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Netzwerken in einer hybriden Welt, Teil 1 (von 5)

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Warum Netzwerke heutzutage wichtiger sind denn je

Heutzutage ist alles fließend. Sogar einem eigenen konstanten Selbst oder einer konstanten Identität steht die Postmoderne skeptisch gegenüber. Schließlich wollen die wenigsten in eine Zeit zurück, in der von Geburt an das gesamte Leben bestimmt war. Zudem erfordert eine persönliche Weiterentwicklung Mobilität. Deshalb misstraut der postmoderne Mensch seinen Bindungen. Sie könnten zu enge Erwartungen an ihn stellen und ihn zu sehr festlegen. Gleichzeitig wird der Mensch erst zum Menschen durch Beziehungen, indem er einen Bezug zu etwas oder jemanden nimmt. Was wäre ich ohne Coach, Mediator, Trainer, Autor, Vater, Liebhaber oder Freund zu sein? Was bliebe von mir übrig? Ein Mensch mit Ansprüchen, einem Antrieb, einem Überlebenswillen, einer Neugier? Aber wofür? Für mich alleine? Natürlich nicht.

Dass wir andere Menschen brauchen, lässt sich auch in nackten Zahlen darstellen: Gut integrierte Menschen haben ein 50% niedrigeres Sterberisiko. Ein verlässliches Netzwerk ist sogar wichtiger für unsere Gesundheit als die Risikofaktoren, mit denen sich Gesundheitspolitiker*innen normalerweise beschäftigen wie Rauchen, Übergewicht, Alkoholmissbrauch, mangelnde Bewegung, Bluthochdruck oder Luftverschmutzung.

Kein Wunder, dass Groß-Britannien 2023 ein Einsamkeitsministerium ins Leben rief und es auch in Deutschland Bestrebungen gibt, sich diesem Thema anzunehmen. Ob nicht stattdessen eine Aufwertung unserer Innenstädte die bessere Lösung für sich selbstorganisierende Beziehungen wäre, ist eine andere Frage.

Wir brauchen andere Menschen, um uns und unser Selbst zu definieren. In diesem Sinne sind Netzwerke – mal verbindlich, mal unverbindlich – die ideale Antwort auf postmoderne Beziehungsskeptiker. Lose Netzwerke lösen in immer stärkerem Maße feste Mitgliedschaften in Organisationen, Vereinen oder Parteien ab. 1990 waren noch 62% Mitglied in einem Verein, 2007 waren es nur noch 47%, 2030 werden es laut dem Zukunftsforscher Horst Opaschowski nur noch 30% sein. Netzwerke werden daher immer wichtiger.

Verschiedene Typen von Netzwerken

Dabei lassen sich drei Prototypen von Netzwerken unterschieden:

  • In Beziehungsnetzwerken werden private oder berufliche Kontakte gepflegt. Private Kontakte dienen der Resilienz sowie als Sicherheitsnetz oder dem Informationsaustausch. Berufliche Netzwerke dienen der Förderung von Karrierechancen, der Kundengewinnung oder Jobsuche.
  • Informations- und Wissensnetzwerke dienen dem reinen Informations- und Wissensaustausch. Solche Netzwerke können sich natürlich mit Beziehungen überlappen. In einer digitalen Welt kennen wir jedoch in der Regel nicht alle Teilnehmer*innen eines Telegram- oder Twitterkanals, sodass hier die Informationen im Vordergrund stehen. Oft handelt es sich dabei um einseitige Netzwerke, in denen die Informationen in eine Richtung fließen, beispielsweise von Influencern zu den Followern.
  • Kreativitätsnetzwerke verstehen sich als Steigerung der Informationsnetzwerke und funktionieren in beide Richtungen: Der Sender ist ebenso Empfänger und der Empfänger Sender. Auch hier stehen Beziehungen nicht an oberster Stelle. Stattdessen werden Probleme diskutiert und gelöst, um gemeinsam kreativer zu sein und Ressourcen zu sparen.

