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Netzwerken in einer hybriden Welt, Teil 5 (von 5)

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Meine Empfehlungen zum Thema Netzwerken

1. Netzwerken muss Spaß machen

Wann macht Netzwerken am meisten Spaß? Wenn es keine offiziellen Netzwerktreffen sind. Ich vergesse regelmäßig, am Ende meiner Seminare darauf hinzuweisen, dass ich auch auf Linkedin unterwegs bin und regelmäßig Blog-Artikel schreibe. Das fühlt sich für mich als Anti-Vertriebler immer ein wenig schmierig an. Wenn ich jedoch selbst Seminare besuche – und sei es ein Kurs zum Thema Stimmbildung oder Schauspiel – unterhält man sich automatisch in der Mittagspause über dies und das. Und plötzlich macht netzwerken Spaß und fühlt sich ganz natürlich an.

2. Denken Sie langfristig

Manchmal braucht es Jahre, bis ein loser zu einem fruchtbaren Kontakt wird. Das funktioniert jedoch nicht mit Druck, sondern nur durch ein ehrliches Geben meinerseits und einem großen Vertrauen in die Zukunft. Aus manchen Kontakten wird freilich nie etwas, während sich andere zum Jackpot entwickeln. Vorher wissen kann das niemand.

3. Seien Sie ordentlich

Ich gebe zu, dass sich hier meine größte Netzwerkschwachstelle befindet. Als kreativer Chaot ist das jedoch nicht ungewöhnlich. Hätte ich von Anfang an sauber alle Kontakte gesammelt und kategorisiert, wüsste ich heute schneller, wen ich bei welcher Frage über welches Medium “anfunken” könnte. Also lasse ich mich von meinen Linked-in-Adressen inspirieren, wenn ich einen Auftrag zu vergeben habe oder einen Rat brauche. Das ist zwar mega-spontan, kann jedoch dazu führen, dass ich es ganz lasse, wenn ich gerade keine Zeit habe und daher suboptimal.

Daher mein Tipp: Beginnen Sie heute damit, Ordnung in Ihre Kontakte zu bringen, indem Sie sie in verschiedene Kategorien einteilen, um im Fall der Fälle schnell darauf zugreifen zu können.

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter aus dem eBook “Wie kompetent muss ich sein?” (externer Link) entnommen.

Netzwerken in einer hybriden Welt, Teil 4 (von 5)

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Empathie als zentrale Netzwerkkompetenz

Laut Wikipedia bezeichnet Empathie die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken und Motive einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Damit einher geht die Fähigkeit angemessen auf die Gefühle anderer Menschen einzugehen, beispielsweise nachzufragen, wie eine Situation gerade empfunden wird und ob eine Unterstützung erwünscht ist.

Warum machen uns Online-Meetings müder als Treffen in Präsenz? Ich kenne keine Studie dazu, vermute jedoch, dass es an der Schwierigkeit des Einfühlens liegt. Sehe ich mein Gegenüber nur verzögert auf einem kleinen Bildschirm, muss ich in meinem Gehirn ergänzen, ob es in den nächsten Sekunden etwas sagen möchte oder nicht. War da nicht ein Zucken? Oder doch nicht? Kein Wunder, dass online kaum ein flüssiges Gespräch in Gang kommt.

Bereits in einer direkten Kommunikation können wir uns zwar in andere Menschen über unsere Spiegelneuronen und die Deutung der Körpersprache im Normalfall gut einfühlen. Wir können jedoch das, was unser Gegenüber in Gänze ausmacht, seine sogenannte Qualia, kaum in Wort fassen. Dies gestaltet sich auf Distanz nochmals schwieriger.

In einer Welt, in der andere Menschen als Konkurrenten gesehen werden, Schwächen verpönt sind und Emotionen allenfalls oberflächlich gezeigt werden, steht es ohnehin schlecht um unsere Empathie. Einfühlungsvermögen benötigt nicht nur Offenheit, sondern auch Zeit.

Da unser Gehirn jedoch nicht wahrnehmen kann ohne zu bewerten und Unsicherheiten kaum aushält, sind wir beständig am ergänzen, was in unserem Gegenüber gerade vor sich geht. Was für die Kommunikation in Online-Meetings gilt, gilt für eine Kommunikation auf Distanz und damit auch in Netzwerken noch verstärkt. Bekommen wir lange Zeit keine Rückmeldung auf eine Anfrage, muss ich die Situation und damit meine Gesprächspartner*innen irgendwie einordnen. Und dies erfolgt nicht unbedingt optimistisch und wohlwollend:

  • Mein*e Netzwerkpartner*in interessiert sich nicht für mich oder ist ein*e Idiot*in und selbst schuld, wenn er oder sie sich nicht meldet.
  • Oder: Ich bin vermutlich nicht wichtig genug.

