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Vertrauen und Kontrolle in Zeiten der Digitalisierung

Neben der Menschlichkeit kommen wir ebenso nicht umhin, unser Verhältnis von Vertrauen und Kontrolle in Zeiten der Digitalisierung zu klären:

  • Was passiert, wenn meine Mitarbeiter weitgehend nur noch per mobilem Endgerät verfügbar sind?

  • Wieviel Vertrauen habe ich in Sie, wenn ich sie nur noch per Stimme oder Bildschirm sehe?

Wenn Führungskräfte auf die Digitalisierung ähnlich wie (externer Link) Eltern reagieren, stehen uns düstere Zeiten bevor. Um dies zu verhindern, brauchen wir dringend eine Diskussion über die Frage, wie viel Grundvertrauen in den Menschen, d.h. welches Menschenbild wir haben, was wir anderen zutrauen und welche Feedback- und Kontrollschleifen wir brauchen?

Um dieses Gefühl des Vertrauens aufzubauen, ist die Nähe zum Mitarbeiter, wenn er (oder sie) schon mal greifbar ist, unabdingbar. Die digitale Ferne des agilen Führungszeitalters braucht als Gegenpol die menschliche Nähe eines ernsthaften Beziehungsmanagements, ein modernes Management by Walking around 2.0, in meiner Vision eine provokante, humorvolle, authentische Führung mit klaren Führungsprinzipien für einen ehrlichen Erwartungsaustausch und auch über die Ferne tragende Beziehungen.

Mehr dazu unter: https://www.metropolitan.de/buch/provokant-authentisch-agil

Auswirkungen der Digitalisierung auf Führung

Management vs. Führung

Worum kümmert sich Management? Ein Manager sichtet, bewertet und delegiert Aufgaben. Ein Manager plant, strukturiert und organisiert. Ein Manager ‚verwaltet‘ Aufgaben, Prozesse, Projekte und organisiert diese möglichst deckungsgleich mit den Zeitbudgets seiner Mitarbeiter. Manager gehen sachorientiert an Aufgaben. Manager fragen sich, was in welcher Zeit zu tun ist.

Eine Führungskraft führt. Sie geht als Leitfigur voran, gibt Orientierung im alltäglichen Chaos, agiert werteorientiert, ist standhaft, visioniert, motiviert, treibt an, gibt Feedback, zieht Grenzen, schlichtet Konflikte, betreibt Bindungsarbeit und hilft in Identitäts- und Loyalitäts-Krisen. Führungskräfte gehen beziehungsorientiert an Aufgaben. Führungskräfte fragen sich, wie und warum Aufgaben erledigt werden sollen.

Auswirkungen der Digitalisierung auf Führung

Digitalisierungsmaßnahmen werden in Zukunft einen Großteil der Managementaufgaben übernehmen. Der Computer bestimmt dann, was in welcher Zeit zu erledigen ist, welche Ressourcen dafür erforderlich sind oder an wen ich mich im Fall X wenden kann. Jüngere Generationen starten ohnehin mit der Haltung in den Beruf: Ich weiß, was ich tun muss. Ich weiß, wo ich nachsehen muss. Ich habe alles im Griff und führe (eigentlich manage) mich selbst. Damit fällt ein Großteil klassischer Managementaufgaben weg. Übrig bleiben Führungsaufgaben, für die bisher so wenig Zeit war. Führungsaufgaben, die nötig sind, weil unter der Schwelle hoher Medienkompetenz nach wie vor Unsicherheiten lauern.

Führungsvakuum oder Führungsfreiraum?

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Digitalisierung, Flexibilisierung und Individualisierung

Dadurch entsteht ein Führungsvakuum. Führungskräfte müssen Ihre neue Rolle erst finden. Es besteht aber auch die Chance zu einem Führungsfreiraum zur Entwicklung von Visionen, Ideen und der Ausübung von Beziehungsarbeit.

Führungskräfte sollten sich mit folgenden Fragen auseinander setzen:

  • Was ist wirklich wichtig? Wie vermittle ich Prioritäten?

  • Wie motiviere ich und vermittle den Sinn unserer Arbeit?

