Unterbesetzte Teams, bürokratische Hürden, eine hohe Fluktuation und ein gerade in Deutschland hoher Krankenstand zwingen Führungskräfte dazu, immer wieder am Limit zu arbeiten. In einer solchen Krisenstimmung ist es wenig hilfreich auf Durchhalteparolen zu setzen, die kaum noch ernst genommen werden. Wie also sollten Sie als Führungskraft mit diesen Dauerbelastungen umgehen, um trotzdem zu führen? Neben einem realistischen Optimismus braucht es ebenso die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Die Hoffnung greift dann, wenn Sie Ihren Optimismus verlieren, weil die Datenlage zu unklar ist oder die Einflüsse von außen zu groß. Hoffnung beginnt dann, wenn Sie der negativen Realität ins Auge blicken und das Beste daraus machen. Sie wissen als Teamleitung zwar nicht, ob Sie bald wieder ein voll besetztes Team haben werden. Aber Sie können zumindest die Hoffnung nicht aufgeben und damit gerade in schwierigen Zeiten der Demotivation und Apathie entgegen wirken. Hoffnung alleine reicht jedoch nicht aus, um im Alltag stabil zu führen. Ergänzend braucht es die Fähigkeit, resilient zu sein, um Belastungen auszuhalten und einen agilen Pragmatismus an den Tag zu legen, um in einer Welt handlungsfähig zu sein, in der sich Ziele, Pläne und Ressourcen stetig verändern. Das alles funktioniert am nachhaltigsten im moderierten Austausch, um die Verbundenheit des Teams auch in mobilen Zeiten zu fördern.
Seminarinhalte:
Vorbereitung: Akzeptanz und Resilienz als Basis eineskrisenfesten Teams
Warum erst eine radikale Akzeptanz unveränderlicher Situationen handlungsfähig macht.
Wie Sie die Wir-Resilienz Ihres Teams erhöhen.
Zukunftsvision: Optimismus und Hoffnung als Führungsinstrumente in schwierigen Zeiten
Warum Ziele und Visionen unserem Handeln einen Sinn verleihen.
Wann Sie am besten Optimismus und wann Hoffnung einsetzen.
Wie sich eine positive Sicht auf die Zukunft auf die Motivation und Kreativität auswirkt.
Wie Sie am mit Zukunfts-Skepsis in Ihren Teams umgehen.
Trotzdem handeln: Improvisation und Pragmatismus
Warum wir in Krisenzeiten eine gute Mischung aus Idealismus und agilem Pragmatismus brauchen.
Wie Sie zu einem Improvisations-Profi werden.
Wie Sie den Zufall geschickt herausfordern und für sich nutzen.
Gemeinsam handeln: Verbundenheit im Team fördern
Was sich aus der Quantenphysik zum Thema Verbundenheit lernen lässt.
Wie Sie das gemeinsame Wachstum der Teammitglieder fördern, um für kommende Krisen gewappnet zu sein.
Wie Sie die gegenseitige Solidarität und Unterstützung im Team – auch bei mobilen Teams – fördern.
Anfragen bei Interesse (in Präsenz oder online, als Vortrag oder Seminar) unter info@huebler.de.