Alle drei Netzwerktypen überlappen sich meist. Dennoch stellt sich die Frage, welcher Netzwerktyp im Vordergrund steht. So werden in einem privaten Freundenetzwerk selbstredend auch Informationen ausgetauscht. Ebenso kann ein Freundenetzwerk dazu dienen, in der Not Hilfe zu bekommen oder schneller an einen neuen Job nach einer Kündigung zu kommen. Und berufliche Netzwerke beispielsweise auf Linkedin sind der ideale Weg, an Kunden zu kommen oder Ideen für ein gemeinsames, kreatives Projekt auszutauschen.

Fakt ist: Netzwerke machen nicht nur gesund, sondern fördern auch die Karriere. Tatsächlich investieren durchschnittliche Manager 19%, erfolgreiche Manager jedoch 48% in ihre Netzwerkarbeit. 46% der Stellenbewerber*innen aktivieren ihr Freundesnetzwerk bei der Stellensuche. 25% erfahren von offenen Stellen über berufliche Kontakte, 23% über Karrieremessen. Und 54% der Einstellungen finden aufgrund von Empfehlungen statt.

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter Form aus dem eBook „Wie kompetent muss ich sein?“ (externer Link) entnommen.

Über Geheimnisse

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Geheim bedeutete für Martin Luther „zu unserem Heim gehörend“. Das Private sollte heimlich sein, während das Öffentliche den Menschen früher oft unheimlich vorkam.

Dass das Heimliche unheimlich werden sollte, haben wir der Aufklärung zu verdanken. Denn wenn etwas nicht mehr heimlich passiert, kann es auch nicht mehr verheimlicht werden (Vergewaltigungen in der Ehe bspw.).

Dass jedoch heutzutage alles ent-heimlicht wird, ist andererseits auch wieder unheimlich. Denn Geheimnisse miteinander zu teilen fördert im ursprünglichen Sinn das exklusive Vertrauen zwischen zwei Menschen, sofern es auf Gleichheit beruht. Vielleicht sind Trennung auch deshalb so schmerzhaft, weil die beiden Partner*innen viel exklusives Wissen voneinander haben. Sie haben sozusagen – im besten Fall – tief in die Seele der anderen Person geschaut.

Wird jedoch in digitalen Netzwerken allzu Privates geteilt, könnte dies zu falschen Erwartungen führen, wenn das gleiche Modell als Blaupause hergenommen wird: „Ich teile etwas von mir und erwarte das gleiche von dir“. Was „im Heim“ funktioniert, funktioniert jedoch nicht in der Öffentlichkeit. Zum einen fehlt die Gleichheit. Zum anderen fehlt die Resonanz und damit das gegenseitige Vertrauen. Kein Wunder, dass unsere Diskussionskultur immer vulnerabler wird.

Fragetechniken und die Haltung echten Zuhörens

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Im Kontext einer Positiven Führung geht es in meinen Seminaren regelmäßig um den Aspekt der Wertschätzung für Mitarbeiter*innen. Eine der besten Möglichkeiten, einer Person Wertschätzung zu zeigen ist das Signal, sie ernst zu nehmen, indem ich mir deren Probleme und Bedürfnisse anhöre. Doch wie geht das eigentlich, gutes, echtes Zuhören?

Zum einen gehört dazu ein dickes Paket clever eingesetzter Fragetechniken:

Der Einsatz von Fragetechniken kann jedoch schnell inquisitorisch werden, wenn daraus Verhörtechniken werden. Deshalb sollte zum Einsatz von Fragen eine positive Zuhör-Haltung gehören. Die folgende Checkliste hilft dabei, sich seine eigene Haltung beim Zuhören bewusst zu machen:

Die Pro-Seite:

  • Sie haben ein echtes Interesse an der Person und Ihren Äußerungen.
  • Sie lassen die Person ausreden.
  • Sie versuchen, zu verstehen, worum es wirklich geht.
  • Sie achten auf Signale in der Körpersprache.
  • Sie fragen nach, um das Geäußerte besser zu verstehen.
  • Sie nehmen sich die Zeit, die es braucht.
  • Sie fragen nach, bis Sie das Gehörte richtig verstanden haben.
  • Sie halten Kritik aus, ohne postwendend etwas zu entgegnen oder sich zu rechtfertigen.
  • Sie laden Ihr Gegenüber dazu ein, über Gefühle zu sprechen.
  • Sie respektieren Ihr Gegenüber ohne Bewertung.