Stattdessen wäre es sinnvoller, nachzufragen, was wirklich in Kolleg*innen oder Netzwerkkontakten vorgeht, wenn keine Rückmeldung erfolgt. Meist steht dahinter keine böse Absicht, sondern Zeitdruck. Zuerst hat mein Gegenüber noch keine Antwort. Dann kommt etwas dazwischen. Und dann ist es vielleicht nicht mehr aktuell. Das alles sollen keine Ausreden sein, warum sich jemand nicht meldet, sondern lediglich Erklärungen, die logisch nachvollziehbar sind.

Ein zentraler Aspekt der Empathie ist daher die Unterscheidung zwischen Verstehen und Verständnis. Wenn ich mein Gegenüber verstehe, kann ich einen Perspektivwechsel vornehmen und mich damit in sein Denken und Fühlen, seine Ziele und die Logik seiner Handlungen hinein versetzen. Ein Verständnis für seine Handlungen muss ich nicht haben. Das Verstehen einer Person basiert auf einer individuellen Einfühlung. Das Verständnis verbindet dieses mit einer persönlichen Bewertung. Ich verstehe, dass du dich nicht meldest, finde es aber dennoch blöd. Deshalb ist die gängige Diffamierung des Putin-Verstehers unlogisch. Ein Reporter muss Putin verstehen, um über ihn zu berichten. Verständnis für das Agieren des russischen Präsidenten muss er nicht haben.

Um überhaupt zu einem Verstehen zu kommen braucht es als erstes die Achtsamkeit, unsere Wahrnehmung von schnellen Bewertungen zu trennen. Dass ich keine Rückmeldung bekomme kann viele Gründe haben. Erst im zweiten Schritt geht es darum, sich empathisch-wertschätzend zu begegnen, um gerade über die digitale Ferne die Bindung zu erhalten oder aufzubauen. Dazu kann ich mich zum einen in mein Gegenüber hineinversetzen und darüber nachdenken, was er oder sie gerade braucht. Wenn ich beispielsweise zu einem Termin noch nicht zusagen kann, schicke ich zumindest eine Rückmeldung über den Prozess meiner Entscheidungsfindung: Ich muss zuerst dies und das mit Person X abklären und melde mich dann wieder in so und so viel Tagen.

Zum anderen kann ich empathisch nachfragen, wenn ich auf eine Antwort warte. Fragen wirken enorm wertschätzend. Gleichzeitig erfahren Sie bestenfalls, warum jemand sich nicht meldet. Mögliche Fragetechniken lauten:

  • Hypothesenfragen: „Ich vermute, dass bei dir gerade ganz andere Sachen dringender sind. Ist das so?“
  • LösungsorientierteFragen: „Wie wollen wir uns in Zukunft absprechen?“, „Wie könnte es besser funktionieren?“ oder: „Ist es passend für uns zu mailen oder brauchen wir ein anderes Kommunikationsmedium?“
  • Genauern: „Was genau ist bei dir gerade los?“ oder „Was genau meinst du mit: Es ist gerade schwierig?“

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter aus dem eBook “Wie kompetent muss ich sein?” (externer Link) entnommen.

Netzwerken in einer hybriden Welt, Teil 2 (von 5)

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Auf die Größe kommt es an

Schon die Römer wussten: Hundert ist eine gute Anzahl an Personen, um noch angemessen geführt zu werden, daher der Name Centurio. Spannend auch, dass unser Begriff des Zentrums hier seinen Ursprung hat.

In meinen Großgruppenmoderationen habe ich es in der Regel mit etwa 50 Personen zu tun, die sich alle mehr oder weniger gut kennen. Diese Gruppengröße ist ideal für Veranstaltungen. Eine Gruppengröße von 100 würde auch funktionieren. Das Netzwerken in der Pause wird jedoch schwieriger. Die Teilnehmer*innen können sich dann nicht mehr mit jedem wenigstens kurz unterhalten und müssen daher eine Auswahl treffen.

