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Führung mit Optimismus, Hoffnung, Resilienz, Pragmatismus und Umgang mit (Dauer-) Belastungen

Seit einigen Jahren befinden sich Führungskräfte und Teams aufgrund hoher Fluktuation, Unterbesetzungen und überbordender Bürokratie zunehmend am Limit oder bereits darüber hinaus. Das Standardrepertoire zur Meisterung von Krisen wie Durchhalteparolen, Verständnis zeigen oder Aufgaben reorganisieren ist bereits ausgereizt, reicht jedoch häufig nicht aus. Die Stimmung ist in vielen Unternehmen im Keller. Was also tun in einer solchen Zeit? Einige Führungskräfte versuchen die Fahne mit Optimismus hochzuhalten. Der Optimismus hat jedoch dort seine Grenze, wo Informationen für eine bessere Zukunft fehlen. Vor dem Hintergrund eines leergefegten Mitarbeitermarkts optimistisch zu erzählen, dass das eigene Team bald wieder vollständig sein wird, glaubt kaum noch jemand. Damit verspielen Führungskräfte letztlich sogar wertvolles Vertrauen. An dieser Stelle kommt ein Begriff ins Spiel, der lange Zeit in unserem Leben kaum eine Rolle spielte.

Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft bietet in einer postoptimistischen Welt einen Rettungsanker, um trotz berechtigter Zweifel die eigene Zuversicht nicht zu verlieren und der Apathie und Demotivation entgegen zu wirken. Denn der Umkehrschluss des Spruches „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ lautet „Solange wir Hoffnung haben – wie auch immer diese aussieht – geht es weiter.“ Gleichzeitig helfen uns Hoffnungen nicht nur, aktuelle Krisen besser durchzustehen, sondern können auch als hoffnungsvolle Utopien in die Arbeitswelt von morgen weisen.

Da Hoffnungen allerdings erst in der Zukunft verwirklicht werden, lässt sich damit alleine nicht erfolgreich in der Gegenwart führen. Deshalb braucht es als Ergänzung eine tragfähige Resilienz, um Belastungen auszuhalten, pragmatische Ansätze, um improvisierend mit aktuellen Krisen umzugehen und Führungskräfte, die wissen, wie sie die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter*innen durch einen moderierten und mediativen Austausch einbinden und weiterentwickeln. In einer Welt, in der individuelle Bedürfnisse oft wichtiger sind als gemeinsame Utopien, gilt es Bindung, Zusammenhalt, Solidarität und gegenseitige Unterstützung als Wir-Resilienz wieder neu anzugehen.

Mit diesen drei Bausteinen Wir-Resilienz, pragmatischen Improvisationen und Hoffnung halten Sie nicht weniger als ein praktikables Konzept in den Händen, um Krisen nicht nur zu überstehen, sondern Ihre Teams und Abteilungen auch langfristig krisenfest zu machen.

Mein Seminar dazu finden Sie hier.

Transaktionsanalyse zur Kundenmanipulation?

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Es klingelt. Ich mache die Tür auf. Da ich im 3. Stock wohne, keucht es hörbar langsam nach oben. In Sichtweite meldet sich der Vertriebler eines Telekommunikationsanbieters meines Misstrauens. Er stöhnt darüber, dass er den ganzen Tag schon so viele Treppen steigen musste und deshalb aus der Puste ist. Obwohl er eigentlich ganz fit aussieht. Nach kurzer Klärung, wer er ist zwischen den Etagen, bittet er demütig und in leicht gebückter Haltung darum, nach oben kommen zu dürfen. Was seltsam ist, weil ich ihm nicht verboten hatte, auf meine Ebene zu kommen. Nachdem ich ihm freundlich, aber bestimmt mitteilte, dass bei meinem Anschluss derzeit alles in Ordnung ist und mein Vertrag vor kurzem aktualisiert wurde, schleicht er von dannen.

Später bringt mich sein merkwürdiges Verhalten zum Nachdenken. Wollte er mich manipulieren? Dieses mal jedoch mit einer anderen als der mir bislang bekannten Masche einer unangenehmen Aufdringlichkeit? Oder bin ich mal wieder überkritisch?