Die Kontra-Seite:

  • Sie denken bereits während dem Zuhören über eine Antwort nach.
  • Sie geben Ratschläge aufgrund Ihrer Expertise, um Ihrem Gegenüber zu helfen.
  • Sie stellen Vergleiche an, um Ihrem Gegenüber zu zeigen, dass er oder sie nicht alleine mit seinem Problem ist.
  • Sie wissen oft schon was kommt. Deshalb lassen sich viele Gespräche abkürzen.
  • Sie bieten Standardlösungen für ein Problem an.
  • Manche Probleme sind leider hausgemacht.
  • Bei manchen Gesprächen lassen sich parallel andere Dinge erledigen, um Zeit zu sparen oder weil es langweilig ist.
  • Manchmal reicht es aus, so zu tun als würde man zuhören.
  • Es gibt Zeitgenoss*innen, die immer wieder mit den gleichen Beschwerden kommen. Denen lässt sich im Grunde nicht helfen.
  • Wenn jemand sehr aufgebracht ist und aus seiner negativen Trance nicht herauskommt, kann es helfen, ihn mit einem anderen Thema abzulenken.
  • Sie halten mit eigenen Emotionen hinter’m Berg.

Siehe auch: https://www.m-huebler.de/jetzt-hoer-mir-doch-mal-zu

Power to the people

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Konfliktmoderations-Workshop

Konflikte in einer Gruppe tauchen meistens auf, wenn unterschiedliche Meinungen über das Erreichen eines Ziels nicht nur logischer Natur sind, sondern auch zu emotionalen Verwerfungen führen. Den Gruppenmitgliedern fällt es dann schwer, die Sichtweisen anderer nachzuvollziehen. Oft fühlen sie sich auch persönlich angegriffen oder sehen die Erfüllung ihrer Bedürfnisse bedroht. Damit Gruppenkonflikte nicht eskalieren und stattdessen die Schwarmintelligenz einer Gruppe optimal genutzt wird, ist es wichtig, unterschiedliche Ziele, Bedürfnisse und potentielle emotionale Trigger zu klären. Dies geschieht am besten im Rahmen einer Konfliktmoderation, um den Konflikt prozessorientiert zu lösen. Dieser Workshop vermittelt Ihnen die wichtigsten Elemente und Methoden einer klar strukturierten Konfliktmoderation jenseits klassischer Kartenabfragen. Er eignet sich insbesondere für Projektleitungen, agile Teams, Wohngruppen, Vereine oder politische Gruppen.

Seminarinhalte

  • Mit welchen Einstellungen und Haltungen biete ich als Moderator*in einer Gruppe Sicherheit und Struktur?
  • Wie lenke ich als Moderation mit Fragetechniken, ohne zu direktiv zu sein?
  • Welches Moderationshandwerkszeug setze ich gezielt ein, um die Hintergründe in einem Gruppenkonflikt herauszuarbeiten und den Konflikt strukturiert zu lösen?
  • Welche Methoden kann ich nutzen, um von einem Konflikt wieder in ein effektiv-kreatives Arbeiten zu kommen?

Praxisbezug des Seminars

Die Moderationsmethoden werden in dem Seminar nicht nur vorgestellt, sondern an typischen Teamthemen (gegenseitige Unterstützung, Umgang mit Belastungen, ungleiche Aufgabenverteilung, unterschiedliche Arbeitsauffassung, usw.) direkt angewandt.

