Mit Prinzipien aus dem Gamification-Bereich als Möglichkeit, mehr Schwung und Motivation in die Arbeit zu bringen, wird schon seit einigen Jahren experimentiert. Dabei stellen sich zwei Grundfragen:
- Ist das nicht albern? Immerhin haben wir es mit Erwachsenen zu tun und nicht mit Kindern. Zudem ist die Arbeit kein Spielplatz.
- Wirkt das nicht aufgesetzt und manipulativ? Im Sinne von: Jetzt haben die (da oben) mal wieder was Neues entdeckt und wollen ihre Mitarbeiter*innen auf diese Weise zu Höchstleistungen anspornen.
Zu 1: Nichts ist so ernst wie ein Spiel. Während es im Alltag meist nur wenige Regeln gibt und vieles stattdessen verhandelt werden muss (Der Streit mit den Kindern, Wie sieht eine gute Erziehung aus? Was macht eine*n gute*n Freund*in / Partner*in /… aus?), besteht die Arbeitswelt ähnlich wie Spiele aus klaren Regeln darüber, was erlaubt (erwünscht) ist und was nicht. Es liegt also nahe, die Arbeit als Spiel zu betrachten. Dabei ist die Unterscheidung zwischen Spiel und Spielen wichtig: In einem Spiel gibt es klare Spielregeln. Wer dagegen verstößt, fliegt raus. Gespielt werden kann auch ohne Spielregeln, wenn jemand mit jemand anderem “spielt”.
Zu 2: Die Übertragung von Gamification-Prinzipien kann durchaus manipulativ sein. Wenn auf einem Monitor für alle sichtbar der Punkte-Kompetenz-Status der Mitarbeiter*innen präsentiert wird, ohne dass diese das wollen, wird Gamification zu einem Druckmittel unter vielen. Hier fehlt eine menschenfreundliche Grundethik. Geht es jedoch um die Weiterentwicklung einzelner Personen oder gesamter Teams, kann Gamification viel Spaß machen.
Mein eigenes Erweckungserlebnis hatte ich mit der Umsetzung eines Haushaltsspiels in meiner Familie vor einigen Jahren. Das Prinzip ist simpel: Das Ziel war eine saubere Wohnung. Der Weg dorthin lief über verschiedene Aufgaben (Quests) wie ‘Gläser wegbringen’ oder ‘Abspülen’. Soweit so banal. Interessant wurde es jedoch durch die Hindernisse. Wer beim Gläser wegbringen ein Ekelgesicht machte oder um 6 Uhr morgens abspülte, ohne dass die anderen etwas davon mitbekamen, konnte mehr Punkte als in der Normalversion erwirtschaften. Und mehr Punkte bedeutete früher Essen zu gehen. Hindernisse in Spielen sind also keine Hindernisse nach unserem herkömmlichen Verständnis, sondern erhöhen den Spielreiz.
Gamification besitzt also einiges an Potential zur Erhöhung der Motivation. Wie kann ich Prinzipien der Gamification nun in die Arbeit umsetzen? Dazu entwickelte ich folgenden Guide, gespickt mit einige Beispielen, der Ihnen hilft, Schritt für Schritt vorzugehen.
Sachziel | Ein Projekt soll innerhalb von einem halben Jahr abgewickelt werden |
Externe Belohnung(en) | Gutschein für ein Thermalbad, Karriereleiter (langfristig), Boni, gemeinsame Abschlussfeier |
Intrinsische Belohnung(en) | Erweiterung der Kompetenzen, Selbstwirksamkeitserfahrung, unabhängiges / freies Arbeiten, Stolz, Teamzusammenhalt |
Grundwert: Kooperative Zusammenarbeit | Gegenseitige Unterstützung bei Problemen |
Grundwert: Spielerischer Wettbewerb | Sich gegenseitig anspornen und übertreffen, Hindernisse in den Weg werfen |
Status Quo | Welche Kompetenzen spielen für die Durchführung des Projekts eine Rolle (Kooperationsfähigkeit, Konzentration, Durchhaltevermögen, Motivation, Eigeninitiative, Optimismus, Ermutigung bei Rückschlägen, Weitblick, beruhigende Ausstrahlung, Inspiration, Ideenreichtum, Kreativität, …)? |
Interne epische Ziele | Welche Kompetenzen sollen gefördert werden (Teambindung, persönliche Kompetenzen)? Welche Ziele setzt sich jeder einzelne? Welche Teamziele gibt es? |
Externe epische Ziele | Rettung der “Welt” |
Meilensteine / Level / Reifegrade | Persönliche Meilensteine: Woran erkennen wir Weitblick? Welche Kriterien gibt es für Konzentrationsfähigkeit? Wann ist Optimismus angebracht? Team-Level: Auf welchem Reifegrad als Team stehen wir? – Jeder für sich und Alle gegen Alle – Ich und meine Gang – Alle für einen, einer für Alle – Wir gegen den Rest der Welt – Wir bremsen auch für Tiere – Wir als Teil der Welt |
Punkte, Auszeichnungen | Der Mutige des Monats, optimistisch auf einer Skala von 0-10, Lernfehler-Pokal des Monats, Punkte sammeln für die Abschlussfeier (viel Punkte = Sushi, wenig Punkte = Pizza) |
Spielregeln 1: Anleitungen | Wie kann ich die Meilensteine / Level erreichen? Hilft gegenseitiges Lob, Anerkennung, konstruktive Kritik, Feedback (Grundwert: Kooperative Zusammenarbeit)? Helfen persönliche Tagespläne, um die Konzentration aufrecht zu erhalten? Was kann jede*r persönlich tun, um Meilensteine zu erreichen? |
Spielregeln 2: Hindernisse | Welche spielerischen Hindernisse (Kolleg*innen ablenken, zusätzliche Aufgaben aufbürden, humorvolles Ärgern – was zuvor offen diskutiert wird) könnten den Reiz an der Aufgabe erhöhen? (Grundwert: Spielerischer Wettbewerb) |
Viel Spaß bei der Umsetzung in konkrete Ideen. Oder aber Sie buchen einen Tages-Workshop bei mir mit einem fundierten Input zu epischen Zielen, Reifegraden, möglichen Hindernissen und Kompetenzmodellen.