Olaf Scholz: „Ich möchte mich bei meinen Ampelpartnern entschuldigen. Ich hätte als größter Partner in der Koalition mehr Führung übernehmen sollen. Ich hätte die Konflikte, die wir hatten, mehr moderieren sollen. Vielleicht wäre es dann gar nicht zu diesem Bruch gekommen. Und bei den Bürgerinnen und Bürgern möchte ich mich ebenso – ich denke im Namen aller – entschuldigen. Es tut mir leid, dass diese Fortschrittskoalition, die – ihr erinnert euch – so motiviert gestartet ist, so schnell abstürzte. Im Rückblick weiß ich selbst nicht, wie das passieren konnte. Dass wir den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes in diesen turbulenten Zeiten keine sichere Regierung bieten konnten tut mir persönlich sehr leid. Ich muss leider demütig gestehen, dass dieses Land eine bessere Regierung verdient.“
Robert Habeck: „Auch mir tut es leid. Wir als Grüne hatten so viel vor. Vielleicht hatten wir sogar – in den Zeiten des Klimawandels und der damit verbundenen Energieversorgung – die größten Ziele. Und vielleicht sind wir deshalb – zumindest in den Augen vieler – am meisten gescheitert. Wir hatten noch so viel vor. Und wir dachten, wir könnten einiges davon gemeinsam mit der SPD und den Liberalen umsetzen. Denken wir nur für einen kurzen Moment zurück an das Selfie, das wir zu Beginn der Koalition mit Volker, Annalena und Christian machten. Wir hatten doch alle das Gefühl, das wir hier eine große Chance für Deutschland in den Händen halten. Und nun sind wir wie Ikarus nach nur 3 Jahren abgestürzt. Wollten wir alle zu viel und haben uns deshalb zu sehr in unseren Diskussionen verbissen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich am heutigen Tag auch persönlich traurig bin und hoffe, dass – wenn sich eine solche Chance wieder einmal ergibt – wir alle das irgendwie besser machen.“
Christian Lindner: „Was soll ich da noch sagen? Meine Vorredner sprechen mir aus der Seele. Ich gelte normalerweise als rhetorisch starker Redner. Doch lassen wir die Rhetorik einfach mal beiseite. Auch ich bin enttäuscht. Enttäuscht auch von der eigenen Partei. Selbst wenn ich nichts von den D-Day-Plänen wusste, ärgere ich mich maßlos darüber. So etwas darf nicht passieren und es tut mir leid. Von der SPD gab es mal die Losung: Erst das Land, dann die Partei. Diese Maxime sollte gerade in Krisenzeiten gelten. Warum es so weit kam? Auch ich weiß es nicht. Vielleicht bekamen wir Panik vor der 5%-Hürde und wollten einen klaren Schnitt. Aber selbst wenn, ist das nur eine Erklärung und keine Entschuldigung. Deshalb will auch ich meinen Teil der Schuld am Scheitern der Koalition eingestehen und kann ebenfalls wie Robert nur hoffen, es in Zukunft besser zu machen, nicht für uns, sondern für unser Land.“
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Neulich in einem Seminar der obersten Führungsriege einer Organisation meinte eine Führungskraft: „Die Entscheidungsträger, das sind doch wir. Wer wenn nicht wir könnte etwas verändern?“
Während sich der Optimismus auf Zahlen und Fakten beruft und gut gelaunt in die Zukunft blickt, indem er sich anschaut, welchen Einfluss er geltend machen kann, bleibt die Hoffnung oft vage, vorsichtig, kann sogar sorgenvoll sein, weil ihr die Referenzwerte fehlen und sie meist vom Schicksal oder Zufall abhängt.
Sage ich bspw. am Roulette-Tisch „Ich bin optimistisch, dass ich dieses mal gewinne“, ziehe ich diesen Optimismus daraus, dass ich heute meine Glückshosen anhabe oder bereits den ganzen Tag über Glück hatte. Sage ich jedoch „Ich hoffe, dass ich heute gewinne“, schwingt die Angst mit, auf eine dramatische Art zu verlieren, weil es das Schicksal nicht gut mit mir meint. Vielleicht kann meine Miete bald nicht mehr zahlen oder habe mir sogar Geld von der Mafia geliehen.
Unser Optimismus bezieht sich in der Regel auf positive Erfahrungen, die unserer Hoffnung fehlen: „Ich hoffe, dass wir bald wieder jemand Neuen im Team haben, weiß es jedoch nicht. Ich weiß allerdings aus Erfahrung, dass wir als Team immer dann Durststrecken meisterten, wenn wir gut zusammen arbeiteten.“
Diese Unsicherheit macht den Umgang mit Hoffnung grundsätzlich schwieriger als mit Optimismus. Deshalb bezieht sich die Hoffnung oft auf ein Leben nach dem Tod oder vermeintlich mächtige Menschen als sogenannte Hoffnungsträger. Sowohl auf Kamala Harris als auch Donald Trump ruhen derzeit die Hoffnungen vieler Menschen in den USA nach einem besseren Leben. Dabei wird die Macht einzelner meist überschätzt und die Macht der Systeme (Netzwerke, internationale Verträge, Banken, Lobbyismus, usw.) unterschätzt. Damit zeigt sich jedoch, wie sehr Menschen Hoffnung brauchen, wenn sie sich in einer Situation befinden, die sie nicht einschätzen können. Krieg, ein Grubenunglück, eine schwere Krankheit, wirtschaftliche Krisen oder auch der aktuelle Zustand der Unterbesetzung und damit Dauerbelastung in vielen Teams sind solche Situationen. Werden wir mit einer unerwarteten und unberechenbaren Situation konfrontiert, greift unser wohlgepflegter Optimismus nicht mehr. Der Roulette-Spieler kann seine Chancen auf einen Gewinn errechnen, was seinem Optimismus Futter gibt. Dies war bei unterbesetzten Teams früher auch der Fall. Ist der Arbeitsmarkt jedoch leer gefegt, bleibt nur noch die Hoffnung auf eine positive Wendung in der nahen Zukunft. Hierauf haben wir zwar wenig Einfluss, können aber dennoch etwas dafür tun, indem wir als Team gut zusammenarbeiten und damit das Erreichen der Hoffnung wahrscheinlicher machen. Dennoch bleibt die Ambivalenz zwischen einer positiven Aussicht in der Zukunft und der Befürchtung, dass sich der Traum davon nicht erfüllen wird.
