiben, weil ansonsten die Gefahr besteht, die Gegenseite zu einem trotzigen, noch opponenterem Verhalten zu animieren. Ideale sind Orientierungen, die in der Realität vermutlich niemals zu 100% umsetzbar sind. Wäre das der Fall, hieße das Ergebnis Diktatur.
  • Materialistische Vorgehensweisen helfen Ihnen dabei, das Beste aus einer schwer veränderbaren Welt zu machen, um nicht verrückt zu werden. Systemische Bedingungen, insbesondere andere Meinungen werden als gegeben akzeptiert, um gemeinsam iterativ in Verhandlungsprozesse zu gehen.

Verkürzt lässt sich also festhalten:

  • Idealist*innen nehmen sich selbst ernst. Tragische Idealisten nehmen sich zu ernst.
  • Materialist*innen nehmen die Welt ernst. Komödiantische Materialist*innen lassen sich dennoch ein Lachen darüber nicht nehmen.

Dabei könnte es durchaus passieren, dass Systeme tatsächlich verändert werden, wenn wir sie nicht allzu ernst nehmen. Kein Wunder, dass Diktatoren vor Humoristen am meisten Angst haben.

Wie also blicken Sie auf die Welt? Eher als Tragödie oder als Komödie? Wie ernst müssen Sie sein, um ernst genommen zu werden? Und wie viel Humor verträgt das System, in dem Sie arbeiten?

Siehe auch: Auswirkungen von Idealismus versus Materialismus auf Seminare

Quellen:

https://www.derstandard.at/story/2000010210241/lachen-ist-opposition (externer Link)

Robert Pfaller: Wofür es sich zu leben lohnt. Fischer Verlag

Netzwerken in einer hybriden Welt, Teil 5 (von 5)

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Meine Empfehlungen zum Thema Netzwerken

1. Netzwerken muss Spaß machen

Wann macht Netzwerken am meisten Spaß? Wenn es keine offiziellen Netzwerktreffen sind. Ich vergesse regelmäßig, am Ende meiner Seminare darauf hinzuweisen, dass ich auch auf Linkedin unterwegs bin und regelmäßig Blog-Artikel schreibe. Das fühlt sich für mich als Anti-Vertriebler immer ein wenig schmierig an. Wenn ich jedoch selbst Seminare besuche – und sei es ein Kurs zum Thema Stimmbildung oder Schauspiel – unterhält man sich automatisch in der Mittagspause über dies und das. Und plötzlich macht netzwerken Spaß und fühlt sich ganz natürlich an.

2. Denken Sie langfristig

Manchmal braucht es Jahre, bis ein loser zu einem fruchtbaren Kontakt wird. Das funktioniert jedoch nicht mit Druck, sondern nur durch ein ehrliches Geben meinerseits und einem großen Vertrauen in die Zukunft. Aus manchen Kontakten wird freilich nie etwas, während sich andere zum Jackpot entwickeln. Vorher wissen kann das niemand.

3. Seien Sie ordentlich

Ich gebe zu, dass sich hier meine größte Netzwerkschwachstelle befindet. Als kreativer Chaot ist das jedoch nicht ungewöhnlich. Hätte ich von Anfang an sauber alle Kontakte gesammelt und kategorisiert, wüsste ich heute schneller, wen ich bei welcher Frage über welches Medium “anfunken” könnte. Also lasse ich mich von meinen Linked-in-Adressen inspirieren, wenn ich einen Auftrag zu vergeben habe oder einen Rat brauche. Das ist zwar mega-spontan, kann jedoch dazu führen, dass ich es ganz lasse, wenn ich gerade keine Zeit habe und daher suboptimal.

Daher mein Tipp: Beginnen Sie heute damit, Ordnung in Ihre Kontakte zu bringen, indem Sie sie in verschiedene Kategorien einteilen, um im Fall der Fälle schnell darauf zugreifen zu können.

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter aus dem eBook “Wie kompetent muss ich sein?” (externer Link) entnommen.

Netzwerken in einer hybriden Welt, Teil 4 (von 5)

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Empathie als zentrale Netzwerkkompetenz

Laut Wikipedia bezeichnet Empathie die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken und Motive einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Damit einher geht die Fähigkeit angemessen auf die Gefühle anderer Menschen einzugehen, beispielsweise nachzufragen, wie eine Situation gerade empfunden wird und ob eine Unterstützung erwünscht ist.

Warum machen uns Online-Meetings müder als Treffen in Präsenz? Ich kenne keine Studie dazu, vermute jedoch, dass es an der Schwierigkeit des Einfühlens liegt. Sehe ich mein Gegenüber nur verzögert auf einem kleinen Bildschirm, muss ich in meinem Gehirn ergänzen, ob es in den nächsten Sekunden etwas sagen möchte oder nicht. War da nicht ein Zucken? Oder doch nicht? Kein Wunder, dass online kaum ein flüssiges Gespräch in Gang kommt.

