Turbulente Zeiten verlangen Führungskräften und Mitarbeiter*innen eine Menge ab. In diesem Kontext wird häufig von Fähigkeiten und Kompetenzen gesprochen, die Mitarbeiter*innen mitbringen sollten, sogenannte Future-Skills, oft auch von einem digitalen Mindset.
Worüber seltener gesprochen wird, sind Tugenden, vielleicht weil der Begriff altmodisch anmutet. Oder auch, weil Tugenden schlechter zu greifen und messen sind als Kompetenzen. Dabei sind alte Konzepte nicht per se falsch, sondern sollten eher an moderne Zeiten angepasst werden. Die Führungskraft als Vorbild und Autorität beispielsweise ist nicht das gleiche Vorbild und die gleiche Autorität wie vor 50 Jahren. Dennoch gibt es gerade in Krisenzeiten eine Renaissance des Vorbilds und der Stärke auf der Führungsebene. Die neue Autorität ist jedoch nicht mehr unverrückbar, sondern darf und soll diskutiert werden. Und dennoch ist es wichtig, dass da ein Mensch ist, der für etwas steht.
Dem gleichen Prinzip folgen Tugenden, die in großen Teilen auf die griechischen Stoiker zurückgehen. Im Vergleich zu Fähigkeiten und Kompetenzen wie Selbstmanagement, Ergebnisorientierung, Veränderungsbereitschaft oder Empathie sind Tugenden eher eine Voraussetzung für ein gutes Miteinander und eine gute Zusammenarbeit. Während beispielsweise Empathie Mitarbeiter*innen hilft, sich auch auf Distanz in ihre Kolleg*innen gedanklich hinein zu versetzen, braucht es die Tugenden Weitsicht, um zu wissen, wie meine Handlungen bei anderen ankommen, Besonnenheit, um zuerst einmal zur Ruhe zu kommen und damit der Empathie den Boden zu bereiten und ein Gespür für Gerechtigkeit, um abzuschätzen, ob jemand etwas als unfair empfinden könnte.
Die wichtigsten Tugenden lauten:
- Neugier, um über den Tellerrand zu blicken und Bekanntes zu überwinden,
- Mut, um das Richtige zu tun, dabei über eigene Bedenken hinwegzusehen und eventuell auftretende eigene Nachteile in Kauf zu nehmen,
- Selbstbeherrschung, Besonnenheit, Bescheidenheit, Demut und Nachsicht, um in schwierigen Situationen angemessen zu reagieren.
- Weisheit und innere Reife, um Entscheidungen in Ruhe zu treffen,
- Weitsicht, um die Folgen des eigenen Handelns vorweg zu nehmen.
- Gespür für Gerechtigkeit, um mit anderen gut umzugehen, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und sie anständig zu behandeln,
- Güte, Großmut und Hilfsbereitschaft, um insbesondere unter Belastungen die Solidarität untereinander zu fördern.
- Sanftheit und Geduld, um auch ohne den Einsatz von Macht Ziele zu erreichen.
Das Wissen um solche Tugenden kann Führungskräften und Teamleitungen dabei helfen, ihre Wahrnehmung dafür zu schärfen, was ihre Teams und Abteilungen benötigen und was eventuell fehlt, insbesondere im Umgang miteinander unter Stress und Zeitdruck.