Während der Optimismus streng genommen lediglich einen positiven Blick auf die Zukunft wirft, indem er positive Fakten über- und negative unterbewertet, erfordert die Hoffnung einen utopischen Blick nach vorne. Was zuerst als Manko erscheint, könnte jedoch eine Chance sein, wenn die Unbestimmtheit der Zukunft als Freiheit verstanden wird, sich im Geiste eine bessere Welt frei von allen Erfahrungen vorzustellen. Dies wiederum scheinen wir verloren zu haben. Der Optimismus ist schnell bei der Hand, wenn es heißt: Immer positiv denken. Der Optimismus arbeitet jedoch mit dem Vorhandenen und kreiert nichts Neues. Erst die Hoffnung auf eine bessere Zukunft könnte wahrlich utopistisch etwas Neues erdenken, wenn wir uns davon frei machen, der Naivität bezichtigt zu werden. Denn das schwingt heutzutage meistens mit, wenn von Hoffnungen die Rede ist. „Spinn’ nicht herum“, heißt es bereits bei kleinen Kindern. Politiker*innen sollten Realpolitik machen. Und der Rest der Welt sollte sich an den vorhandenen Bedingungen orientieren und keine Luftschlösser bauen: „Es gibt nun mal keine Ressourcen! Woher nehmen, wenn nicht stehlen?“
Dabei wusste bereits Kant, dass wir in zwei Welten leben, einer realen und einer ideellen. Ernst Bloch meinte daher, dass Hoffnungen immer auch ein Stück Realitätsverweigerung sind, um eine noch nicht vorhandene Welt zu erschaffen. Utopien bestehen laut Bloch aus einem „In-Möglichkeit-Seienden“, was im Kern bereits angelegt ist. Es geht ergo nicht darum, sich vollkommen unrealistische Hoffnungen zu machen. Diese würden nur enttäuscht werden. Stattdessen sollten wir darauf achten, was wir bereits jetzt tun können, damit utopische Ideen Wirklichkeit werden können.
Um Hoffnung zu haben und schwierige Situationen durchzuhalten, braucht es u.a. folgende Tugenden:
Offenheit für ungewöhnliche Lösungen
Bereitschaft, sich mit anderen auszutauschen
Energie, Ausdauer und Beharrlichkeit
Die Demut und Bescheidenheit, mit kleinen Lösungen zufrieden zu sein
Achtsamkeit im Umgang mit sich selbst
Selbstbeherrschung und Geduld
Dankbarkeit trotz allem
Humor oder sogar Galgenhumor
Spiritualität, Religiösität
Andererseits führen zu konkrete Hoffnungen ebenfalls zu Enttäuschungen. Hoffen wir nach einer Krankheit auf eine schnelle Genesung oder darauf, wieder vollkommen hergestellt zu sein, wird dies vermutlich scheitern. Hoffen wir jedoch darauf, eines Tages wieder ein gutes Leben führen zu können – auch mit der Krankheit – bleibt dies vage genug, um nicht enttäuscht zu werden und ist dennoch motivierend genug, um die Verzweiflung hinter sich zu lassen.
