Übung „Mit Rollen spielen“

Diese Übung soll Ihnen helfen, sich insbesondere als neue Führungskraft Ihre (insgeheimen) Aufgaben und Rollen zu verdeutlichen und gerade schwierige Rollen leichter anzueignen.

1. Ober- und Unterrollen: Um welche Ober- und Unterrollen handelt es sich. In einem Führungscoaching arbeiteten wir bspw. zu der Oberrolle Führungskraft die Unterrollen Leistungsträger, loyaler Angestellter, Beschützer, Fels in der Brandung, Dolmetscher (bei Veränderungen), Kumpel und Coach heraus. Diese Unterrollen ergeben sich sowohl aus eigenen Erwartungen an sich selbst, als auch aus Erwartungen von Mitarbeiter*innen sowie aus der Unternehmens- bzw. -Organisationssicht.

2. Klare (Unter-) Rollen: Welche Rollen stehen für sich, sind in sich stimmig oder leicht umzusetzen? Meist handelt es sich dabei um Rollen, die bereits klar definiert wurden, beispielsweise weil sie ein eindeutiger Teil des Aufgabenbereichs einer Führungskraft sind oder weil sie der eigenen Persönlichkeit entsprechen. Im besagten Beispiel waren dies die Rollen Kumpel, loyaler Angestellter und Leistungsträger. Der Kumpel ist für viele Führungskräfte, die intern aufgestiegen sind, eine Rolle, die sie bereits kennen und daher nicht mehr klarer definiert werden muss. Der Leistungsträger und Angestellte wird hingegen idR. von der Organisationsseite als eindeutige Erwartung definiert.

3. Unklare (Unter-) Rollen: Welche Rollen sind weniger klar definiert oder fallen der Person schwerer? Im unserem Beispiel waren das die Rollen Beschützer, Fels in der Brandung, Dolmetscher und Coach.

4. Kernelemente der unklaren Rollen: Jetzt stellt sich die Frage, was eine bestimmte Rolle ausmacht? Solche Kernelemente einer Rolle lassen sich am besten über Haltungen definieren wie Gelassenheit, Respekt, Geduld, Beharrlichkeit, Durchsetzungsvermögen, Ehrlichkeit, Offenheit, Vertrauen, usw.

(Unter-) RolleKernelement / Haltung
BeschützerTapferkeit
Fels in der BrandungRuhe, Gelassenheit
DolmetscherSachlichkeit
CoachRespekt, Beharrlichkeit, Geduld

5. Vorbilder für die unklaren Rollen: Anschließend werden Vorbilder aus der Literatur, Filmen, usw. für die unklaren Rollen gesucht, die zu den Haltungen passen. Wieder an unserem Beispiel:

(Unter-) RolleHaltungenVorbilder
BeschützerTapferkeitHeld
Fels in der BrandungRuhe, GelassenheitGuru
DolmetscherSachlichkeitTagesschausprecher
CoachRespekt, Beharrlichkeit, GeduldPanzerknacker

Manchmal sind die Vorbilder sehr eindeutig. Bei Ruhe drängt sich ein meditierender Guru geradezu auf. Manchmal ist es jedoch hilfreich, mit einem Vorbild zu spielen. Der Panzerknacker als Coach mutet auf den ersten Blick seltsam an. Wenn wir uns jedoch klar machen, dass ein klassischer Panzerknacker ein sehr feines Gehör und Gespür haben sollte, um einen Tresor zu öffnen, ist der Vergleich durchaus stimmig. Dazu passt auch der ehrfürchtige Respekt, der manchmal in Heist-Filmen gegenüber bestimmten Fabrikaten von Tresoren geäußert wird, passt in dieses Bild. Die Regel hier scheint zu lauten: Einfache Exemplare kann jeder öffnen. Aber für besondere Exemplare (Mitarbeiter*innen) braucht es Spezialisten.

6. Elemente der Rollenübernahme: Um eine Rolle zu spielen oder besser noch mit einer Rolle zu spielen, ist es wichtig, sich die Körpersprache und Accessoires der Vorbilder zu eigen zu machen. Dabei handelt es sich mitnichten um die komplette Imitation des Vorbilds. Vielmehr werden einzelne Elemente heraus gepickt, die zum einen für einen selbst essenziell sind und an denen zum anderen ganze innere Welten anhängen. Wenn wir beispielsweise die Becker-Faust machen und „Ja“ sagen, hängt ein ganzes System des Triumphs an dieser Geste. Wir suchen uns folglich eine Geste, eine Körperhaltung, einen Blick, einen Spruch oder auch ein bestimmtes Accessoire, bspw. einen Schal, aus, um zu ergründen, welche neuen Welten uns dieses Symbol eröffnet.

(Unter-) RolleVorbilderGesten, Körperhaltungen, …
BeschützerHeldAufrechte Haltung, Handgeste als Stop-Signal
Fels in der BrandungGuruMehr bei sich sein, als bei anderen bzw. in sich ruhen, mehr fragen als aussagen
DolmetscherTagesschausprecherAufrechte Haltung, langsame, beinahe monotone Sprache und Sätze
CoachPanzerknackerFokussierter Blick, offene Augen, schräge Kopfhaltung, um genauer hinzuhören

7. Üben und anpassen: Da noch nie im Leben ein Meister vom Himmel gefallen ist, gilt es, diese Gesten, Körperhaltungen, usw. immer wieder zu üben, dabei jedoch, um authentisch zu bleiben, nicht zu übertreiben und stattdessen lediglich das zu übernehmen, was mir selbst am leichtesten fällt. Es geht also nicht darum, zu einem Helden, Guru, Tagesschausprecher oder Panzerknacker zu werden, sondern darum, den kleinen Helden, usw. in sich zu entdecken. Dafür reicht bereits eine kleine, pointierte Handgeste als Stop-Signal oder ein fokussierter Blick in den jeweiligen Situationen aus.