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Fragetechniken und die Haltung echten Zuhörens

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Im Kontext einer Positiven Führung geht es in meinen Seminaren regelmäßig um den Aspekt der Wertschätzung für Mitarbeiter*innen. Eine der besten Möglichkeiten, einer Person Wertschätzung zu zeigen ist das Signal, sie ernst zu nehmen, indem ich mir deren Probleme und Bedürfnisse anhöre. Doch wie geht das eigentlich, gutes, echtes Zuhören?

Zum einen gehört dazu ein dickes Paket clever eingesetzter Fragetechniken:

Der Einsatz von Fragetechniken kann jedoch schnell inquisitorisch werden, wenn daraus Verhörtechniken werden. Deshalb sollte zum Einsatz von Fragen eine positive Zuhör-Haltung gehören. Die folgende Checkliste hilft dabei, sich seine eigene Haltung beim Zuhören bewusst zu machen:

Die Pro-Seite:

  • Sie haben ein echtes Interesse an der Person und Ihren Äußerungen.
  • Sie lassen die Person ausreden.
  • Sie versuchen, zu verstehen, worum es wirklich geht.
  • Sie achten auf Signale in der Körpersprache.
  • Sie fragen nach, um das Geäußerte besser zu verstehen.
  • Sie nehmen sich die Zeit, die es braucht.
  • Sie fragen nach, bis Sie das Gehörte richtig verstanden haben.
  • Sie halten Kritik aus, ohne postwendend etwas zu entgegnen oder sich zu rechtfertigen.
  • Sie laden Ihr Gegenüber dazu ein, über Gefühle zu sprechen.
  • Sie respektieren Ihr Gegenüber ohne Bewertung.

Die Kontra-Seite:

  • Sie denken bereits während dem Zuhören über eine Antwort nach.
  • Sie geben Ratschläge aufgrund Ihrer Expertise, um Ihrem Gegenüber zu helfen.
  • Sie stellen Vergleiche an, um Ihrem Gegenüber zu zeigen, dass er oder sie nicht alleine mit seinem Problem ist.
  • Sie wissen oft schon was kommt. Deshalb lassen sich viele Gespräche abkürzen.
  • Sie bieten Standardlösungen für ein Problem an.
  • Manche Probleme sind leider hausgemacht.
  • Bei manchen Gesprächen lassen sich parallel andere Dinge erledigen, um Zeit zu sparen oder weil es langweilig ist.
  • Manchmal reicht es aus, so zu tun als würde man zuhören.
  • Es gibt Zeitgenoss*innen, die immer wieder mit den gleichen Beschwerden kommen. Denen lässt sich im Grunde nicht helfen.
  • Wenn jemand sehr aufgebracht ist und aus seiner negativen Trance nicht herauskommt, kann es helfen, ihn mit einem anderen Thema abzulenken.
  • Sie halten mit eigenen Emotionen hinter’m Berg.

Siehe auch: https://www.m-huebler.de/jetzt-hoer-mir-doch-mal-zu

Weiterentwicklung durch Respekt

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Wir leben derzeit in einer Welt, die dadurch geprägt ist, es uns leicht zu machen. Der Philosoph Byung-Chul Han spricht sogar von einer Palliativ-Gesellschaft: Wir vermeiden Ängste und Schmerzen wo immer es möglich ist:

  • Sind wir müde, trinken wir einen Kaffee.
  • Schmerzt der Kopf, gehen wir nicht eine Runde spazieren oder ruhen uns aus, sondern werfen eine Schmerztablette ein.
  • Der Tod als Zeichen unserer Vergänglichkeit und damit des größten anzunehmenden Schmerzes findet kaum noch in den eigenen vier Wänden statt, sondern in Heimen und Krankenhäusern.
  • Passt jungen Menschen der Job nicht mehr, wechseln sie.
  • Und Unternehmen haben Angst davor, zu viel von Bewerber*innen zu verlangen (Stichwort Personalmangel), weil sich diese dann für ein anderes Unternehmen entscheiden.

Dabei fällt mir die Diskussion um eine Cancel-Culture ein, in der viele Menschen meinen, nicht mehr alles sagen zu dürfen. Vielleicht ist es ganz anders. Vielleicht können wir nach wie vor alles sagen, bekommen jedoch

  1. mehr Gegenwind über digitale Plattformen,
  2. trauen sich mehr Menschen, dagegen zu halten, und
  3. haben wir vor Kritik mehr Angst als früher, weil wir Gegenwind nicht mehr gewohnt sind.

