Die Mitarbeiter im Homeoffice

Es ist schon paradox (oder auch nicht). Seit einigen Jahren versuchen Firmen (weniger) und Mitarbeiter (mehr) gerade in Ballungsgebieten das Thema Homeoffice voranzubringen, mit insgesamt eher bescheidenem Erfolg. Zuletzt gab es einen weiteren Meilenstein in Punkte mobiler Digitalisierung: Die eAkte. Die Technik hätten wir mittlerweile. Wären da nicht das Misstrauen (Arbeiten die auch wirklich?) oder die Frage nach der Organisation (Aufgabenverteilung, Erreichbarkeit, Kernarbeitszeiten, gemeinsam an Problemen arbeiten, usw.). Wer darüber mehr wissen will, schaut in meinen Beitrag Führung auf Distanz oder in mein eBook auf booklooker (externer Link). Ein Seminar dazu (wenn sich hoffentlich alles wieder ein wenig beruhigt hat), gibt es natürlich auch.

Dabei liegen die Vorteile von Mobas (klingt doch irgendwie nett, oder?) auf der Hand:

  • Zwar brauchen kreative Prozesse Face-to-Face-Kontakte (IBM hat vor kurzem seine Heimarbeitsplätze wieder reduziert). Dennoch gibt es eine Menge Aufgaben, die zuhause und alleine in Ruhe effizienter und effektiver erledigt werden können.
  • Die Arbeit im Homeoffice entlastet das persönliche Zeitbudget und gleichzeitig die Umwelt, wenn wir alleine an die Millionen Autofahrer in der Rush-Hour denken.
  • Mit einer flexibleren Tageszeiteinteilung bekommen Mitarbeiter ihre persönliche Lebensbalance besser hin, v.a. wenn Mama oder Papa zuhause sind, wenn die Sprösslinge aus der Schule kommen. Als Selbstständiger im Teilzeithomeoffice weiß ich, dass es nicht die Quantitätszeit ist, die eine gute Beziehung zu seinen Kindern ausmacht, sondern die Quantitätszeit, wenn der Ärger aus der Schule noch genauso warm ist wie die Suppe auf dem Küchentisch.

Soweit eine kurze Auswahl an Vorteilen. All das reichte in der Vergangenheit jedoch nicht, um Heimarbeitsplätzen den entscheidenden Schub zu verpassen. Dazu brauchte es eine weitaus größere Waffe namens Corona.

Vergessen sind die Bedenken und mentalen Hindernisse. Auf einmal muss es gehen. Und geht es? Ich vermute, mehr schlecht als recht: Vermutlich beschäftigen sich die meisten Mitarbeiter:

1. Mit aktuellen Nachrichten zur Pandemie. Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der so viele Nachrichten in kurzer Folge so aufregend waren und gleichzeitig doch nicht viel Neues brachten.

2. Mit ihrer Familie (sofern vorhanden): Von Schulaufgaben ausdrucken, wieder einscannen (ein Hoch auf die Digitalisierung der Schulen) und an den Lehrer verschicken bis Sippenhaft-Koller wird alles dabei sein. Hoffentlich kommt in Deutschland keine Ausgangssperre. Frische Luft soll für unser Immunsystem nicht das Schlechteste sein.

3. Und vielleicht wird dann doch noch ein wenig gearbeitet.

Immerhin: Es geht aktuell nicht anders. Und wenn es muss, dann geht es auch irgendwie.

Kommen wir daher zu ein paar praktischen Tipps, wie sich dieses Muss noch ein wenig effektivieren lässt. Anders gefragt: Woran kann es liegen, dass ein Mitarbeiter im Homeoffice nicht soweit kommt, wie er das eigentlich möchte:

