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Selbstcoaching-Leitfaden

Neulich in einem Seminar zum Thema Work Life Balance kam die Frage auf, was ich tun kann, wenn das Mikrotraining zu Ende (es dauerte immerhin 6 Wochen lang) und der Coach des Vertauens (also ich) nicht mehr da ist? Wie schaut es also aus mit dem Transfer nach einem Seminar?

Natürlich gibt es die Möglichkeit, Gleichgesinnte zu finden. Und manchmal passiert das auch. Gerade längere Mikrotrainings (6 * 1,5 Stunden inklusive Wochenaufgaben) schaffen einen guten Raum für Verbindungen zwischen den Teilnehmer*innen. Eine Seminarteilnehmerin erzählte beispielsweise davon, dass sie einen anderen Teilnehmer auf einer Veranstaltung traf und ihn fragte, wie es gerade läuft mit Pausen machen, um einer Überarbeitung zu begegnen. Aber letztlich sind das die Ausnahmen. Bleiben wir also realistisch.

Und genau dieser Realismus führte zu den folgenden Selbstcoachingfragen, die einen Großteil der Seminarinhalte noch einmal wiederspiegelten.

Ein solches Selbstcoaching ist aimmer dann sinnvoll, wenn Sie sich überlastet fühlen, demotiviert sind oder sich ganz einfach die Frage stellen: Was mache ich hier eigentlich gerade?

Sinnhaftigkeit und Ziele

  • Was mache ich gerade?
  • Wofür / für wen mache ich das?
  • Inwiefern passt das, was ich gerade mache, zu meinen langfristigen Zielen?

Aufgabenqualität und Perfektionismus

  • Muss oder will ich die Aufgabe perfekt abliefern?
  • Woher kommt das Müssen oder Wollen?
  • Was an meinem Perfektionismus ist belastend? Wann macht Perfektionismus Spaß?
  • Woran mache ich es konkret fest, die Aufgabe gut, sehr gut oder perfekt abzuliefern?
  • Reicht es, wenn das Ergebnis lediglich gut oder sehr gut ist?
  • Welche Risiken bestehen, wenn ich die Aufgabe nicht perfekt abliefere? Was darf also auf keinen Fall passieren?
  • Was kann ich tun, um diese Risiken zu vermeiden?
  • Ab wann wäre ich zufrieden, erleichtert oder stolz?
  • Wer außer mir würde es bemerken, wenn ich die Aufgaben nur “gut” abliefere?

Meilensteine und nächste Schritte

  • Wie lange soll die Aufgabe / das Projekt insgesamt dauern?
  • Wie lautet der nächste Meilenstein?
  • Woran merke ich, dass ich diesen Meilenstein erreicht habe?
  • Wieviel Zeit gebe ich mir, um diesen Meilenstein zu erreichen?
  • Sollte ich diesen Meilenstein weiter unterteilen?
  • Wie lautet der nächste Schritt?
  • Wieviel Zeit gebe ich mir, um diesen Schritt zu erledigen?
  • Könnte ich etwas abgeben? Wenn ja: Was? Wenn nein: Was hindert mich daran?

Präsenz, Achtsamkeit und Konzentrationsfähigkeit

  • Was könnte mir helfen, eine vorherige Situation gut abzuhaken und damit ein Nachglühen zu vermeiden?
  • Welche drei Punkte sollte ich mir aufschreiben, um ein Vorglühen (Denken an die nächste Aufgabe) zu reduzieren?
  • Wieviel Energie möchte ich für die aktuelle Aufgabe einsetzen?

Kreative Pausen

  • Woran merke ich, dass ich eine kreative Pause brauche?
  • Wofür brauche ich eine Pause? Um einen Abstand von einem Problem und damit auf intuitive Lösungen zu kommen oder um wieder frischer im Kopf zu werden?
  • Was konkret mache ich dann? Sollte ich einfach so einen Spaziergang machen oder auf den Spaziergang eine Denkaufgabe mitnehmen?
  • Wie schaffe ich mir einen guten Zwischenabschluss vor der kreativen Pause?

Work-Life-Blending versus Work-Life Balance

Die 00er-Jahre standen im Zeichen einer Work-Life-Balance. Durch Agilität, Digitalisierung und Homeoffice verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben immer mehr. Aus einer Balance zwischen Arbeit und Privatleben wurde eine Vermischung.

Wie genau sieht diese Vermischung aus?

  • In einem agilen Team gilt es, ein Projekt bis zum Wochenende fertig zu stellen. Deshalb wird der Samstag durchgearbeitet. Dazu gibt es Pizzas, ausnahmsweise auch ein Bierchen und am Abend wird gemeinsam gefeiert.
  • In der Teeküche eines kleinen Unternehmens bietet sich nicht nur die Möglichkeit, gemeinsam zu kochen. Es wird auch erwartet, dies für den Gruppenzusammenhalt zu tun. Wer sich rauszieht ist ein Spielverderber.
  • Im Homeoffice haben manche Mitarbeiter*innen kein extra Arbeitszimmer und sitzen daher mit ihrem Laptop in der Küche.

Angetrieben und erleichtert wird ein solches Work-Life-Blending maßgeblich durch die informationstechnische Vernetzung.

Potentiale von Work-Life-Blending

  • Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben
  • Leistungsorientierung: Wer sich seine Arbeit besser einteilt und auch auf seinen Biorhythmus achtet, ist produktiver und zufriedener.
  • Anpassung an Anforderungen: Eine flexiblere Arbeitszeit ermöglicht es, selbstbestimmter zu arbeiten, anstatt die Zeit im Büro abzusitzen.
  • Höhere Motivation: Mit mehr Selbstbestimmung kehren mehr Spaß und Motivation bei der Arbeit ein.

Risiken von Work-Life-Blendung

  • Ausweitung der Arbeitszeit: Die Arbeitszeit wird zulasten des Arbeitnehmers ausgeweitet. Das Privatleben leidet.
  • Überwachung: Die Digitalisierung macht Überwachungen möglich. Mitarbeiter*innen sind dann jederzeit erreichbar.
  • Einsparungen: Wer wann arbeitet bestimmt nicht der Mitarbeiter, sondern das Unternehmen. Langfristig könnten mehr Mitarbeiter*innen zu Freiberufler*innen werden, ohne es zu wollen.
  • Ruhelosigkeit und Gesundheitsrisiken: Das Gefühl nicht abschalten zu können, ist keine Seltenheit in der Arbeitswelt 4.0. Schlafstörungen, Erschöpfung oder Depressionen sind mögliche Folgen.

Mehr zum Thema Work-Life-Blending, inklusive Generationkonflikte und Tipps für den Umgang in der Arbeit, sowohl für Unternehmen als auch für Einzelpersonen finden Sie unter: https://bookboon.com/de/work-life-blending-ebook

Buchtipp für kritische Leser*innen: Christian Scholz: Work Life Blending