In der virtuellen Welt haben viele Menschen 1000 Kontakte oder mehr. So viele Kontakte kann ich logischerweise nicht mehr persönlich kennen. Daher sollte man konsequenterweise seine Kontakte in nahe und periphere unterteilen. Es kann durchaus sinnvoll sein, viele Kontakte zu haben. Wenn ich einen Blog-Artikel teile, ist es eine Frage der Masse, ob sich daraus eine spannende Diskussion ergibt. Sobald es jedoch persönlicher wird, sind zu große Netzwerke hinderlich. Hier ist es nach wie vor sinnvoller, sein Umfeld gezielt zu kontaktieren, beispielsweise über einen Email-Verteiler.

Was das angeht ist meine Frau eine wahre Netzwerk-Meisterin. Anfang Dezember erfuhr ich, dass mein Bienen-Strategie-Buch aufgrund mangelnder Verkaufszahlen zu Klopapier verarbeitet wird. Also nahm ich noch 200 Stück ab, während meine Frau die Bienenbuch-Rettungsaktion – Abnahmepreis gleich Weitergabepreis – durch mehrere Email-Verteiler jagte. Wobei sie für jeden Verteiler einen leicht veränderten Text nutzte. Der größte Verteiler ist unser Kunst-mit-Hut-Verteiler. Wir veranstalten seit über 20 Jahren einmal im Jahr ein großes Fest in unserem Garten. Und jede Person mit einer Nein-sage-Schwäche, der wir begegnen, landet früher oder später in diesem „Spinnennetz“.

Innerhalb von zwei Wochen wechselten beinahe alle 200 Bücher den Besitzer. Damit hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht gerechnet. Das macht meinen Abschied von der Print-Version – die Ebook-Version gibt es nach wie vor – ein wenig leichter.

Bei den angemailten Personen handelte es sich nicht um Menschen, zu denen ich und meine Frau eine intensive Beziehung haben. Bei über 500 Personen wäre das auch nicht möglich. Dennoch gibt es bei allen Menschen in diesem Netzwerk irgendeine Verbindung zu uns. Mal handelte es sich um eine Person, mit der ich vor vielen Jahren in einem Improvisationskurs war, die ich seitdem jedoch nicht mehr gesehen habe. Mal handelte es sich – ehrlich gesagt – um, Menschen von denen wir gar nicht mehr wissen, woher wir sie kennen. Sie kennen jedoch uns, nicht zuletzt durch unser legendäres Gartenfest. Dass 200 Bücher innerhalb so kurzer Zeit gerettet werden konnten, hat folglich einen 20-jährigen Vorlauf. Das bedeutet für Sie: Fangen Sie heute damit an, in Ihr Netzwerk zu investieren, um dessen Früchte Jahrzehnte später ernten zu können.

Von Influencern, Engagierten und Informanten

Damit in einer größeren Organisation mehrere 50er oder 100er-Einheiten miteinander verbunden sind, gibt es idealerweise bestimmte Gruppenmitglieder mit einer Vermittlerfunktion. Oberflächlich betrachtet handelt es sich dabei um die Bereichs-, Abteilungs- und Teamleitungen. Unter der Oberfläche gibt es jedoch eine ganze Menge mehr Möglichkeiten, Teilnetzwerke miteinander zu verbinden:

  • Influencer*innen und das Macht-Prinzip: Frei nach dem Pareto-Prinzip verfügen 20% aller Gruppenmitglieder über 80% der Kontakte. Oft handelt es dabei um diejenigen, die auch in anderen Gruppen aktiv sind. Und über Informationen zu verfügen, die andere nicht haben, bedeutet Macht zu haben.
  • Engagierte und das soziale Prinzip: Jenseits dieses Prinzips gibt es Mitglieder in einer Gruppe, die zusätzlich Verbindungen zu anderen Gruppen haben, aufgrund privater Beziehungen, Gremientätigkeiten oder Projekten, und daher als Knotenpunkte agieren. Dabei kann es sich auch um Mitglieder einer Gruppe handeln, die eine bestimmte Tätigkeit außerhalb ihrer eigentlichen Gruppe ausüben. Wer sich beispielsweise im betrieblichen Gesundheitsmanagement oder als Betriebsrat engagiert, könnte in vielerlei Hinsicht Ansprechpartner*in im Unternehmen sein.
  • Informanten und das Wissens-Prinzip: Informanten sind Mitglieder, die Informationen von außen in die Gruppe hineintragen, entweder weil sie über bestimmte Informationen beispielsweise verfügen, beispielsweise aus einer Weiterbildung oder von einer Messe, oder weil bestimmte Informationen an sie herangetragen werden. Natürlich ergeben sich hier Überlappungen zu Influencer*innen. Der Grundgedanke hier ist jedoch nicht andere Gruppenmitglieder zu beeinflussen, sondern lediglich Wissen zu vermitteln.

