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Strategie statt Blame-Game im Changemanagement

In Veränderungsprozessen gilt es als gesetzt: Man muss seine Leute mitnehmen. Dennoch funktioniert es oft nicht:

  • Die einen wollen nicht (mehr), weil sie kurz vor der Rente stehen.
  • Die anderen können (noch) nicht, weil ihnen die Erfahrungen und/oder Kompetenzen fehlen.

Durch diesen Sand im Getriebe bleibt so manch engagiertes Projekt auf der Strecke. Schnell wird der Schwarze Peter herum gereicht:

  • Die Geschäftsleitung ist schuld, weil sie den Changeprozess unsauber aufgesetzt hat.
  • Nein! Die Führungskräfte sind schuld, weil sie nicht intensiv genug auf die Sorgen ihrer Mitarbeiter*innen eingegangen sind.
  • Nein! Die Mitarbeiter*innen sind schuld, weil es immer welche gibt, die alles madig machen.

Auf englisch gibt es dazu den „schönen“ Begriff des Blame-Game, das jedoch außer Unmut und Frust keinen wirklichen Erkenntnisgewinn bringt.

Aber was wäre, wenn Sie die komplett falsche Strategie verfolgen? Was wäre, wenn Sie Ihre Mitarbeiter*innen zwar mitnehmen sollten, wenn aber dieses Mitnehmen Grenzen hat, weil Ihre Leute Partizipation nur bedingt gewohnt sind?

Spannungsfelder in Veränderungen

Damit sind wir bei den Spannungsfeldern in Veränderungen angekommen:

Natürlich wäre es toll, eine Veränderung aus eigenem Antrieb, schnell, mit großen Zielen und für alle gleich durchzuziehen. Aber ist das wirklich sinnvoll? Und passt es zum Unternehmen?

Bei solchen Spannungsfeldern geht es nicht um ein Entweder-Oder, sondern darum, sich der eigenen Veränderungsstrategie fragend zu nähern:

  • Wann brauche ich schnelle Erfolge?
  • Was an der Veränderung ist selbstbestimmt und was nicht?
  • Wann brauchen wir eine einheitliche Vorgehensweise und wie setzen wir Speziallösungen um?
  • Wofür brauchen wir idealistische Ziele und wann reichen einfache, vorübergehende Lösungen?

Was für die Planungsphase gilt, gilt freilich auch für die Umsetzung und Begleitung:

  • Was muss hierarchisch vermittelt werden, um Sicherheit zu geben? Und wie viel Mitbestimmung ist sinnvoll?
  • Wann brauchen wir Spielraum im Plan?
  • Was würde die Mitarbeiter*innen verunsichern und muss deshalb noch zurückgehalten werden?
  • Ab wann gefährdet die Veränderung unsere alltägliche Stabilität, weshalb Widerstände aus der Belegschaft ein wertvoller Hinweis sein können?
  • Auf welche emotionale Äußerungen sollten wir eingehen?

Je mehr Fragen Sie sich stellen und klären, desto transparenter wird Ihre Strategie, damit keine falschen Erwartungen entstehen und das Blame-Game hoffentlich der Vergangenheit angehört.

Das ideale Zusammenspiel zwischen Denken und Fühlen in Konfliktgesprächen

Emotionen in Konflikten gelten als Eskalationsturbo schlechthin. Auch in meiner Ausbildung zum Mediator waren Emotionen im Grunde tabu. Mein Ausbilder war ein sachlich-denkender Jurist und folgte streng dem Harvard-Prinzip, womit ich extrem fremdelte und mich ehrlich gesagt wegen diesem Thema schon beinahe mit ihm anlegte. Der Mann war ein Profi und ließ mich geschickt auflaufen, indem er meine Fragen und Kritik fortan in seinen Vortrag vorauseilend einbaute, sodass ich mehr oder weniger mundtot gemacht wurde: „Der Herr Hübler würde an dieser Stelle sagen …“ Geschenkt. Erst später lernte ich den U-Prozess von Friedrich Glasl und Rudi Ballreich kennen und schätzen, was zumindest zu einer inneren Bestätigung führte.

Dennoch bleibt es eines der spannungsreichsten Themen in Mediationen und Konfliktgesprächen: Wie emotional darf es sein? Wann ist Sachlichkeit angezeigt?