  • Selbstbeauftragung, Initiative ergreifen und Entscheidungen treffen
    • Tipp: Spielen Sie als Führungskraft ein paar Entscheidungsbeispiele mit Ihrem Mitarbeiter durch und geben ihm Entscheidungskriterien mit auf den Weg im Sinne von “Im Zweifel für den Kunden” oder “Erhöht die Entscheidung unsere guten Ruf oder nicht?”. Auch die ein oder andere Methode zum Prioritätensetzen ist hilfreich.
  • Kreativität und Problemlöseverhalten
    • Tipps: Richten Sie Chatrooms für Ihre Mitarbeiter ein, die zum Diskutieren anregen. Klären Sie, wie kreative Erkenntnisse festgehalten werden und wer es macht. Die Kenntnis von Kreativitätsmethoden ist immer sinnvoll, von Walt-Disney-Methode bis Ishikawa-Diagramm. Legen Sie ein Expertennetzwerk an, damit die Mitarbeiter nicht bei jedem Problem Sie anrufen.
  • Planung, Koordination und Organisieren
    • Tipps: Legen Sie Ihren Mitarbeitern Zeitmanagementtools, beispielsweise ein Denken in Projektplänen nahe. Für die Ordnung am Heimarbeitsplatz ist die 5S-Methode hilfreich.
  • Fokussierung und Konzentrationsfähigkeit
    • Tipps: Klären Sie mit Ihrem Mitarbeiter, woran es liegt, dass er leicht ablenkbar ist. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein:
      • Eventuell geht er ungeplant bzw. chaotisch vor und verzettelt sich. In diesem Fall hilft ein Denken in Projekten, wie es die Methode Getting Things Done schult. Dazu wird jede größere Aufgabe zu einem Projekt, das anschließend Schritt für Schritt abgearbeitet wird.
      • Oder sein Energiemanagement ist optimierbar. Vielleicht macht er zu wenige Pausen oder seine Pausen an der falschen Stelle. Beispielsweise ist es hilfreich, 1-2 Stunden an einer Aufgabe dran zu bleiben und sich dann eine Pause von etwa 15 Minuten zu gönnen.
      • Vielleicht besitzt seine Prioritätensetzung Spielraum nach oben. Hilfreich wäre hier, wichtige Aufgaben gleich am Morgen anzugehen und in Phasen, in denen die Konzentration abflacht, weniger wichtige Aufgaben zu erledigen.
      • Oder er sollte ganz pragmatisch Störquellen ausschalten. Hierbei hilft die Pomodoro-Technique, die nahe legt, interne Störungen, beispielweise anstehende Besorgungen, auf ein Blatt Papier zu schreiben und anschließend mit einem befreiten Kopf weiterzuarbeiten.
  • Belastbarkeit und Umgang mit Einsamkeit
    • Tipp: Auch hier hilft die Einrichtung eines Chatrooms und die ausdrückliche Ermunterung, diesen zu nutzen, auch um Sorgen bezüglich der aktuellen Corona-Krise, Koch- oder Erziehungstipps auszutauschen. Und was das Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeiter angeht helfen die aus Scrum bekannten Dailys: Einmal täglich etwa 10 Minuten mit dem Chef telefonieren, um zu klären, was heute ansteht und wo Hilfe benötigt wird. Nicht aus Kontrolle, sondern aus Fürsorge.
  • Kommunikations- und Kontaktfähigkeit
    • Tipp: Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern, welche Themen per E-Mail geklärt werden können und welche nicht. Die Grundregel lautet: Komplizierte oder konflikthafte Themen mindestens per Telefon. Einfache Informationen gehen gut per E-Mail.

Diese einfachen Tipps sollten fürs erste helfen, sowohl zu Effektivierung Ihrer Mitarbeiter, als auch um Ärger zwischen Führungskräften und Mitarbeitern zu vermeiden.

In ein paar Wochen werden wir wissen, wie es weitergeht. Bestenfalls ziehen wir aus dem Projekt “Staatlich verordnetes Homeoffice” wertvolle Erkenntnisse darüber, was funktioniert und was nicht und wie wir mit Schwierigkeiten im Homeoffice umgehen wollen. Erfahrungen, die wir andernfalls nicht hätten.

Für Vertiefungen bieten sich Ein-Tages-Seminare an, auch zur Aufarbeitung Ihrer Erfahrungen, oder – in Zeiten von Corona – Telefon-Coachings unter 0911/7662641 oder zur Terminvereinbarung info@m-huebler.de.