Haben wir bspw. die Hoffnung einer autofreien Stadt in der Zukunft, könnte das eines Tages durch Postboten-Drohnen oder fliegende Autos durchaus Wirklichkeit werden. Dazu braucht es jedoch eine Menge Forschung und eine gute Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Forschungsgebieten (Technik, IT, Jura, Sozialwissenschaften, etc.). Gleichzeitig bleibt unklar, wie genau die autofreie Stadt der Zukunft aussehen wird. Ähnlich ergeht es Teams in Unternehmen. Einem unterbesetzten Team wird es kaum ausreichen, die Hoffnung zu haben, dass es eines Tages wieder besser wird. Das Team braucht eine tragfähige und motivierende Vision, die neben einer guten, menschlichen Zusammenarbeit vermutlich die Dunkelverarbeitung durch K.I., eine andere Aufgabenunterteilung und weniger Bürokratie mit einschließt. Wie genau die Utopie in der Zukunft aussehen und wann genau sie kommen wird bleibt unklar. Sonst wäre es keine Utopie. Ohne Utopien sind Dauerbelastungen jedoch kaum auszuhalten. Stattdessen werden über kurz oder lang die Besten gehen, die Schwächsten krank werden und der Laden alsbald zusammen brechen.
Literatur: Kraft und Walker: Positive Psychologie der Hoffnung. Springer, 2018
Solidarität gleicht Handicaps aus: Vor 20 Millionen Jahren hatten Schimpansen, Bonobos und Gorillas gegenüber ihren Vorfahren einen großen Nachteil: Ihnen fehlten scharfe Eckzähne und Klauen als körperliche Werkzeuge zur Verteidigung gegenüber Feinden. Dieses Handicap machte den sozialen Zusammenhalt untereinander notwendig.
Altruismus ist natürlicher als Egoismus: Anderen zu helfen ist natürlicher als uns gegen andere durchzusetzen. Dies zeigt sich alleine schon an diversen Studien mit Kleinkindern, die nicht lange nachdenken, ob sie einem hilfsbedürftigen Forscher helfen wollen oder nicht. Wer anderen nicht hilft, ist dazu aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage. Entweder er fühlt sich zu schwach. Oder er lebt in einem sehr individualistischen System, in dem Helfen als nicht sinnvoll erachtet wird, weil die Menschen sich selbst aus ihrem Elend befreien sollten. Oder aber er wurde traumatisiert. Ein Beispiel dafür sind Migranten, die besonders laut gegen nachziehende Migranten wettern. Sie haben es geschafft, wissen jedoch, wie schwer es war. Beobachten sie nun Neuankömmlinge fällt es ihnen schwer, sich in deren Lage zu versetzen, ohne retraumatisiert zu werden.
Verbundenheit entsteht durch Ziele: Menschen in einem Bus sind idR. nicht miteinander verbunden. Erst durch einen Ausflug oder einen Unfall entsteht Verbundenheit durch ein gemeinsames Ziel und gegenseitige Abhängigkeiten.
Disstress + Definition einer guten versus schlechten Gruppe = Tribalismus: Stress führt nicht automatisch zu Egoismus. Meist führt Stress dazu, sich gegenseitig zu helfen. Erst die Unterscheidung zwischen guten und schlechten Subgruppen fördert Spaltungen und selektiven Altruismus. Umso wichtiger sind in Organisationen mit mehreren Subgruppen Organisationsziele, die auch die Subgruppen miteinander verbinden.
Dauerhafte Verbindungen lassen Gehirnzellen wachsen: Bei Paaren fördert Monogamie die Entwicklung des Gehirns, sofern sie sich im Rahmen ihrer gegenseitigen Abhängigkeit stetigen Anpassungsprozessen aussetzen. Sie achten dann darauf, wie es ihrem Gegenüber geht, passen sich an und lernen voneinander. Bei Polygamie entwickelt sich das Gehirn (meistens) weniger stark, weil bei Schwierigkeiten Partner*innen schneller gewechselt werden. Dadurch finden weniger Anpassungsprozesse und ein gegenseitiges Lernen statt. Stattdessen orientiert sich der Mensch stärker an seinen eigenen, bereits vorhandenen Eigenschaften, Vorlieben und Kommunikationsmustern.
Kleine Gruppen ermöglichen individuellere Verbindungen: In kleinen Gruppen werden Menschen stärker als Individuen wahrgenommen. Je größer die Gruppe ist, desto wichtiger werden Abgrenzungen durch Geschlecht, Meinungen, Eigenschaften, Fähigkeiten oder Auftreten.