Fakt ist, dass unser Denken und Fühlen unterschiedlichen Logiken folgt, die sich ideal ergänzen, wenn wir erkennen, dass ein Zusammenspiel an beide Herangehensweisen an eine Konfliktlösung sinnvoll ist.

Unser Denken bringt v.a. drei große Vorteile mit:

  1. Sachlichkeit: Wir können sachlich nach Ursachen und Lösungen suchen.
  2. Selektive Lösungssuche: Wir können ein Problem geistig auseinander nehmen und uns dafür Teillösungen ausdenken, selbst wenn diese ungewöhnlich sind.
  3. Zukunftsblick: Wir können uns über mögliche Zukünfte unterhalten und deren Konsequenzen im Geiste testen.

Leider hat unser Denken auch einen trennenden Effekt:

  • Denken wir in Wahr-oder-falsch-Kategorien, muss eine Person in einem Konflikt richtig liegen und die andere falsch.
  • Sprache kann selektiv wirken. Dies betrifft jegliche Art von Fachsprache, auch Ich-Botschaften oder die Gewaltfreie Kommunikation. Wer weiß, wie man „richtig“ kommuniziert, kann von seinem Gegenüber als arrogant wahrgenommen werden.
  • Denken muss nicht zwingend zu Handlungen führen. Wir können über viel reden, ohne jemals davon etwas umzusetzen. Als Testballon ist dies ein großer Vorteil. Folgen dem Reden keine Taten, wird es schnell unglaubwürdig.

In diesen Bereichen bringt unser Fühlen drei ergänzende Vorteile mit:

  1. Augenhöhe: Akzeptieren wir, dass jeder Mensch dieselbe emotionale Sprache mit Körperhaltungen, Mimiken und Gesten spricht, treffen sich zwei Menschen auf Augenhöhe, egal wie hoch ihr Bildungsstand oder ihre Position in einem System ist.
  2. Bedürfnisse: Realisieren wir, dass bei Lösungen eines Konflikts nicht darum geht, wer recht hat, sondern tiefer liegende (Affekt-) Logiken und Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen wie Gerechtigkeit, Vertrauen, Unsicherheit, Anerkennung, Wertschätzung, Respekt, etc., ist trotz unterschiedlicher Meinungen eine Begegnung möglich.
  3. Glaubwürdigkeit: Spüren wir, dass unser Gegenüber von einer Aussage tatsächlich bewegt ist und nicht nur so tut, können wir von einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgehen, dass er entsprechend handeln wird.

Daher ist es sinnvoll, Denken und Fühlen in Konfliktgesprächen einerseits getrennt anzusprechend, um deren Vorteile gezielt zu nutzen, und andererseits stetig zu pendeln:

  • Augenhöhe: Sie treffen sich hier als zwei Menschen, die sehr viel gemeinsam haben. Sie sprechen beide eine universelle emotionale Sprache, egal wo Sie herkommen und in welcher Rolle Sie in Ihrem Unternehmen auftreten.
  • Sachlichkeit: Wie kam es sachlich betrachtet zu Ihrem Konflikt?
  • Selektive Lösungssuche: Aus welchen unterschiedlichen Teilen besteht Ihr Konflikt (meistens: Kommunikation, Absprachen, Verantwortlichkeit) und womit wollen wir beginnen? Und später: Was an diesem Problem lässt sich einfach lösen, was nicht? Zu wieviel % ist dieses Problem aktuell gelöst? Was würde sich verändern, wenn wir dieses Problem um 10% mehr lösen? Wie könnte das gehen?
  • Bedürfnisse: Was ist Ihnen beiden wichtig, jenseits unterschiedlicher Meinungen?
  • Zukunftsblick: Auch wenn Sie sich jetzt noch streiten, ist die Zukunft unbestimmt. Wir können uns also ganz ins Blaue hinein eine positivere Zukunft ausmalen.
  • Glaubwürdigkeit: Ich habe das Gefühl, dass Sie das, was Ihre Kollegin gerade gesagt hat, auf irgendeine Weise bewegt. Ist das so? Wenn ja: Können Sie das, was Sie bewegt, in Worte fassen?