Bereits in einer direkten Kommunikation können wir uns zwar in andere Menschen über unsere Spiegelneuronen und die Deutung der Körpersprache im Normalfall gut einfühlen. Wir können jedoch das, was unser Gegenüber in Gänze ausmacht, seine sogenannte Qualia, kaum in Wort fassen. Dies gestaltet sich auf Distanz nochmals schwieriger.

In einer Welt, in der andere Menschen als Konkurrenten gesehen werden, Schwächen verpönt sind und Emotionen allenfalls oberflächlich gezeigt werden, steht es ohnehin schlecht um unsere Empathie. Einfühlungsvermögen benötigt nicht nur Offenheit, sondern auch Zeit.

Da unser Gehirn jedoch nicht wahrnehmen kann ohne zu bewerten und Unsicherheiten kaum aushält, sind wir beständig am ergänzen, was in unserem Gegenüber gerade vor sich geht. Was für die Kommunikation in Online-Meetings gilt, gilt für eine Kommunikation auf Distanz und damit auch in Netzwerken noch verstärkt. Bekommen wir lange Zeit keine Rückmeldung auf eine Anfrage, muss ich die Situation und damit meine Gesprächspartner*innen irgendwie einordnen. Und dies erfolgt nicht unbedingt optimistisch und wohlwollend:

  • Mein*e Netzwerkpartner*in interessiert sich nicht für mich oder ist ein*e Idiot*in und selbst schuld, wenn er oder sie sich nicht meldet.
  • Oder: Ich bin vermutlich nicht wichtig genug.

Stattdessen wäre es sinnvoller, nachzufragen, was wirklich in Kolleg*innen oder Netzwerkkontakten vorgeht, wenn keine Rückmeldung erfolgt. Meist steht dahinter keine böse Absicht, sondern Zeitdruck. Zuerst hat mein Gegenüber noch keine Antwort. Dann kommt etwas dazwischen. Und dann ist es vielleicht nicht mehr aktuell. Das alles sollen keine Ausreden sein, warum sich jemand nicht meldet, sondern lediglich Erklärungen, die logisch nachvollziehbar sind.

Ein zentraler Aspekt der Empathie ist daher die Unterscheidung zwischen Verstehen und Verständnis. Wenn ich mein Gegenüber verstehe, kann ich einen Perspektivwechsel vornehmen und mich damit in sein Denken und Fühlen, seine Ziele und die Logik seiner Handlungen hinein versetzen. Ein Verständnis für seine Handlungen muss ich nicht haben. Das Verstehen einer Person basiert auf einer individuellen Einfühlung. Das Verständnis verbindet dieses mit einer persönlichen Bewertung. Ich verstehe, dass du dich nicht meldest, finde es aber dennoch blöd. Deshalb ist die gängige Diffamierung des Putin-Verstehers unlogisch. Ein Reporter muss Putin verstehen, um über ihn zu berichten. Verständnis für das Agieren des russischen Präsidenten muss er nicht haben.

Um überhaupt zu einem Verstehen zu kommen braucht es als erstes die Achtsamkeit, unsere Wahrnehmung von schnellen Bewertungen zu trennen. Dass ich keine Rückmeldung bekomme kann viele Gründe haben. Erst im zweiten Schritt geht es darum, sich empathisch-wertschätzend zu begegnen, um gerade über die digitale Ferne die Bindung zu erhalten oder aufzubauen. Dazu kann ich mich zum einen in mein Gegenüber hineinversetzen und darüber nachdenken, was er oder sie gerade braucht. Wenn ich beispielsweise zu einem Termin noch nicht zusagen kann, schicke ich zumindest eine Rückmeldung über den Prozess meiner Entscheidungsfindung: Ich muss zuerst dies und das mit Person X abklären und melde mich dann wieder in so und so viel Tagen.

Zum anderen kann ich empathisch nachfragen, wenn ich auf eine Antwort warte. Fragen wirken enorm wertschätzend. Gleichzeitig erfahren Sie bestenfalls, warum jemand sich nicht meldet. Mögliche Fragetechniken lauten:

  • Hypothesenfragen: „Ich vermute, dass bei dir gerade ganz andere Sachen dringender sind. Ist das so?“
  • LösungsorientierteFragen: „Wie wollen wir uns in Zukunft absprechen?“, „Wie könnte es besser funktionieren?“ oder: „Ist es passend für uns zu mailen oder brauchen wir ein anderes Kommunikationsmedium?“
  • Genauern: „Was genau ist bei dir gerade los?“ oder „Was genau meinst du mit: Es ist gerade schwierig?“

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter aus dem eBook “Wie kompetent muss ich sein?” (externer Link) entnommen.