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter Form aus dem eBook “Wie kompetent muss ich sein?” (externer Link) entnommen.

Faule Gen Z versus verantwortungslose Boomer

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Ich wurde dieses Jahr schon locker 3 mal gefragt, ob ich „Irgendwas zum Thema Generation Z“ mache. Warum ticken die so? Warum sind die so unmotiviert? Wollen die überhaupt noch arbeiten?

Ich kann die Führungskräfte ja verstehen. Auf der einen Seite der Personalmangel und auf der anderen Seite Bewerber*innen, die schon zum Vorstellungsgespräch in zerrissenen Pullovern auftauchen. Auch wenn meine jüngere Tochter meint, das wäre keine Respektlosigkeit, sondern Style, ist es wohl schwierig das Verhalten junger Menschen zu deuten, wenn man aus einer anderen Ära kommt.

Dennoch lehne ich jedesmal dankend ab. Weil ich weiß, wie das abläuft. Die Erwartungshaltungen sind in etwa so hoch wie die Bereitschaft das eigene Verhalten und die eigenen Strukturen kritisch zu hinterfragen. Weil die Generationenfrage oft noch mehr Öl ins Feuer gießt. Weil die Signalwirkung seltsam ist: „Wir sprechen in einem Seminar über eine ganze Geneneration“. Was wäre, wenn es auch ein Seminar für junge Mitarbeiter*innen gäbe mit dem Titel „Zum Umgang mit Boomer-Führungsräften“?

Zudem waren Generationen immer schon unterschiedlich. Hätten Führungskräfte früher einen Menschen mit kaputtem Pullover vor sich gehabt, wäre das Bewerbungsgespräch in den meisten Fällen sehr kurz ausgefallen. Heute jedoch haben wir Personalmangel. Früher gab es jedoch kein Tiktok. Ich bin mir sicher, dass es zu jeder Zeit Menschen gab, die beim Gedanken an einen Vollzeitjob mental kurz vor einem Burn-out standen. Die machten jedoch kein Video darüber.

Natürlich sieht die junge Generation die Welt anders als ältere Generationen. Sie wurde schließlich anders geprägt. Wäre es nicht seltsam, wenn all die Umweltkatastrophen, die Unbezahlbarkeit eines Hausbaus, Carsharing, Corona, usw. junge Menschen nicht prägen würde? Von der Digitalisierung ganz zu schweigen. Prägungen gab es jedoch schon immer. Daraus ein eigenes Seminar zu machen, halte ich für übertrieben. Wie wäre es stattdessen mit einer offenen Dialog-Runde? Miteinander statt übereinander reden.

Oder aber Unternehmen und Führungskräfte reflektieren über eine gute Führung, Mitsprachemöglichkeiten und flachere Strukturen. Denn das ist letztlich genau das, was junge Menschen wollen: Gefragt und ernst genommen werden. Aber auch das war schon immer so. Nur dass junge Menschen im Unterschied zu früher weniger laut waren.

Über Geheimnisse

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Geheim bedeutete für Martin Luther “zu unserem Heim gehörend”. Das Private sollte heimlich sein, während das Öffentliche den Menschen früher oft unheimlich vorkam.

Dass das Heimliche unheimlich werden sollte, haben wir der Aufklärung zu verdanken. Denn wenn etwas nicht mehr heimlich passiert, kann es auch nicht mehr verheimlicht werden (Vergewaltigungen in der Ehe bspw.).

Dass jedoch heutzutage alles ent-heimlicht wird, ist andererseits auch wieder unheimlich. Denn Geheimnisse miteinander zu teilen fördert im ursprünglichen Sinn das exklusive Vertrauen zwischen zwei Menschen, sofern es auf Gleichheit beruht. Vielleicht sind Trennung auch deshalb so schmerzhaft, weil die beiden Partner*innen viel exklusives Wissen voneinander haben. Sie haben sozusagen – im besten Fall – tief in die Seele der anderen Person geschaut.

Wird jedoch in digitalen Netzwerken allzu Privates geteilt, könnte dies zu falschen Erwartungen führen, wenn das gleiche Modell als Blaupause hergenommen wird: “Ich teile etwas von mir und erwarte das gleiche von dir”. Was “im Heim” funktioniert, funktioniert jedoch nicht in der Öffentlichkeit. Zum einen fehlt die Gleichheit. Zum anderen fehlt die Resonanz und damit das gegenseitige Vertrauen. Kein Wunder, dass unsere Diskussionskultur immer vulnerabler wird.