All das ist gelinde gesagt schade. Denn Weiterentwicklung findet nicht nur statt, wenn wir positiv miteinander kommunizieren. Im Gegenteil: Eine zu positive Kommunikation ist falsch verstandene Liebe. Ist mir jemand wirklich wichtig, fordere ich ihn heraus. Ich gebe ihm oder ihr ein kritisches Feedback, an dem er oder sie sich weiterentwickeln kann.

Ich persönlich bin dahin gelangt, wo ich heute stehe, weil ich in meinem Leben sehr viel Respekt hatte und immer noch habe. Respekt ist sozusagen der freundliche Bruder der Angst. Aus Respekt bereite ich mich auf jeden Auftrag genau vor, weil Ärzt*innen anders ticken als Amtsleitungen einer Stadtverwaltung. Es gibt in meinem Beruf kein „One Size Fits All“. Sollte wieder Erwarten etwas schief gehen, ist das schmerzhaft. Es wäre jedoch dumm, aus einem Scheitern nichts zu lernen.

Weiterentwicklung braucht daher nicht nur ein positives Umfeld, in dem wir angstfrei diskutieren können, sondern auch genügend Reibung und einen gesunden Respekt voreinander, sowie den Respekt vor der Wichtigkeit von Aufgaben und Projekten.

Respekt wird mittlerweile mehr als Respekt für etwas (externer Link) dargestellt: Respekt für die Rechte anderer im Sinne von Zusammenhalt und Solidarität. Der Respekt vor etwas beinhaltet jedoch auch eine Angst-Komponente: Ich habe Respekt vor meinem/r Chef*in oder einer schwierigen Aufgabe. Wer als Surfer*in keinen Respekt vor hohen Wellen hat, sollte es besser bleiben lassen. Diese Art des Respekts geriet in den letzten Jahren ein wenig in Vergessenheit.

Wer jedoch keinen Respekt vor einem möglichen Scheitern hat, strengt sich nicht an. Deshalb braucht es auch klare Leitlinien in Organisationen und Führung, als Orientierung um Erwartungen zu verdeutlichen. Nur wenn definiert wird, was eine gute Arbeit und eine gute Zusammenarbeit bedeuten, kann diese auch angestrebt und gemessen werden. Eine gute Orientierung dafür bietet ein Wertekompass, den ich hier detailliert beschreibe.

Die aktuelle Zerrissenheit vieler Führungskräfte

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Haben wir mittlerweile einen organisationsübergreifenden Konsens, positiv zu führen, d.h. u.a. mit Vertrauen, Optimismus und Wertschätzung? Man stelle sich nur einmal vor, ich würde auf Linkedin propagieren, Mitarbeiter*innen zu strafen und zu sanktionieren, weil damit auch gute Ergebnisse erreicht werden. Ich hätte vermutllich eine „nette“, mittelgroße Diskussion an der digitalen Backe.

Der Weg zu einer Positiven Führungshaltung ist jedoch für viele Führungskräfte nicht einfach. Dies liegt zum einen an ihrer eigenen Sozialisation. Wer selbst mit strengen Chefs aufwuchs, tut sich oft schwer, nun einen offeneren Führungsstil zu praktizieren – auch wenn Daniel Goleman mit einer emotional kompetenten Führung Ende der 90er Jahre bereits in ähnliche Gefilde vorstieß.

Zum anderen liegt es aber auch an systemischen Umständen. Wer von Führungskräften verlangt, für seine Mitarbeiter*innen jederzeit ein offenes Ohr zu haben, sollte Strukturen schaffen, die eine solche Führung ermöglichen und nicht Führungskräften stattdessen immer mehr Aufgaben aufbürden. Geschieht dies nicht, passieren paradoxe Dinge: Führungskräfte signalisieren dann, für ihre Mitarbeiter*innen jederzeit da zu sein – es wäre ein moralisches Tabu das Gegenteil zu behaupten. Wenn es jedoch darauf ankommt, kippt die Stimmung und sie haben dann doch keine Zeit. Wie schaffen es Organisationen ein solches Green-Washing der Führungskommunikation zu überwinden?