  • Wie helfe ich meinen Mitarbeitern bei Konflikten und Stress?

  • Wie vermittle ich v.a. jungen Mitarbeitern Orientierung, die vor lauter Selbststeuerung, -organisation und Eigenkontrolle vergessen, sich selbst zu regulieren und sich übernehmen?

  • Wie helfe ich Mitarbeitern bei ihrer Balance zwischen Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit, Projektarbeit und Freizeit?

  • Wie begrenze sich individuelle Spielräume von Mitarbeitern, die ihre Leistung schlecht selbst einschätzen können und sich überfordern?

  • Welche Feedbacksysteme zur Wertschätzung der Arbeit etabliere ich?

Das Rad lässt sich nicht zurückdrehen. Besser wir machen das Beste daraus!

Does humor belong to business?

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Aber sicher! Vor allem, wenn bereits alle anderen Führungstechniken versagt haben!

Humor, Reife und Status

Humorvoll sein heißt, über sich selbst lachen zu können, über Feld und Flur als Selbstironie bekannt. Ein Mensch, der sich selbst nicht allzu ernst nimmt, steht über den Dingen. Deshalb wirken humorvolle Führungskräfte selbstbewusster. Sie halten Kritik besser aus, weil die Kritik ihr Verhalten trifft und nicht den verengten Blick auf die eigene Persönlichkeit, ein idealer Weg, mit eigenen und fremden Schwächen umzugehen. Nebenbei bietet ein humorvoller Umgang mit Kritik einen Ausweg aus der Statusfalle: Wenn ich die Kritik annehme, begebe ich mich in einen tieferen Status und riskiere es, Respekt einzubüßen. Wenn ich sie ablehne, bleibe ich im höheren Status, riskiere damit allerdings einen Konflikt. Mit Humor kann ich die Kritik aufnehmen und dennoch im höheren Status bleiben.

Da Humor folglich als Machtinstrument eingesetzt werden kann, ist es wichtig, sich an klare Regeln zu halten. Ironie ist eben nicht gleichzusetzen mit Sarkasmus und Zynismus, genauso wie sexistische oder rassistische Witze selbstredend tabu sein müssen.

Humor in der Mitarbeiterführung

Mitarbeiter mit Humor zu führen heißt, die Gemeinschaft des Teams zu fördern. Wenn sich Menschen durch ihre Spiegelneuronen mit schlechter Stimmung anstecken, so gilt dies genauso im positiven Sinne für Humor. Damit leistet Humor einen wichtigen Beitrag zur Psychohygiene und Atmosphäre im Team und zur Konfliktprävention.

Seminarbeschreibung Humor als Führungskompetenz und Einfall statt Überfall, das etwas andere Schlagfertigkeitstraining.

Humor als Führungskompetenz

Der Duden sagt: Humor ist die Fähigkeit, mit Widrigkeiten des Alltags gelassen umzugehen.

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Dabei stellt sich natürlich die Frage, was in unserem Alltag überhaupt real ist und was nicht? Immerhin laufen wir alle mit einer unsichtbaren Brille auf der Nase durch die Welt und sind felsenfest davon überzeugt, dass das und genau das, was wir wahrnehmen die Realität ist.

Stimmt natürlich nicht. Es handelt sich dabei lediglich um ein Zerrbild der Realität und jeder Mensch darf sein eigenes Zerrbild hegen und pflegen.

Macht es mit diesem Wissen noch Sinn, die Welt so ernst und wahrhaftig hinzunehmen, wie wir sie wahrnehmen?

Und dennoch: Während Mitarbeiter ’nur‘ für sich und ihre Arbeit Veranwortung übernehmen sollten, übernehmen Führungskräfte darüber hinaus Verantwortung für ein Team und die Organisation. Doch muss Führung deshalb ernsthafter sein? Gegenfrage: Sollten Mitarbeiter ihre Aufgaben ernst nehmen?

