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Mit der Quantenphysik die Welt retten

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Everything, everywhere, all at once

Viele von uns waren in Filmen wie „Everything everywhere all at once“. Was als spaßige oder spleenige Actionkomödie angelegt ist, hat jedoch einen ernsten Hintergrund: Erkenntnisse aus der Quantenphysik besagen, dass auf einer subatomaren Ebene alles jederzeit stattfindet. Das wiederum ist für uns schwer vorstellbar. Wer sich jedoch intensiver mit dem Thema beschäftigt, merkt einerseits, dass es komplett logisch ist, dass alles jederzeit stattfindet und andererseits, dass wir immer noch durch und durch von der klassischen Aufklärung des Sezierens einzelner Phänomene geprägt sind, die keineswegs jederzeit alles sein können. Was also ist dran an der Quantenphysik?

Beginnen wir mit dem Gedankenexperiment um Schrödingers Katze, das der ein oder die andere vermutlich schon einmal in der Schule gehört, für eine verücktes Idee gehalten und daraufhin wieder vergessen hat – so wie ich: In einer Kiste befinden sich eine Katze, ein radioaktives Präparat, ein Detektor für die beim Zerfall erzeugte Strahlung und ein tödliches Gift, das bei Ansprechen des Detektors freigesetzt wird. Die Kiste ist allerdings so verschlossen, dass wir nicht wissen können, ab wann die Katze tot ist. Erst wenn die Kiste geöffnet wird, erkennen wir, ob sie schon tot oder noch lebendig ist. Daraus lassen sich zweierlei Erkenntnisse ziehen:1

  1. Solange die Kiste nicht geöffnet wird, könnte die Katze sowohl tot als auch lebendig sein.
  2. Erst in dem Moment des Öffnens lässt sich der Zustand der Katze feststellen, wodurch die Rolle des Beobachters auf irgendeine Weise wichtig erscheint.

In Folge wurden in den letzten Jahrzehnten eine Menge Studien durchgeführt, die alle zu ähnlichen Erkenntnissen führen: Subatomare Teilchen (bspw. ein Quarks) lassen sich erst eindeutig bestimmen, wenn sie „festgehalten“ und beobachtet werden. Bis dahin schwirren sie durch den Raum und könnten auch etwas anderes sein (bspw. ein Anti-Quarks).

Teilchen und Schattenteilchen

Gleichzeitig wurde deutlich, dass es letztlich keine tatsächlichen Elementarteilchen gibt, weil jedes Teilchen immer im Verbund mit einem anderen Teilchen (Quarks und Anti-Quarks, Protonen und Elektronen) auftritt. Die Quantenphysik spricht tatsächlich davon, dass jedes Teilchen einen Schatten hat. C. G. Jung, der Urheber der sogenannten Schattenanteile, hätte sich darüber vermutlich gefreut. Die Suche nach dem einen Elementarteilchen war bislang erfolglos. Das wiederum wusste der gesunde Menschenverstand bereits vorher. Frieden wird schließlich erst zu Frieden durch die Existenz von Krieg. Plus ist ohne Minus nicht denkbar. Freude lässt sich erst genießen durch die potentielle Möglichkeit von Trauer. Wir wüssten nicht einmal, wie wir miteinander sprechen sollten, wenn es den jeweils anderen Gegenpol nicht gäbe. Dann wäre letztlich alles neutral: Wir wären nicht gut oder schlecht gelaunt, sondern neutral. Genau das passiert auch, wenn sich Materie und Antimaterie treffen. Am Ende steht das Nicht, das sich dann logischerweise selbst mit den feinsten Messgeräten nicht mehr messen lässt.

In unseren Alltag übertragen bedeutet dies, dass nicht nur auf der subatomaren Ebene jederzeit alles möglich ist, solange niemand hinsieht und sich erst durch die Beobachtung durch eine Bewertung ein wahrnehmbarer Zustand manifestiert. Beobachten wir aus der Ferne ein Paar, das sich lautstark unterhält, könnte es ein Streit sein oder eine lebhafte, aber von Liebe durchdrungene Unterhaltung. Die beiden könnten sich schon lange kennen oder gerade eben erst begegnet sein. Erst wenn wir näher hingehen, erkennen wir, um was für eine Unterhaltung es sich handelt. Dann jedoch verändern wir bereits das Setting durch unsere subjektive Beobachtung, wodurch sich die Situation nicht mehr zu 100% objektiv erfassen lässt. Wir selbst nehmen wahr, was wir wahrnehmen wollen. Und das Paar wird sich der Beobachtung bewusst und lässt sich dadurch in einen bestimmten Zustand (Konflikt, lebhafte Auseinandersetzung, Liebesspiel, etc.) materiell „einfrieren“, obwohl zuvor evtl. verschiedene Zustände möglich waren.