Was die inneren Haltungen der Führungskräfte angeht, brauchen wir vermutlich lediglich Geduld. Ich hatte neulich ein Seminar mit jungen Ärzt*innen. Wer noch das alte Bild von Halbgött*innen in weiß vor Augen hat, kann dieses getrost unter U wie Überwunden abheften. Abgehakt ist es damit noch lange nicht. Strukturen sind mächtig. Und in der Not setzen sich dann doch wieder die alten Hierarchien in Kliniken durch und fressen die guten Absichten zum Frühstück. Es ist daher unabdingbar, nicht nur Führungskulturen zu verändern, am besten mit Inhouse-Seminaren für die gesamte Führungsriege, sondern diese auch in Organisationen, bspw. im Rahmen eines Leitbilds zu verankern.

Power to the people

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Konfliktmoderations-Workshop

Konflikte in einer Gruppe tauchen meistens auf, wenn unterschiedliche Meinungen über das Erreichen eines Ziels nicht nur logischer Natur sind, sondern auch zu emotionalen Verwerfungen führen. Den Gruppenmitgliedern fällt es dann schwer, die Sichtweisen anderer nachzuvollziehen. Oft fühlen sie sich auch persönlich angegriffen oder sehen die Erfüllung ihrer Bedürfnisse bedroht. Damit Gruppenkonflikte nicht eskalieren und stattdessen die Schwarmintelligenz einer Gruppe optimal genutzt wird, ist es wichtig, unterschiedliche Ziele, Bedürfnisse und potentielle emotionale Trigger zu klären. Dies geschieht am besten im Rahmen einer Konfliktmoderation, um den Konflikt prozessorientiert zu lösen. Dieser Workshop vermittelt Ihnen die wichtigsten Elemente und Methoden einer klar strukturierten Konfliktmoderation jenseits klassischer Kartenabfragen. Er eignet sich insbesondere für Projektleitungen, agile Teams, Wohngruppen, Vereine oder politische Gruppen.

Seminarinhalte

  • Mit welchen Einstellungen und Haltungen biete ich als Moderator*in einer Gruppe Sicherheit und Struktur?
  • Wie lenke ich als Moderation mit Fragetechniken, ohne zu direktiv zu sein?
  • Welches Moderationshandwerkszeug setze ich gezielt ein, um die Hintergründe in einem Gruppenkonflikt herauszuarbeiten und den Konflikt strukturiert zu lösen?
  • Welche Methoden kann ich nutzen, um von einem Konflikt wieder in ein effektiv-kreatives Arbeiten zu kommen?

Praxisbezug des Seminars

Die Moderationsmethoden werden in dem Seminar nicht nur vorgestellt, sondern an typischen Teamthemen (gegenseitige Unterstützung, Umgang mit Belastungen, ungleiche Aufgabenverteilung, unterschiedliche Arbeitsauffassung, usw.) direkt angewandt.

Dauer

Das Seminar dauert je nach Bedarf 1-2 Tage bei einer Gruppengröße von maximal 12 Personen.

Ihr Seminarleiter

Michael Hübler ist seit 2006 selbständig tätig als Führungstrainer, Mediator, Coach, Moderator und Buchautor. Neben reinen Train-the-Trainer-Seminaren zum Thema Moderation fließen Moderationstechniken in beinahe alle seiner Trainings ein. Neben der Vermittlung klassischer Moderationsansätze für Meetings und Kreativität begleitet er ebenso Veränderungsprozesse in Teams und moderiert Konflikte in großen und kleinen Gruppen.

Was wollen die eigentlich, die jungen Leute?

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So lautete neulich eine Frage in einem Führungsseminar. Nein, eigentlich taucht diese Frage ständig auf. In verschiedenen Facetten:

  • Machen ihre Ausbildung und suchen sich dann was Neues.
  • Gehen Konflikten aus dem Weg und schreiben stattdessen 50 Wut-Bewerbungen.
  • Bekommen eine Stelle mit Führungsverantwortung angeboten und lehnen dankend ab.

Ja, was wollen die eigentlich?