Der Dichter Jean Paul sagte: Humor ist die Fähigkeit, den Gegensatz zwischen Natur und Geist zu überwinden. Wir können auch sagen, Natur ist der Ernst, denn an natürlichen Vorgängen lässt sich nichts ändern, zumindest nicht mit einfachen Mitteln. Doch der Geist ist in der Lage, sich Dinge vorzustellen. Der Geist kann in die Zukunft blicken. Doch dafür muss er sich von den engen Grenzen das Natur lossagen. Er muss sich folglich von allzu großer Ernsthaftigkeit lossagen und sich Möglichkeiten vorstellen, die noch gar nicht existieren. Und Humor schafft genau dies.

Humor und Kreativität

Wenn wir uns die Osborn-Checklisten, den Morphologischen Kasten von Zwicky oder die Denkhüte von DeBono ansehen, wird die Sprengung der engen Denkketten deutlich: Hier geht es um Übertreibungen, Untertreibungen, Assoziationen, scheinbar sinnlose Gedankenketten, spontane Ideen oder Rollenwechsel. Gleichzeitig wird klar, wie eng Kreativität mit Humor verknüpft ist. Ein laufender Tisch aus Bambus, der sich auf Knopfdruck in einen Stehtisch verwandelt und auf Zuruf angelaufen kommt, ist nunmal ein amüsantes Phantasieprodukt und kein Produkt streng-ernsthafter Denkleistungen nach Schema F, auch wenn die Realisierung eines solchen Produkts wieder eine Menge Ernsthaftigkeit und die übliche Portion Blut, Schweiss und Tränen benötigt.

Letztlich lautet die Devise nicht: Entweder ernsthaft oder humorvoll. Sondern: Ernsthaftigkeit mit einem Lächeln!

Zudem schafft es unser Humor, Probleme mit Abstand zu sehen. Das Denken wird weiter und flexibler. Humor befreit und macht Führungskräfte dadurch kreativer. Plötzlich scheinen Lösungen möglich zu sein, die mit einem zu engen Blick unmöglich erschienen. Der Fachbegriff dafür lautet ‚Perspektivwechsel‘. Damit wird das Unkonventionelle zur Konvention und ‚Paradoxes Denken‘ zur Methode, festgefahrene Bahnen zu verlassen und dem Leistungsdruck besser zu begegnen.

Humor, Reife und Status

Humorvoll sein heißt auch, über sich selbst lachen zu können. Und ein Mensch, der v.a. sich selbst nicht allzu ernst nimmt, steht über den Dingen. Deshalb wirken humorvolle Führungskräfte selbstbewusster. Sie halten Kritik besser aus, weil die Kritik ihr Verhalten trifft und nicht den verengten Blick auf die eigene Persönlichkeit, ein idealer Weg, mit eigenen und fremden Schwächen umzugehen. Nebenbei bietet ein humorvoller Umgang mit Kritik einen Ausweg aus der Statusfalle: Wenn ich die Kritik annehme, begebe ich mich in einen tieferen Status und riskiere es, Respekt einzubüßen. Wenn ich sie ablehne, bleibe ich im höheren Status, riskiere damit allerdings einen Konflikt. Mit Humor kann ich die Kritik aufnehmen und dennoch im höheren Status bleiben.

Ein Beispiel aus meinem Berufsalltag: In einem Seminar kommt in der Mittagspause ein sehr dominanter Teilnehmer auf mich zu und sagt: „Herr Hübler, ich muss heute früher gehen. Aber nicht, dass Sie denken, das Seminar wäre schlecht.“ Nett gemeint, aber letztlich eine klare Dominanzgeste, da dieser Teilnehmer sich das Recht herausnahm, mein Seminar zu bewerten. Und wer bewerten darf, nimmt einen höheren Status ein. Der Ausweg aus dieser Statusfalle konnte nur mit Lächeln und Augenzwinkern erfolgen:“Kein Problem. Ich weiß ja, dass mein Seminar eines der besten hier am Institut ist.“

Da Humor folglich auch als Machtinstrument eingesetzt werden kann, ist es wichtig, sich an klare Regeln zu halten. Ironie ist eben nicht gleichzusetzen mit Sarkasmus und Zynismus, genauso wie sexistische oder rassistische Witze selbstredend tabu sein müssen.