Diese Anleitung zum Pendeln ist nicht als Kurz-Mediation gedacht, sondern zieht sich freilich durch das gesamte Konfliktgespräch:

  • Braucht es Abstand und Sachlichkeit, ist ein Wechsel auf die Denken-Ebene sinnvoll.
  • Braucht es mehr Nähe und Verbindlichkeit, ist ein Wechsel auf die Gefühlsebene hilfreich.

Gleichzeitig werden damit sowohl die Bedürfnisse von Mediand*innen mit Denken-Schlagseite, als auch diejenigen mit Hang zum Fühlen bedient und ausgeglichen.

Literatur: Gerhard Schwarz: Konfliktmanagement

Warum ein falsch verstandenes New Work zu mehr Konflikten führt

In Krisen braucht es Visionen

In Krisenzeiten gibt es die Sehnsucht nach etwas Vereinendem, wie einen rettenden Anker. Die Menschen brauchen etwas, das sie verbindet. Dazu gibt es grob formuliert zwei Möglichkeiten. Man könnte sich zur Vereinigung einen Feind suchen, bspw. auf der politischen Bühne gegen Nazis oder Russland zu sein. Die eigentlichen Probleme (Wohnungsnotstand, Gesundheitskosten, etc.) löst das nicht, aber es verbindet. Unternehmen versuchen ähnliches, wenn Sie sich gegen Ausgrenzung von Minderheiten positionieren.

Auf der anderen Seite könnte man auch sagen, wir versammeln uns unter einer positiven Vision, einer Hoffnung, etwas, das besser sein könnte in der Zukunft. Und da gab es auf der unternehmerischen Ebene schon ein paar Versuche in den letzten Jahrzehnten.

  • Agilität ist mit der Hoffnung und dem Wunsch jederzeit zufriedener Kunden verbunden. Das befriedet zwar die Mitarbeiter*innen nicht, motiviert sie jedoch – wenn es funktioniert – zu Höchstleistungen.
  • Danach kam logischerweise New Work als Idee des zufriedenen Mitarbeiters, der selbst hoch intrinsisch motiviert ist. Was jedoch leider auch nur bedingt funktionierte. Die Idee war gut, doch die Umsetzung nicht immer konsequent genug. New Work in der Theorie versus New Work in der Praxis ist ein wenig so wie Sozialismus versus real existierender Sozialismus. Die Idee von einer Welt, in der alle Menschen die gleichen Rechte haben und ein sorgloses Leben führen ist ja nicht unattraktiv. Aber das, was daraus gemacht wurde, pervertierte diese Idee in ihr komplettes Gegenteil. Dann doch lieber das, was der Philosoph Markus Gabriel einen ethischen Kapitalismus nennt.
  • Obendrauf kam der Gedanke der Diversität als Vision einer Welt, in der alle Menschen gleichberechtigt sind. Doch auch hier zeigte sich, dass Diversität vielleicht eher als Feindgedanke funktioniert (Wir wollen keine Ausgrenzung mehr), für das Gros der Belegschaft jedoch nicht als verbindend wahrgenommen wird.

New Work mit angezogener Handbremse

Die Vision von einer Arbeitswelt, in der echte Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen wichtiger sind als schicke Büroräume mit Charts und vielen bunten Post-its ist ja nicht falsch. Nur macht ein Feelgoodmanager noch kein wirkliches New Work aus. Und wenn Unternehmen nicht an einen menschlichen und konstruktiven Umgang mit Fehlern heran wollen, bringt auch der gesunde Obstkorb in der Teeküche nichts (siehe: https://www.m-huebler.de/ein-new-work-manifest-auf-der-basis-einer-positiven-fuehrung).

Kosmetik reicht eben nicht aus, weil es oberflächlich ist. Mehr noch: Der Schuss kann sogar nach hinten losgehen, wenn New Work mit Wohlfühlen verwechselt wird. Ich plädiere in meinem Buch „Mit positiver Führung die Mitarbeiterbindung fördern“ dafür, dass auf der Basis einer guten Teamatmosphäre auch auf eine gute Art gestritten wird. Eine konstruktive Streitkultur steht jedoch in den wenigsten Unternehmen auf der Agenda. Stattdessen machten sich harmonieduselige Nichtangriffspakte breit, in denen Führungskräfte sich nicht mehr trauen, Mitarbeiter*innen ein klares Feedback zu geben und Mitarbeiter*innen bei Unstimmigkeiten schneller mit Kündigung drohen als irgendjemand Blaubeerkuchen sagen kann.