Dauer

Das Seminar dauert je nach Bedarf 1-2 Tage bei einer Gruppengröße von maximal 12 Personen.

Ihr Seminarleiter

Michael Hübler ist seit 2006 selbständig tätig als Führungstrainer, Mediator, Coach, Moderator und Buchautor. Neben reinen Train-the-Trainer-Seminaren zum Thema Moderation fließen Moderationstechniken in beinahe alle seiner Trainings ein. Neben der Vermittlung klassischer Moderationsansätze für Meetings und Kreativität begleitet er ebenso Veränderungsprozesse in Teams und moderiert Konflikte in großen und kleinen Gruppen.

Moderation versus Präsentation

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In meinen Moderations-Seminaren ist manchen Teilnehmer*innen der Unterschied zwischen einer Präsentation und einer Moderation unklar. Die Seminare werden i.d.R. von der Personalentwicklung im Paket gebucht, oft wie mir scheint ohne groß darüber nachzudenken, ob es überhaupt sinnvoll ist, ein Moderations-Seminar anzubieten.

Daher stelle ich hier in aller Kürze die wichtigsten Unterschiede vor:


PräsentationModeration
ZieleInformationen und Wissen vermitteln, Zuhörer*innen überzeugen und begeisternFeedback einholen, Austausch anregen, Fragen beantworten, Beteiligung erhöhen, gemeinsame Entscheidungen treffen, Konsens herstellen
Auftretenselbstsicher, klar, perfekt und detailliert vorbereitetstrukturiert, offen, neugierig, geduldig, spontan, wertschätzend
MethodenRhetorik, VisualisierungenFragetechniken, Gesprächsführungsprozesse, Feedback-, Brainstorming-, Konsens- und Gruppenentscheidungsmethoden

Der Wechsel zwischen dem Präsentations- und Moderationsmodus ist freilich fließend. Dennoch stellt sich die Frage nach dem Schwerpunkt:

  • Ein Schulungsteam, dessen Aufgabe als Multiplikator*innen besteht, klassische Schulungen zu veranstalten, bspw. zu Software-Updates, braucht Moderations-kompetenzen, wenn es darum geht, Fragerunden zu diskutieren, mit Widerstand umzugehen, Sicherheit zu vermitteln oder die Teilnehmer*innen zu motivieren. Der Schwerpunkt liegt jedoch in der Informations- und Wissensvermittlung und damit bei der Präsentation.
  • Ein modernes Team, das Meetings nicht als One-Person-Show betrachtet, sondern als Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und gemeinsame Entscheidungen zu treffen, lernt in einem Moderations-Seminar, einen solchen Austausch klar und strukturiert anzugehen. Zu moderieren bedeutet nicht, Teamleitung sein zu müssen. Im Gegenteil: Wechselt die Moderation reihum, entlastet dies zum einen die Teamleitung, zum anderen sind alle dazu eingeladen, sich (noch) aktiv(er) an Meetings zu beteiligen.

Eine Frage der Lernkultur

Dabei spielt auch die Lernkultur eine zentrale Rolle:

  • Je mehr Teammitglieder es gewohnt sind, sich aktiv zu beteiligen, umso mehr gewinnen sie durch ein Moderations-Seminar.
  • Je mehr die Unternehmenskultur hierarchisch definiert ist, desto schwieriger ist es, die Möglichkeiten einer Beteiligung im Rahmen einer Moderation zu nutzen.

Moderations-Seminare können hier den entscheidenden Veränderungsschwung in ein Unternehmen bringen. Warum nicht eine Gruppe von Moderator*innen ausbilden, die intern in anderen Teams Veränderungen begleiten und damit die dortige Team-, Bereichs- oder Abteilungsleitung als neutrale Moderation unterstützt? In diesem Sinne sind Moderations-Seminare als flankierende Maßnahme immer dann sinnvoll, wenn Unternehmen die Interessen ihrer Mitarbeiter*innen ernst nehmen und deren Beteiligung fördern wollen.