Humor in der Mitarbeiterführung

Mitarbeiter mit Humor zu führen heißt, die Gemeinschaft des Teams zu fördern. Wenn sich Menschen durch ihre Spiegelneurone mit schlechter Stimmung oder Wut anstecken, so gilt dies genauso für Humor. Damit leistet Humor einen wichtigen Beitrag zur Psychohygiene und Atmosphäre im Team und damit letztlich auch zur Konfliktprävention. Gefördert werden mit Humor jedoch auch ganz andere Prozesse. Oder mit wem würden Sie lieber Ihr Wissen austauschen: Mit einem alten Grummler, mit einem Neider oder mit einem entspannt-zufriedenen-lächelnden Kollegen?

Andererseits steigert Humor nachhaltig das Erinnerungsvermögen und die Motivation der Mitarbeiter. Vor diesem Hintergrund ist ein Vortrag, bei dem es etwas zu lachen gab wertvoller und motivierender als zehn Vorträge, bei denen die Belegschaft beinahe vor Langeweile gestorben ist. Wer solche Vorträge in seinem Unternehmen nicht kennt, hebe jetzt bitte die Hand.

Humor im Umgang mit Stress und Konflikten

Humor macht nachweislich gelassen. Spannungen und Konflikte werden durch respektvollen Humor entschärft. Wer zusammen lacht, kann kaum noch miteinander kämpfen. Zu sehr sind die Spiegelneurone der beiden Parteien dabei, sich humorvoll miteinander zu verbinden.

Ein Beispiel: Nachdem zwei Streithähne sich nicht selber einigen können, bittet sie der Vorgesetzte zu einem Gespräch. Er eröffnet das Gespräch mit den Worten „Meine Herren, ich bitte Sie um Verzeihung. Die Hauptschuld geht auf meine Rechnung! Ich habe Sie beide eingestellt“.

Die Resilienz der Deutschen Nationalmannschaft

Wie gehen Resilienz und Fußball zusammen?

Was bringt einen Menschen zu Resilienz, das heisst immer wieder wie ein Stehaufmännchen aufzustehen? Ganz aktuell: Wie schaffte es ein Bastian Schweinsteiger – blutend oder nicht – und mit ihm die gesamte deutsche Mannschaft in Brasilien, nach Fouls, Rückständen oder den weniger glorreichen Spielen gegen Algerien und Ghana, immer wieder aufzustehen und weiterzumachen?

Resilienzlandkarte

 

Das Resilienz-Konzept bietet hierauf detaillierte Antworten, die sich auf viele Situationen übertragen lassen. Das Konzept, das ich Ihnen vorstellen möchte, besteht aus sieben Komponenten. Ich ließ mich dabei von dem Buch R-Faktor von Micheline Rampe inspirieren. Das Buch „R-Faktor“ ist ein guter Einstieg vor allem für Menschen, die es nicht gar so wissenschaftlich brauchen. Wer die Materie jedoch ernst nimmt, findet hier einige logische Schwächen, die ich versuche, in meinem Konzept weitgehend auszumerzen bzw. andere Konzepte, u.a. von Reinhard Sprenger oder Fredmund Malik mit hineinzunehmen.

Beispielsweise gibt es in dem Buch R-Faktor eine Kategorie namens Lösungsorientierung. Ein Faktor, den wir auch bei Fredmund Malik (Führen, Leisten, Leben) wiederfinden. Die Fragen in dem Selbsttest, den Frau Rampe in ihrem Buch zu diesem Unterpunkt präsentiert, gehen allerdings beinahe ausschließlich in Richtung Zielorientierung. Es ist jedoch schwierig, diese beiden Faktoren zu vermischen: Wer chancen- und lösungsorientiert vorgeht, sieht das Positive in Problemen. Wer zielorientiert vorgeht, setzt sich Ziele, die möglichst realitäts- und resultatorientiert (Malik) angestrebt werden. Eine Lösungsorientierung geht für mich daher klar in Richtung Optimismus, womit wir bei dem wichtigsten Unterpunkt der Resilienz angekommen sind:

1. Realistischer Optimismus

Ohne Optimismus keine Resilienz. Hier geht es erst einmal nicht um die Frage, was ich tun kann, um Probleme zu lösen, sondern um die Frage, ob ich überhaupt eine Art Urvertrauen in die Welt habe.