Konflikte müssen geklärt werden – so oder so

Unter dem Deckmantel einer falsch verstandenen New Work-Harmonie bei gleichzeitiger Unzufriedenheit der Mitarbeiter*innen werden Konflikte jedoch nach unten durchgereicht. Auch wenn die Maxime gilt, dass es im Grunde allen super geht (gehen muss!), werden Konflikte zwar vermieden, sind jedoch immer noch vorhanden. Denn nach wie vor ist der eine Mitarbeiter ein wenig fleißiger, ein anderer möchte mehr Work Life Balance und wieder eine andere ist perfektionistisch.

Unstimmigkeiten müssen jedoch geklärt werden, entweder durch Machtwort, Regeln oder Verhandlungen:

Werden Konflikte – im Sinne von New Work – weniger per Machtbeschluss oder Regeln geklärt, sollte folglich mehr verhandelt werden. Gibt es jedoch gleichzeitig die Maxime, dass bei uns alle zufrieden sind, befinden sich Mitarbeiter*innen in einer Zwickmühle: Mache ich mich für meine Bedürfnisse nach Anerkennung stark, bin ich undankbar. Sage ich nichts, bleibe ich auf meinem Ärger hocken. Mögliche Auswege aus diesem Dilemma lauten Kündigung, Krankheit oder Sarkasmus.

Aktuell besteht in Unternehmen, die mit New Work liebäugelten die Gefahr, zu konstatieren, dass das alles nichts gebracht hat, die Mitarbeiter*innen unzufrieden sind und – ähnlich wie in der Politik – zu alten Rezepten zurückzukommen, anstatt sich als Unternehmen weiter zu entwickeln: „Die sind aber auch undankbar! Jetzt haben wir doch alles für sie gemacht und was ist der Dank? Sie zanken sich und sind immer noch nicht zufrieden!“

Hier drängt sich ein weiterer Vergleich auf: Ein oberflächliches Vrständnis von New Work gleicht einem Konsum, der niemals satt macht, weil er die echten Bedürfnisse der Menschen nicht befriedigt. Anstatt wieder mehr auf Hierarchie und Regeln zu setzen, braucht es daher ein richtiges New Work, hier aus der Konfliktmanagement-Brille betrachtet:

  • Gezielte Machtausübung von Führungskräften: Wenn Mitarbeiter*innen mehr aushandeln (müssen) als früher, braucht es dafür Grenzen. Diese Grenzen müssen klar und transparent sein. Deshalb braucht es in einer New Work-Welt Führungskräfte, die ihre Machtposition zwar sparsam, aber dennoch bewusst einsetzen, auch als Moderator*innen in Konflikten.
  • Gemeinsam entwickelte Strukturen: Gleichzeitig braucht es Regeln, klare Strukturen und Aufteilungen, die nicht von oben auferlegt werden, sondern gemeinsam entstehen, gerade auch, weil es eine hohe Fluktuation gibt. Je höher die Fluktuation, umso schneller muss die Einarbeitung funktionieren, umso mehr Diskussionen gibt es und umso mehr braucht es klare Regelungen, bspw. wer die Neuen einarbeitet. Würden wir Unstimmigkeiten als Motor einer konstruktiven Veränderung verstehen, ließen sich solche Regeln aus Einzel- oder Gruppenkonflikten heraus entwickeln. Andernfalls wären Mitarbeiter*innen stetig mit Verhandlungen beschäftigt und kämen kaum noch zum arbeiten.
  • Mehr Konfliktkompetenz für alle: Die Mitarbeiter*innen brauchen insgesamt mehr Konfliktkompetenz. Wenn New Work gerettet werden soll, müssen Mitarbeiter*innen verhandeln lernen. Dies gilt logischerweise auch für die Führungskräfte, die sich ihrer regulierenden Rolle in einer New Work-Welt mit Hilfe von Konflikt-Trainings- und Coachings bewusst sein sollten.

