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Gedankenhygiene betreiben

Bild von DilokaStudio auf Freepik

Wir können uns sowohl positiv als auch negativ hypnotisieren. Welchen Weg wir wählen hängt weitgehend von unseren Gedanken ab. Als meine Kinder klein waren, war bei ihnen im Kindergarten der Begriff „Scheiße“ verboten. Als verantwortungsvoller Vater erklärte ich daraufhin meinen Kindern den Unterschied zwischen „Mist“ und „Scheiße“: „Wenn ihr eine Tasse kaputt macht, ist das Mist. Wenn ihr jedoch einen Kakao auf meinen Laptop verschüttet ist das Scheiße.“

Wir wählen nicht nur bestimmte Gedanken und Begriffe aus. An diesen Begriffen hängen durch die Vernetzung in unserem Gehirn ganze Gedanken- und Gefühlswelten. Wenn wir von Problemen und Konflikten sprechen, merken wir sofort, wie unsere Stimmung negativ wird. Sprechen wir jedoch von Aufgaben, Projekten, Chancen oder Herausforderungen, wirkt sich dies meist positiv auf unser Gemüt aus. In meinen Seminaren führe ich dazu ein Gedankenexperiment durch, dass ich mir von dem Hypnosystemiker Gunther Schmidt ausleihe – hier in einer Schnellversion:

  • Denken Sie an ein Problem aus der letzten Woche und achten darauf, wie es Ihnen damit körperlich geht.
  • Tauschen Sie nun den Begriff des Problems gegen den Begriff der Aufgabe aus. Wie geht es Ihnen körperlich damit?
  • Tauschen als als nächstes den Begriff der Aufgabe gegen den Begriff der Herausforderung aus. Wie geht es Ihnen damit?

Das Fazit ist immer ähnlich:

  1. Das Austauschen ist für 11 von 12 Personen emotional angenehmer, weil Probleme negativ besetzt sind. Meist ist ein Problem dabei, das sich nicht so einfach austauschen lässt. Die „Täuschung“ erscheint zu einfach.
  2. Das Austauschen gegen den Begriff der Aufgabe versachlicht das Thema und macht es damit handhabbarer. Bei vielen entsteht im Gehirn spontan eine Art Projektplan. Aufgaben passen meist – nicht immer – besser in den beruflichen Bereich und hängen eng mit Erwartungen und Rollen in der Arbeit zusammen.
  3. Das Austauschen gegen den Begriff der Herausforderung kann sowohl in privaten als auch beruflichen Bereichen passen. Manche Teilnehmer*innen wehren sich gegen den Begriff der Herausforderung im beruflichen Bereich, weil dieser in den letzten Jahren zu inflationär eingesetzt wurde: „Sehen Sie es als Chance! Wir stehen vor einer großen Herausforderung!“ Oftmals sollen damit reale Probleme verdeckt werden, wogegen sich unser Gehirn wehrt. Wenn es dennoch funktioniert, berichten die meisten von einem inneren Motivationsschub.

Es geht also nicht um ein simples „Think positiv!“ oder um ein magisches Austauschen von Begriffen, wie dies auf manchen Blog-Seiten propagiert wird. Um im Bild zu bleiben: Es geht nicht darum, zu einem klinisch sauberen Gehirn zu kommen, sondern darum, sich bewusst zu machen, wann ich mir übertriebene Sorgen mache und wann es angebracht ist, sich Sorgen zu machen. Es geht also um ein real angepasstes „Think positiv!“.