Dabei möchte ich zwei Typen von Optimisten unterscheiden: Die einen sind bedingungslos optimistisch. Egal was passiert: Alles wird gut. Eine solche Haltung kann zum einen andere Mitmenschen extrem nerven. Zum anderen wird nicht immer alles gut. Vielleicht am Ende, wenn wir an unseren Krisen gewachsen sind. Doch zwischendrin gibt es immer wieder Konflikte, die gelöst werden wollen. Bedingungsloser Optimismus macht jedoch blind gegenüber diesen Hindernissen des Alltags.

Die anderen möchte ich realistische Optimisten nennen. Deren Motto könnte lauten: Es wird krachen und knirschen. Darauf bin ich vorbereitet. Und wahrscheinlich werde ich nicht alle meine Ziele erreichen – einen Großteil aber schon. In der Optimismus-Forschung (Seligman, Kuhl / Martens) ist schon lange bekannt, dass die entspannteren und gleichzeitig erfolgreicheren Menschen dem Konzept des realistischen Optimismus folgen.

Was dabei hilft ist eine Orienterung an sich selbst. Soll ich mich als Melancholiker an der Spaßkanone meines Teams orientieren, um so zu werden wie er? Mit Sicherheit eine zwar bisweilen motivierende, aber auch frustrierende Idee. Den ein oder anderen Impuls kann ich aufnehmen. Der Rest von mir tut besser daran, sich mit sich selbst zu vergleichen. Habe ich mich in den letzten Jahren weiterentwickelt? Reagiere ich in dieser Situation weniger optimistisch als sonst? Wenn ja, woran liegt das?

Die Deutsche Nationalmannschaft hat immerhin zehn Jahre Entwicklungsarbeit unter Jogi Löw gebraucht, um dahin zu kommen, wo sie heute steht.

2. Akzeptanz von Lebensläufen

Meine Kinder bekamen vor vielen Jahren das Buch „Frau Meier, die Amsel“ von Wolf Erlbruch geschenkt. In diesem Buch geht es um Frau Meier, die stetig damit beschäftigt ist, sich Sorgen darüber zu machen, dass Katastrophen über sie hereinbrechen. Die klassische Entgegnung ihres Mannes lautet: Es ist, wie es ist. Wir können’s nicht ändern.

Manchmal ist dies eine gute Haltung, auch wenn es nicht immer einfach ist und natürlich nur die eine Seite der Medaille abdeckt: Ich akzeptiere die Umstände. Ich kann nicht alles ändern. Ich weiss, dass es heute regnet und morgen die Sonne scheint. Auch wenn ich heute, nach einem grandiosen Spiel gegen Portugal gegen eine vermeindlich schwächere Mannschaft beinahe verloren habe, wird das nächste Spiel wieder anders aussehen. Die Bilanz der sieben Spiele der Nationalmannschaft gleicht beinahe einem Schweinezyklus: Nach einem großartigen ersten Spiel ging es runter in Richtung mäßig. Danach folgte wieder eine akzeptable Steigerung, gegen starke Algerier ein zumindest schwieriges Spiel. Gegen Frankreich ein Spiel, das in seiner Kontrolliertheit an das Vorrundenspiel gegen die USA erinnerte. Dann folgte der vorläufige Höhepunkt gegen desolate Brasilianer und schließlich ein Arbeits- und Kampfsieg gegen gute, aber nicht zwingend-gute Argentinier. Fazit: Es geht im Leben auf und ab. Es gibt Höhen und Tiefen. Wenn ich oben bin, sollte ich zumindest mit einer Gehirnzelle daran denken, dass es wieder abwärts gehen kann, was vielen Aktienbesitzern schwer fällt. Und wenn ich unten bin, wird es auch wieder aufwärts gehen.