Literaturtipp: Wilfried Kerntke – Mediation als Organisationsentwicklung

Warum ein ehrgeiziger Werte-Kanon noch kein gutes Unternehmen ausmacht

Stellen wir uns vor, eine kleines Team von etwa 10 Personen kommuniziert viel über einen virtuellen Messenger-Dienst, wie es heutzutage üblich ist, weil sich ansonsten selten alle zusammen in Präsenz treffen. Eines Tages ärgert sich Person A über Person B. Es handelt sich nicht um einen vorübergehenden Ärger, der immer mal wieder stattfindet und schnell wieder verraucht. Nein. Person B ist neu im Team und Person A hat das Gefühl, Person B würde ihr seine Rolle streitig machen. Person A ist zwar schon lange im Team und hat auch einige Fürsprecher*innen. Person B jedoch kommuniziert klarer, ist cleverer und strahlt eine natürliche Dominanz aus, die Person A fehlt. Person B könnte damit zu einer echten Bedrohung für Person A werden. Was also tun?

Da Person A nicht gerne kommuniziert, erstellt sie eine neue Gruppe in dem Messenger-Dienst und lädt drei weitere Teammitglieder ein, um sich über Person B auszulassen, die freilich nicht eingeladen wurde.

Vermutlich werden Sie jetzt alle sagen: Geht gar nicht! Und natürlich geht das auch nicht, selbst wenn einige dort draußen ähnliches in Tuschelgruppen in Präsenz praktizieren. Die einzig sinnvolle Antwort auf eine Einladung in eine solche Gruppe lautet: Schreiben, dass das nicht geht und wieder austreten.

Dennoch verdeutlicht der Fall, wo wir beginnen sollten, wenn wir die Welt zu einem besseren Ort machen wollen: Bei Prinzipien, die direkt im Alltag wirken. Und das Prinzip hinter diesem Fall lautet: Über Nicht-Anwesende wird maximal positiv gesprochen, aber auf keinen Fall gelästert. Denn ehrgeizige Werte, bspw. „Wir sollten gut miteinander umgehen“ sind oftmals zu schwammig und zu weit weg im Alltag.

In der Klima-Bewegung gibt es bereits seit Jahrzehnten die Empfehlung in Mikrozielen zu denken: Würden wir alle ab morgen nur noch Joghurt im Glas kaufen, wäre das eine Revolution. Denn was nutzen uns hochtrabende Klimaziele, wenn es im Alltag nicht funktioniert? Genauso könnten wir kommunikativ mit Prinzipien verfahren.

Ein guter Start dazu ist seit Jahrhunderten die Bergpredigt bzw. der kategorische Imperativ von Kant: Handle stets so, dass dein Handeln gleichzeitig als allgemeine Regel gilt. In einer erweiterten Form hat der sehr lesenswerte, bekannteste deutsche Humanist Michael Schmidt-Salomon 10 Angebote formuliert, die sich hier nachlesen lassen (externer Link): https://www.schmidt-salomon.de/bruno/human/manangebote.htm

Ein Auszug:

  • Habe keine Angst vor Autoritäten, sondern den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.
  • Nutze Argumente anstatt zu moralisieren.
  • Ehrliche Kritik ist ein Geschenk, das du nicht abweisen solltest.
  • Sei dir deiner Sache nicht allzu sicher. Zweifle aber auch am Zweifel. Selbst wenn unser Wissen stets begrenzt und vorläufig ist, solltest du entschieden für das eintreten, von dem du überzeugt bist. Sei dabei aber jederzeit offen für bessere Argumente, denn nur so wird es dir gelingen, den schmalen Grat jenseits von Dogmatismus und Beliebigkeit zu meistern.
  • Überwinde die Neigung zur Traditionsblindheit, indem du dich gründlich nach allen Seiten hin informierst, bevor du eine Entscheidung triffst.
  • Stelle dein Leben in den Dienst einer größeren Sache, um die Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort zu machen.

Ergänzt werden können diese Angebote durch die Maxime, jemanden nicht in seiner Selbstachtung zu beschädigen bzw. seine Würde zu achten (siehe extenen Link https://www.ardmediathek.de/video/suite-der-kulturtalk-mit-serdar-somuncu/haben-wir-eine-gute-umgangskultur-julian-nida-ruemelin/rbb/Y3JpZDovL3JiYl85M2Q1YjNlNi00OTMwLTQzNmItOWM1Ny05NzRiZGM3ZGQ0ODZfcHVibGljYXRpb24).