In der Transaktionsanalyse bzw. dem Dramadreieck gibt es (u.a.) die Opfer- und Retter-Rollen. Opfer werfen den Köder „Bitte hilf mir“ aus:

  • Die Welt ist schlimm (so viele Treppen).
  • Ich bin schwach (keuchen, stöhnen, ich habe ein schweres Leben).
  • Aber du kannst mich retten (Könnte ich Ihre Kundenummer haben?).

Trifft dieser Köder persönlichkeitsstrukturell auf eine Retter-Person, haben sich die Passenden gefunden:

  • Natürlich helfe ich dir, du Armer. Du hast wirklich einen schweren Job.
  • Komm doch auf meine Ebene, damit wir auf Augenhöhe sprechen können.
  • Natürlich suche ich dir schnell meine Kundennummer heraus.
  • Natürlich suche ich gleich nach meinem Vertrag, ob der wirklich noch aktuell ist.

Eine Manipulation findet dann statt, wenn wir das Gefühl haben, in eine Rolle – in diesem Fall die Retter-Rolle – gedrängt zu werden und auf eine bestimmte Art antworten zu müssen, damit unser Gegenüber nicht beleidigt ist.

Unser Alltag ist voll von solchen Spielchen:

Opfer-RolleRetter-Rolle
Schmeckt’s euch?Ja, sehr gut. Wie immer.
Geht es dir gut?Mir geht es gut. Und dir?
Ich mache das gut, oder?Ja, super.
Die Aufgabe ist sinnlos.Da hast du recht.
Ich kann das nicht.Komm’, ich helfe dir.
Schau, was ich heute Tolles gekauft habe.Du hast einen wirklich guten Geschmack.

Habe ich das Gefühl, frei antworten zu können, bspw. „Ja, es schmeckt. Aber ich würde trotzdem gerne nachsalzen“ ist keine Manipulation im Spiel. Nur liegt es in der Natur der Sache, dass ein Nein bei einem Vertriebler an der Haustür im Normalfall nicht gut ankommt. Dumm nur, dass ich persönlich im ersten Moment zwar empfänglich für solche Spielchen bin, wie vermutlich die meisten. Allerdings reagiere ich im zweiten Moment extrem allergisch auf solche Angebote, die ich dann dankend ablehne, egal ob es dazu bewusst oder unbewusst kam.

Halbtages-Power-Seminar: Konfliktdynamiken verstehen und lösen

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Zur Lösung betrieblicher Konflikte ist es zwar hilfreich, einen konstruktiven Umgang mit einem bestimmten konfliktförderlichen Verhalten wie Nörgeln, Jammern oder Moralisieren zu lernen. Spannender und nachhaltiger ist jedoch die Klärung von Konfliktdynamiken, da in Konflikten immer mindestens zwei Parteien beteiligt sind.

Inhalte:

  • Welches Verhalten meiner Mitarbeiter*innen nervt mich am meisten und wie gehe ich am besten damit um?
  • Welche typischen konflikthaften Dynamiken entstehen zwischen verschiedenen Mitarbeiter*innen in Stresssituationen und wie lassen sich diese konstruktiv lösen?

Methoden:

Neuronale Wenn-Dann-Ketten, Schattenanteile, Transaktionsanalyse, 3-Gehirne-Gesprächsleitfaden, Fragetechniken, Mediations-U

Kosten: 69 € (zzgl. MWSt.)

Zeit und Ort: 29.04.2025, 9.00-12.00 Uhr, online

Anmeldung: info@m-huebler.de, Stichwort: Konfliktdynamiken

Was Führungskräfte von Muhammed Ali lernen können

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Kurz zu den Fakten: Am 30.10.1974 forderte Muhammad Ali (34) George Foreman (25) um die Krone im Schwergewicht heraus. Ali war nicht nur beinahe 10 Jahre älter, sondern hatte zudem seine letzten Kämpfe verloren. Er hatte zwar nach wie einen klangvollen Namen mit einer großen Fangemeinde. Foreman war jedoch als Verteidiger der haushohe Favorit. In seinen letzten Kämpfen kam keiner seiner Gegner über die 5. Runde hinaus. Was konnte Ali dem entgegen setzen?