Diese Logik im Hinterkopf kann verhindern, dass manch ein Star wie einst Matti Nykänen erst hoch hinausfliegt, um später ziemlich unsanft zu landen. Ein Bild aus unserem Urgedächtnis, das wir bereits vom Sturz Lucifers oder auch dem Fall des Ikarus bestens kennen sollten, und doch so oft verdrängen.

Wenn wir den zeitlichen Aspekt außer acht lassen, geht es hier natürlich um Yin und Yang. Es gibt keinen Himmel ohne eine Hölle, keinen Erfolg ohne Absturz. Doch wenn der Erfolg den Absturz bereits im Blick hat, kann die spätere Hölle ein wenig gedämpft werden. Und wer im Absturz den Aufstieg bereits mitdenkt, kommt auch über die tiefsten Tiefen hinweg.

Die Akzeptanz steht dem Optimismus gegenüber, da sie einen überbordenden Hurra-wir-fahren-in-den-Krieg-Optimismus auf den Boden der Tatsachen zurückbringt.

3. Zielorientierung

Da über Ziele andernorts viel geschrieben wird, fasse ich mich hier kurz. Fakt ist, dass Ziele motivieren. Allerdings nur, wenn es sich um realistische Ziele handelt. Und auch nur solange, bis die Ziele erreicht werden. Daher sollten Ziele immer etwas vorübergehendes haben.

Die deutsche Nationalmannschaft hatte ein klares Ziel vor Augen, das nicht von anderen Zielen verwässert wurde. Per Mertesacker brachte es nach dem Algerienspiel in einem (externer Link) Interview auf den Punkt: Wollen Sie, dass wir schön spielen oder dass wir gewinnen?

Dazu passt auch die Abschottung der deutschen Mannschaft in Brasilien in einem Basislager weit weg von allem Trubel.

Die Brasilianer hingegen hatten offensichtlich viele Ziele: Natürlich wollten Sie den Titel holen. Sie wollten aber auch für ihr Land spielen, für ihre Familien und für ihr Volk. Der Druck durch so viele verschiedene Ziele führte offenbar zu der Implusion der Mannschaft auf dem Platz.

4. Persönliche Aktivierung und Tatkraft

Ebenso macht das schönste Ziel keinen Sinn, wenn, wenn es kaum erreichbar erscheint. Der zentrale Begriff dieses Unterpunkts lautet Selbstwirksamkeitserwartung (Albert Bandura): Was kann ich selber tun, um eine Veränderung in Richtung gewünschtem Ziel zu erreichen?

Zugleich geht es auch um die Frage nach der Überwindung von Opferhaltungen oder mit Kant „dem Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“. Etwas emotionaler der Dalai Lama: Schmerz ist unvermeidlich – Leiden ist eine Entscheidung.

5. Verantwortungsübernahme

Damit liegt es an jedem Menschen selbst, was er bereit ist zu akzeptieren, was nicht und wofür er die Verantwortung realistischerweise übernehmen kann und soll. Um mit Reinhard Sprenger zu sprechen: Wir haben immer eine Wahl. Es stellt sich nur die Frage, inwieweit wir bereit sind, den Preis für diese Wahl zu zahlen.

Natürlich gibt es auch Situationen, die sich unserer Verantwortung entziehen. Micheline Rampe spricht in diesem Zusammenhang von echten und gefühlten Opfern. Echte Opfer wurden entlassen, weil ihre Firma pleite machte und sie zu spät davon erfuhren. Gefühlte Opfer wurden entlassen, weil sie nicht sehen wollten, dass das Missmanagement der Führung das Unternehmen schon seit Jahren stetig an die Wand fährt.

Wie immer liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Daher ist es wichtig, differenziert zu denken. Die Schuld liegt beinahe nie nur bei einer Partei. Jeder im System trägt eine Teilschuld. Doch Verantwortung kann ich letztlich nur für mich selbst übernehmen.

Von dieser (Teil-)Verantwortung kann ich direkt (persönliche) Ziele ableiten, um mich weiterzuentwickeln.