Das System beeinflusst den Menschen mehr als anders herum

Zuallererst: Die Generationenfrage ist vermutlich viel weniger eine psychologische als eine systemische Frage. Ich durfte im Rahmen verschiedener Lehraufträge in den letzten 17 Jahren häufig mit jungen Menschen zusammen arbeiten und komme daher zu zwei Erkenntnissen:

  1. Es gibt immer solche und solche. Und meist gibt es auch noch andere.
  2. Junge Menschen sind heutzutage nicht respektloser als früher, sofern man sie selbst mit Respekt behandelt.

Aber Hand auf Herz: Wenn wir Älteren in einer Zeit aufgewachsen wären, in der wir uns gute Jobs hätten aussuchen können, hätten wir das etwas nicht zu unserem Vorteil genutzt? Wenn nicht, wären wir schön blöd gewesen. Der Mensch hat sich vermutlich nicht wirklich verändert. Doch das System hat sich durch den Personalmangel und das Homeoffice enorm verändert.

Wogegen rebellieren?

Wer etwas wollen will, muss auch wissen, was er oder sie nicht will. Doch wogegen rebellieren? Wer sich Ratgeber aus den 90ern anschaut, liest dort: Sie müssen nicht den Erwartungen ihrer Eltern entsprechen! Folgen Sie ihren eigenen Träumen!

Damals war Widerstand noch einfach: Lerne Nein zu sagen.

Doch wie schaut das heute aus, wenn Eltern ihren Kindern sagen: „Du kannst alles werden. Ich will dir nichts vorschreiben. Ich will nur, dass du glücklich (!!!) wirst.“

„Na, herzlichen Dank. Jetzt wähle ich nicht nur einen falschen Job aus, sondern bin sogar schuld daran, unglücklich zu werden.“

Junge Menschen haben es heutzutage weniger mit Erwartungen als vielmehr mit Unerwartungen zu tun. Dagegen jedoch lässt sich nicht rebellieren.

Und dann ist da noch die Algorithmisierung des Lebens. Wer sich in einer digital-sozialen Netzwerkblase befindet, folgt entweder dem Mainstream oder erntet einen Shitstorm. Intelligente Zwischentöne sind da eher unerwünscht.

Dabei sind Rebellionen meist ein wichtiger Zwischenschritt zur Entwicklung eigener Träume und Visionen.

Träume und Visionen

Was also bleibt übrig von der Frage: Was wollen die eigentlich?

Materialismus ist out. Familie, Haus, Auto, Carport und Reisen? Das scheint für viele junge Menschen keinen Reiz mehr auszuüben. Ein Auto brauche ich nicht mehr. Es gibt schließlich Carsharing. Kinder sind eine Umweltsünde und ein Haus kann ich mir nicht mehr leisten. Warum also einen Großteil seiner Zeit mit Arbeit verbringen, wenn die Welt sowieso bald untergeht? An dieser Stelle geht ein großer Dank an all die Weltuntergangsfilme aus dem Hause Hollywood. Und seit wann gibt es eigentlich den Begriff der Flugscham?

Wenn Materialismus out ist, wie wäre es dann mit Idealismus? Tatsächlich befindet sich derzeit eine Menge Idealismus in der Welt:

  • Gleichheit, Gerechtigkeit, Anti-Rassismus und Diversität
  • Umweltfreundlichkeit und nachhaltige Produktionen
  • für oder gegen Waffenlieferungen sein
  • für oder gegen wahlweise Israel oder Palästina sein
  • „follow the science“ versus „follow the bauchgefühl“
  • usw.

All das sind idealistische oder auch moralische Diskussionen, weit weg vom klassischen materiellen Denken. Doch leider ist Idealismus schwerer greifbar als Materielles. Karriereleitern haben Sprossen. Idealistische Sichtweisen sind lediglich eine Art Kompass.

Dennoch könnte es ein Weg zu sein, jungen, idealistischen Menschen an ihrem Idealismus zu packen:

  • Führungskräfte haben mehr Einfluss auf die Wertehaltungen und die Ausrichtung eines Unternehmens als einfache Mitarbeiter*innen. Eine Führungsposition muss ich mir jedoch verdienen.
  • Wer Einfluss ausüben will braucht Netzwerke. Häufige Unternehmenswechsel helfen hier eher weniger.
  • Um ernst genommen zu werden, braucht es Engagement.

Einen Versuch wäre es wert.

Aber wie gesagt: Es gibt solche, solche und ein paar andere auch noch.