Bringen wir es gleich auf den Punkt:

  1. Eine Taktik, mit der niemand rechnete.
  2. Ausdauer, die selbst den stärksten Gegner zermürbt.
  3. Provokationen, um sein Gegenüber aus der Reserve zu locken.

Taktik

Ali ließ sich von Beginn an von Foreman nicht nur in die Seile treiben. Er ließ sich sogar darin fallen. Damit das gelang, wies er seinen Trainer an, die Seile weicher zu spannen als normal. Ob das heute noch erlaubt ist, weiß ich nicht. Dadurch konnte er sich jedenfalls so stark zurücklehnen, dass Foreman nicht an seinen Kopf kam und von Runde zu Runde ungeduldiger wurde. Er selbst unternahm kaum Anstrengungen für eigene Angriffe. Stattdessen setzte er zu 100% auf Verteidigung.

Ausdauer

Durch seine Seil-Taktik sparte er extrem viel Energie. Während sich Foreman aufarbeitete, einige Luftschläge landete und einmal sogar durch den eigenen Schwung beinahe aus dem Ring fiel, teilte sich Ali seine Kräfte ein und konnte auch in späteren Runden noch durch den Ring tänzeln. Während Foreman auf Schnelligkeit und Stärke setzte, setzte Ali auf Ausdauer.

Provokationen

Während sich Foreman bemühte, Ali zu treffen – was ihm jedoch selten gelang – rief ihm dieser immer wieder zu, dass er sich doch endlich mal anstrengen solle. Man könnte das unfair nennen oder einfach clever. Es lohnt sich definitiv, sich die lange Version des Kampfes auf Youtube anzusehen, um zu beobachten, wie Foreman Minute für Minute zuerst frustrierter und später müder und unkontrollierter wird, bis Ali kurz vor dem Ende der 8. Runde aus seiner Deckung heraus mit einigen gezielten Treffern Foreman zu Boden bringt und dieser nicht mehr früh genug wieder aufsteht.

Was lässt sich daraus lernen?

  1. Ausdauer statt Kraft und Schnelligkeit: Manche Situationen lassen sich schnell lösen. Andere erfordern Geduld, Beharrlichkeit und Ausdauer. Krisen, Unterbesetzung, Konflikte oder der Umgang mit einem schwierigen Mitarbeiter erfordern keine Sprints, sondern einen Langstreckenlauf. Wenn sich Probleme nicht schnell lösen lassen, gilt es eben dran zu bleiben.
  2. Ungewöhnliche Problemlösungen: Einstein sagte einmal: Probleme lassen sich nicht mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Entsprechend sollten wir uns in neuen Situationen neue Taktiken ausdenken, die vielleicht unorthodox sind, aber dennoch – oder gerade deshalb – zum Erfolg führen.
  3. Humor: Gerade in Krisen oder unter Dauerbelastungen sollten wir unseren Humor nicht verlieren.

Deep Canvassing in der Führung – Verständnis, Nahbarkeit und Perspektivenoffenheit

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Canvassing kommt vom Englischen „canvas“, bedeutet so viel wie „auf eine Leinwand werfen“ und wird für die Kunden- oder Wählergewinnung an der Haustür genutzt. Ein Deep Canvassing als Gesprächstechnik – wie es die Linken im vergangenen Bundestagswahlkampf nutzten – zielt darauf ab, tief verwurzelte Meinungen und Vorurteile durch empathische, persönliche Gespräche zu verändern. Anders als klassische Wahlkampagnen, bei denen kurz und knapp für eine Partei geworben wird, geht es beim Deep Canvassing darum, Menschen wirklich zuzuhören, ihre Erfahrungen zu verstehen und in einer respektvollen Diskussion Brücken zu bauen. Dabei werden oft Fragen gestellt wie: „Welche Erfahrungen prägten Ihre Sicht auf dieses Thema nachhaltig?“, „Wie geht es Ihnen, wenn Sie darüber nachdenken?“ oder „Was ärgert Sie am meisten?“. Es geht also nicht darum, die Menschen von der eigenen Meinung zu überzeugen, sondern darum, dass sie gesehen und gehört werden. Das Deep Canvassing gleicht damit dem mediativen Ansatz, die Sichtweisen, Emotionen und Bedürfnisse einer Person unvoreingenommen verstehen zu wollen, ohne ein konkretes Ziel zu verfolgen. Erst dadurch wird es möglich, dass das Gegenüber über die eigene Einstellung zu einem bestimmten Thema nachdenkt, ohne in einen Verteidigungsmodus zu kommen und neue Perspektiven zuzulassen.