Stufen der Empathie: Es gibt drei Stufen der Empathie: Mitgefühl, Besorgnis und Perspektivenübernahme.
Wer zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, ist unempathisch: Wir helfen anderen Menschen, wenn wir deren Emotionen in einer belastenden Situation nachempfinden können (Mitgefühl). Stellen wir uns jedoch vor, wie es uns selbst in dieser Situation ginge, hindert uns das an einer Hilfe. Wir sind dann zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Der Satz „Wie würde es dir gehen, wenn du an meiner Stelle wärst?“ könnte daher kontraproduktiv sein. Sinnvoller wäre: „Kannst du dir vorstellen, was ich dabei empfinde?“ (Mitgefühl) oder „Versuch bitte die Situation mit meinen Augen zu sehen.“ (Perspektivenübernahme)
Synchronisierte Gehirne: Arbeiten Menschen an etwas Gemeinsamem, synchronisieren sich ihre Gehirne. Das gleiche gilt für gemeinsames Meditieren. Oder wenn sie als Paar bezeichnet werden, selbst wenn sie noch kein Paar sind.
Verbindungen fördern mit Gesprächsstoff: Neben den üblichen Möglichkeiten Verbindungen zu fördern (Austausch, gemeinsame Aktivitäten), gibt es in Organisationen die Variante, für Gesprächsstoff zu sorgen, indem jemandem im Team heimlich ein Geschenk gemacht wird, einmal im Monat für das gesamte Team von einem unbekannten, guten Geist Brezeln hingestellt werden, jemand eine Dankbarkeitskarte ohne Absender bekommt oder derselbe Geist am Kaffeeautomaten für die nächste Person bezahlt und eine Karte hinterlässt, auf der steht: „Ihr Getränk wurde bereits bezahlt. Es wäre schön, wenn Sie für die nächste Person bezahlen würden, um diese Nettikette nicht abreißen zu lassen. Danke“
Damit ließe sich Verbundenheit auf folgende Formel reduzieren: Verbundenheit = Gemeinsames (positives oder negatives) Ziel + Abhängigkeiten (Kompetenzen, Erfahrungen, Wissen, Rollen, Verantwortungsteilung, Tugenden) + Raum und Zeit für Austausch – Persönliche Traumatisierungen
Literatur: Lynne McTaggart: The Bond – Über die Wissenschaft der Verbundenheit (2017)
Spätestens in der Schule beginnt der Einstieg in ein statisches und trennendes Denken:
Was kann ich, was andere nicht können?
Worin bin ich besser?
Womit kann ich mich von anderen abgrenzen?
Wofür bekomme ich von den Lehrer*innen Lob und Anerkennung?
Was darf ich auf keinen Fall tun?
Dabei hat dieses Denken durchaus nachvollziehbare Hintergründe. In kleinen Gruppen wie Familien oder Freundeskreisen werden Menschen stärker als Individuen wahrgenommen. Je größer die Gruppe ist, desto wichtiger werden Abgrenzungen durch Geschlecht, Eigenschaften, Fähigkeiten oder Meinungen. Schließlich muss ich mich im Kampf um Aufmerksamkeit bzw. um Kontakte, Beziehungen oder sogar Aufträge sichtbar machen und positionieren, um nicht unterzugehen.
Damit einher gehen jedoch zwei Effekte, die ein Miteinander erschweren:
Sofort ins Auge fällt die Abgrenzung von anderen.
Genauso dramatisch ist jedoch eine statische Denkweise des Könnens anstatt einer dynamischen Sichtweise des Entwickelns. Unsere persönliche Entwicklung wiederum ist sehr stark von anderen abhängig, mit denen wir zusammen arbeiten, die unsere Kompetenzen ergänzen und von denen wir etwas lernen können.
Die Psychologin Carol Dweck prägte zur Unterscheidung dieser beiden Mindsets die Begriffe Wachstums- versus Leistungs-Mindset. Beide Denkweisen haben Vor- und Nachteile:
Das Leistungsmindset vermittelt uns Sicherheit, indem wir uns darauf berufen, was wir können oder nicht können. Es hindert uns jedoch daran, Neues zu wagen, bei dem wir uns unserer Kompetenzen noch nicht sicher sein können.
Das Wachstumsmindset hiflt uns dabei, uns weiter zu entwickeln im Sinne eines lebenslangen Lernens. Es kann jedoch zu einer Rastlosigkeit bis zum Burnout führen.