Doch wenn ich das lese, pendelt mein Gehirn – ähnlich wie bei Werten – irgendwo zwischen „banal“ und „logisch“, als müsste es die einfachste Sache der Welt sein, so zu handeln, weshalb wir uns fragen sollten: Warum läuft dann so vieles schief in Organisationen und auf dieser Welt? Ganz einfach, weil große Ziele oder Werte in ihrer Vereinfachung meist einleuchtend klingen und es gerade deshalb auf die Umsetzung ankommt. Denn dort gibt es Befindlichkeiten, Unfähigkeiten und Interessenkonflikte.

Verdeutlicht an unserem Einstiegsbeispiel:

  • Befindlichkeiten: Wer sich ärgert, sehnt sich nach einer schnellen Unterstützung.
  • Unfähigkeiten: Wer sich nicht imstande fühlt, sich einer Diskussion mit einer von ihm überlegenen Person zu stellen, greift schneller zu unlauteren Mitteln.
  • Interessenkonflikte: Wer sowohl Person A als auch B versteht, befindet sich in einem Dilemma.

Es bleibt uns folglich nicht nur nichts anderes übrig, als uns jederzeit selbst zu hinterfragen, ob unser Handeln als allgemeine ethische Maxime gelten kann. Wir müssen uns auch emanzipiert und selbstverantwortlich darum kümmern, unser Handeln in der Praxis umzusetzen:

  • Befindlichkeiten: Wir wollen wir mit unserem Ärger umgehen?
  • Unfähigkeiten: Was können wir tun, um unsere Kompetenzen so weiter zu entwickeln, um (auch) in Zukunft gerecht miteinander umzugehen?
  • Interessenkonflikte: Wie wollen wir mit (inneren) Interessenkonflikten umgehen?

Es reicht eben nicht aus, sich als Organisation hochtrabende Werte wie Innovativität, Gemeinschaft, etc. zu geben und am Ende sich das Label „New Work“ zu verpassen. Es braucht auch die Kompetenz, meintwegen auch die inner Haltung, die Werte im Alltag zu verankern und umzusetzen.

Angebot: Konfliktkompetenz als moderne Schlüsselqualifikation in komplexen Berufsfeldern

Strategien für einen konstruktiven Umgang mit Konflikten im Berufsalltag

In einer zunehmend dynamischen, komplexen und oft räumlich distanzierten Arbeitswelt gehören Konflikte einerseits zum Alltag, werden jedoch andererseits häufig gemieden, da viele Menschen heutzutage die Arbeitswelt als Ort des Wohlfühlens betrachten (Stichworte: Behütete Kindheit, Feelgoodmanagement). Dabei sind Konflikte nicht automatisch Störfaktoren im beruflichen Alltag, sondern können auch Treiber für Veränderungen sein. Sie beinhalten daher ein enormes systemisches Entwicklungs-potenzial zur Erhöhung der Kreativität und Produktivität in der Zusammenarbeit, das jedoch nur mit einer konstruktiven Streitkultur genutzt wird.

In diesem Seminar geht es daher weniger darum, Konflikte zu analysieren und Best-Practice-Lösungen zu generieren, sondern darum, die eigene Konfliktkompetenz weiter zu entwickeln, um Synergieeffekte im Team bestmöglich zu nutzen. Dafür müssen in Konflikten die Menschen nicht primär ihren Charakter verändern, sondern lediglich lernen, die Spannungen in Konflikten auszuhalten, Diskussionen konstruktiv zu führen sowie Regeln und Rituale einzuführen, um Konflikte nicht mehr als bedrohlich, sondern als einen Teil des Berufsalltags wahrzunehmen.

Inhalte:

  • Philosophie einer konstruktiven Streitkultur
  • Grundlagen der Konfliktentstehung und -dynamik
  • Dynamiken und persönliche Muster in Konflikten erkennen und konstruktive Auswege nutzen
  • Konfliktgespräche führen mit Gelassenheit, Empathie und Standhaftigkeit
  • Selbstregulation in spannungsgeladenen Situationen lernen
  • Konstruktiv Streiten üben mit Embodiment und Improtheater

Zielgruppe:
Fach- und Führungskräfte, Teamleitungen, Projektverantwortliche sowie alle, die ihre kommunikativen und sozialen Kompetenzen gezielt ausbauen möchten.

Dauer: 1 Tag

Methoden:
Impuls-Vorträge, Fallreflexionen, Mentaltraining, Übungen aus Embodiment und Improtheater