Die Gesprächstechnik wurde erstmals in den 2010er Jahren von LGBTQ+-Aktivist*innen eingesetzt, um Vorurteile gegenüber gleichgeschlechtlichen Ehen abzubauen. Eine Studie von 2016 zeigte, dass tief verwurzelte Vorurteile abgebaut werden, indem sie emotionale und kognitive Prozesse anregen und dadurch Meinungsänderungen nicht nur möglich sind, sondern auch langfristig anhalten. Wenn es oftmals heißt, dass man mit Menschen mit derart fixen Meinungen nicht mehr reden kann, zeigt sich, dass Deep Canvassing eine Möglichkeit darstellt, eine mediative Brücke herzustellen und den Dialog zwischen unterschiedlichen Lagern trotz aller Vorbehalte dennoch wieder herzustellen.

Im Kern basiert Deep Canvassing auf drei Schlüsselprinzipien:

  1. Empathie: Statt Menschen zu belehren oder zu kritisieren, liegt der Fokus darauf, sie zu verstehen. Canvasser*innen stellen offene Fragen, die dazu ermutigen, eigene Erfahrungen zu teilen, mit dem Ziel, eine persönliche Verbindung herzustellen und Vertrauen aufzubauen.
  2. Eigene Erzählungen: Canvasser*innen erzählen oft eigene Geschichten, die nahbar und menschlich machen. Wer eigene, manchmal auch schwierige Erfahrungen mit anderen teilt, zeigt, dass die Welt nicht nur schwarz oder weiß ist, sondern es dort draußen eine Menge Grautöne gibt. Er zeigt sich zudem als Mensch mit eigenen Schwächen und fördert dadurch die Entstehung eines gegenseitigen Vertrauens.
  3. Reflexionsanregung: Die Gespräche regen dazu an, eigene Ansichten zu hinterfragen und eine neue Perspektive hinzuzugewinnen. Es geht dabei nicht darum, die Perspektive auszutauschen, sondern eine weitere Sichtweise als Möglichkeit zuzulassen. Es wird also niemand zu einer Meinungsänderung gedrängt. Stattdessen entsteht Raum für ein breiteres Denken, das Aufweichung vermeintlich alternativloser Meinungen und damit langfristig für eine Entwicklung.

Eine solche Herangehensweise lässt sich auch auf den Umgang mit schwierigen Mitarbeiter*innen übertragen:

  1. Empathie: „Wie bist du zu deiner Einstellung gekommen, dass dieses Projekt Mist ist? Was glaubst du, könnte alles schief laufen?“
  2. Eigene Erzählungen: „Wir kennen das wohl alle. Denken wir nur mal an das letzte Projekt. Da wäre es vielleicht klüger gewesen, wenn wir uns besser vorbereitet hätten, anstatt allzu optimistisch zu sein. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich letztes Jahr zu meinem Chef rennen und beichten musste, was alles nicht funktionierte. Nicht schön.“
  3. Reflexionsanregung: „Wenn wir möglichst viele Perspektiven einnehmen: Was ist alles denkbar? Lasst uns versuchen, all diese Möglichkeiten als real zu betrachten. Was sollten wir deiner und eurer aller Meinung nach tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt?“

Ein solcher Ablauf gleicht freilich beinahe einem erfolgreichen Changemanagement-Prozess. Die Nahbarkeit durch eigene Erzählungen könnte jedoch für das ein oder andere Team etwas Neues sein, das es Wert ist, ausprobiert zu werden. Gleichzeitig erhöht das parallele Mitdenken alternativer Perspektiven die Ambiguitätstoleranz aller Teammitglieder.

Quellen:

https://www.science.org/doi/10.1126/science.aad9713

https://www.freitag.de/autoren/nina-scholz/haustuerwahlkampf-wie-die-linke-erfolgreich-organizing-methoden-anwendet