Es geht eben nicht um Anschuldigungen, wer was wie und wann falsch gemacht hat. Was die deutsche Mannschaft sympathisch macht, ist die Art, wie miteinander umgegangen wurde. Ich habe keine Ahnung, was Schweinsteiger oder Lahm auf dem Platz ihren Mitspielern regelmäßig zubrüllten. Aber es hatte nicht den Anschein, dass es sich hierbei um Anschuldigungen handelte. Dies schien auch aufgrund der wenigen Fehlpässe sind sonderlich nötig. Für mich hatte es eher den Anschein von Führung durch Vorbild.

6. Soziale Verbundenheit

Der Weg von der Verantwortung zur sozialen Verbundenheit ist nicht weit. Immerhin hat Verantwortung nicht nur etwas mit dem eigenen Leben, sondern auch mit dem Leben anderer zu tun. Dabei ist es wichtig, eine gute Balance zu finden zwischen dem Vertrauen auf sich selbst:

  • ich glaube daran, etwas bewegen zu können (Aktivierung)
  • und übernehme Verantwortung für meine Handlungen (Verantwortungsübernahme)

… und dem Vertrauen darauf, sich in der Not auf andere verlassen zu können.

Die Grundlage der Verbundenheit mit der Welt liefert eine Art Grundoptimismus bzw. das Grundvertrauen in eine gerechte Welt.

Gleichzeitig ist es wichtig für die eigene Resilienz, nicht nur Rollen spielen zu müssen, sondern auch unter Freunden und guten Bekannten „echt“ sein zu dürfen.

Interessanterweise wirkt bereits die Tatsache, verlässliche Freunde zu haben so stärkend, dass diese Freundschaften oftmals gar nicht genutzt werden müssen.

Nach zehn Jahren, die viele der Spieler gemeinsam in der Nationalmannschaft oder auch im Verein zusammen verbracht haben, ergeben sich Bindungen, die Krisen locker überstehen.

7. Zukunftsplanung

Das letzte Glied in der Kette aus Zielorientierung und Aktivierung befasst sich mit der Zukunftsplanung. Auch hier treffen wir wieder auf die Akzeptanz von Hochs und Tiefs sowie die Frage danach, was realistisch ist. Ist es realistisch, die eigene Zukunft zu 100% durchzuplanen?

Fredmund Malik sagt dazu: Es ist wichtig, sich im Sinne des Pareto-Prinzips auf das Wesentliche zu reduzieren. Ich kann meine Karriere nicht zu 100% planen. Aber ich kann vieles dafür tun, erfolgreich und glücklich zu werden. Ich kann netzwerken. Ich kann mich weiterbilden und Erfahrungen sammeln. Dennoch bleibt ein großer Rest (nach Pareto 80%!) übrig, der durch den Zufall bestimmt wird. Nicht ganz so dramatisch sieht es die 60-40-Regel aus dem Zeitmanagement: 60% meiner Zeit kann ich verplanen. 20% sollte ich für Pausen einplanen und 20% bleiben für das Chaos und Unvorhersehbarkeiten übrig.

Neben einer ruhigen Vorbereitung und und klaren Zielen spielt auch hier wieder die soziale Einbindung eine wichtige Rolle: Jeder in der deutschen Nationalmannschaft hatte seinen Platz und übernahm die Verantwortung, die zu seiner Kragenweite passte. Sogar diejenigen auf der Bank wurden miteinbezogen und feierten später mit, als ob sie selbst auf dem Platz gestanden hätten, siehe Podolski.

Was ich hierbei am spannendsten finde, ist die Abwesenheit von Konkurrenz. Zumindest öffentlich gab es keine Nicklichkeiten, wer wann und wie oft spielen darf. Keine Beschwerden von Spielern, die nicht spielen durften. Es gab Führungspersönlichkeiten wie Schweinsteiger, jedoch keine Einzelkämpfer, die ein Spiel alleine hätten „reißen“ können.

Zum Schluss daher nochmal ein Hoch – wie auf meinem Blog schon andernorts zu finden – auf den Erfolg durch konkurrenzlose Kooperationen.

Literatur:

Micheline Rampe: Der R-Faktor

Albert Bandura: Lernen am Modell

Fredmund Malik: Führen, Leisten, Leben