Diese Erkenntnisse sind bereits relativ alt. Die Forschungen von Dweck gehen bis in die 70er Jahre zurück und finden sich in einer komplexeren Form in der Psychologie als Attribuierungstheorie wieder. Dabei wird jedoch die Komponente der Bindung weitgehend ausgespart. Denn Bindung bedeutet letztlich sich aufeinander zu beziehen und voneinander zu lernen. Damit hängt Bindung direkt mit persönlichem Wachstum zusammen. Selbst wenn ich „nur“ ein Buch lese oder mir ein Info-Video auf Youtube ansehe, gehe ich damit eine lose Verbindung mit anderen Menschen, Autor*innen oder Hersteller*innen des Videos ein. In Seminaren wird es noch deutlicher: Baue ich als Trainer zu Beginn eine gute Bindung zu meinen Seminarteilnehmer*innen auf und fördere insbesondere die Beziehungen untereinander, fördert das nicht nur den Austausch, sondern macht ein gemeinsames Lernen insgesamt möglich.
Ich bin nach all den Jahren jedesmal aufs Neue erstaunt, wie schnell und einfach es im Grunde geht, eine Gruppe von Menschen (meistens etwa 12 Personen) innerhalb kürzester Zeit zusammenzubringen. Spätestens nach dem ersten gemeinsamen Mittagessen ergeben sich Netzwerke, auf deren Basis sich beinahe jede*r auch mit seinen Schwächen zeigen kann. In externen freilich mehr als in Inhouse-Seminaren. Doch auch hier ergibt sich oft in meinen Seminaren eine Offenheit, die ein Wachstums-Mindset und damit ein Voneinander-Lernen erst ermöglicht.
Dieser Aufbau einer psychologischen Sicherheit auf der Beziehungsebene kann über ganz unterschiedliche Ansätze stattfinden:
Erwartungen austauschen und sich später auf die Erwartungen der Teilnehmer*innen beziehen,
die Teilnehmer*innen beim Namen nennen,
Smalltalk in der Pause,
der Einsatz von Humor und Selbstironie,
den Austausch in Kleingruppen fördern,
mehr Fragen stellen als einheitliche Lösungen bieten,
zum öffentlichen, gemeinsamen Nachdenken anregen,
gemeinsam etwas unternehmen (Mittagessen, Abendspaziergang),
niemanden mit seinen Ansichten separieren oder bloß stellen, usw.
Die Gemeinsamkeit all dieser Ansätze ist das Augenmerk auf das Verbindende. Es geht eben nicht darum, was ich weiß oder jemand anderes kann, sondern was dieses Wissen oder Können für andere bedeutet. Es geht auch nicht darum über etwas zu lachen, sondern gemeinsam über etwas zu lachen und sich gemeinsam über anderes zu ärgern. Insofern gibt es keine NoGos, wie die Neurowissenschaften manchmal nahe legen, wenn es bspw. um den Begriff des Problems geht, der bitteschön durch Herausforderung oder Chance ersetzt werden sollte. Auch wenn der Begriff der Herausforderung positivere Assoziationen in uns weckt, kann der Problem-Begriff ebenso verbindend wirken und gleichzeitig wertschätzend signalisieren, wie schwer eine Situation für Mitarbeiter*innen aktuell aussieht.
In diesem Sinne beginnt die Förderung von Verbindungen in Gruppen mit unserer Sprache:
Was können wir gemeinsam erreichen?
Was können wir voneinander lernen?
Was kann jede*r zum Gelingen eines Erfolgs beitragen?
Was haben wir bereits zusammen erreicht?
Wie können wir uns in unseren Kompetenzen ergänzen?
Wie können wir uns gegenseitig unterstützen?
Welche Erfahrungen verbinden uns?
Es geht hier nicht darum, dass immer alles harmonisch ablaufen sollte. Auch um den richtigen Weg streiten verbindet, sofern es ein gemeinsames Ziel gibt, das unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und unterschiedlichen Sichtweisen auf unterschiedliche Art und Weisen erreichen wollen. Dennoch bleibt das verbindende Ziel, das dabei hilft, die unterschiedlichen Sichtweisen und Kompetenzen als Ergänzung und nicht als Trennung wahrzunehmen.
Positiv, Humorvoll, Wissenschaftlich fundiert
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