Ein ähnliches Phänomen spielt sich in Organisationen ab, wenn ein Mitarbeiter, der an vielen Veränderungen herum nörgelt aus der einen Perspektive als anstrengend, aus einer anderen jedoch – er hat ja auch häufig recht mit seiner Kritik, auch wenn es niemand hören will – als wertvoller Kritiker wahrgenommen wird. Erst durch die Beobachtung bzw. Bewertung des Mitarbeiters wird sein Verhalten in Stein gemeißelt und zieht manifeste Folgen nach sich.

Frage ich in meinen Seminaren in die Runde, wer mit wem am meisten Probleme hat, zeigt sich beinahe immer: Der eine mag keine Nörgler, die nächste keine Besserwisser und der dritte kann nicht mit Jammerern. Hierbei handelt es sich vermutlich um einen persönlichen Schattenanteil (oder die ganz persönliche Anti-Materie), die mich erst zu einem ganzen Menschen macht. Konkret heißt das: Fragen Sie sich, was ein Nörgler, Besserwisser, Jammerer, etc. beziehungstechnisch mit Ihnen macht und was Sie daraus lernen können.

Warum mir der Umgang mit leidenden Menschen schwer fällt

Eine Anekdote am Rande: Mir persönlich fällt der Umgang mit leidenden Charakteren schwer. Der Grund ist in meiner Kindheit zu finden. Meine Mutter hatte früher starke Migräne-Attacken, worauf wir in der Familie Rücksicht nehmen mussten. Ich durfte nicht laut sein, keine Freunde mitbringen und wir unternahmen selten Ausflüge. Dadurch lernte ich, meine Befindlichkeiten zurückzunehmen und niemandem zur Last zu fallen, wodurch sich jedoch Wut aufstaut, die irgendwann einmal raus muss oder krank macht. Oberflächlich betrachtet könnte ich nun sagen: Jammern macht mich wütend. Dabei bestand die eigentliche Unzufriedenheit darin, mein eigenes Bedürfnis anderen in einem gesunden Maß zur Last zu fallen, nicht auszuleben. Ich tat mich jahrelang schwer, fremde Hilfe anzunehmen. Erst durch die Integration meiner Anti-Materie (dem ungeliebten Jammern) habe ich die Möglichkeit, ein vollkommenerer und zufriedenerer Mensch zu werden.

Das Mindset der klassischen Aufklärung

Unser menschlicher Geist hängt leider noch am Mindset der klassischen Aufklärung. Die klassischen Naturwissenschaften gingen davon aus, dass jeder Körper für sich selbst besteht und untersucht werden kann. Diese Sezierung von Gesamtzusammenhängen führte einerseits zu vielen Erkenntnissen, verstellte jedoch andererseits den Blick darauf, was Systeme zusammen hält.

Unterstützt wird das Ganze durch den Kapitalismus:

  • Mein Haus, mein Auto, mein Pferd, mein Raumschiff.
  • Unterm Strich zähl’ ich.

Ebenso spielt der Heldenmythos dieser Denkweise in die Karten. Als könnten ein paar Marvelfiguren die gesamte Welt retten. Mit Schwarmintelligenz tun sich die Menschen seit jeher schwer. Kein Wunder, dass mein Buch zu diesem Thema letztes Jahr aufgrund zu schwacher Verkaufszahlen eingestampft wurde.

Wir brauchen ein neues Mindset

Die Quantenphysik legt uns nahe, uns von diesem Denken zu verabschieden, indem wir akzeptieren, dass wir alle – und insbesondere Gegenpole – miteinander verbunden sind. Die Welt um uns herum entstand nicht durch Elementarteilchen, sondern durch das Zusammenspiel von Materie und Antimaterie, von Teilchen und Schattenteilchen. Insofern werden auch wir nicht angetrieben von einzelnen (abgegrenzten) Menschen, sondern erst durch das Zusammenspiel in einem Team.

Diese Denkweise könnte weitreichende Konsequenzen haben:

  • Anstatt in Bewerbungsgesprächen zu fragen, welche Kompetenzen jemand mitbringt, bietet sich die Frage an, was jemand bieten kann, um ein Team zu ergänzen.
  • Anstatt Veränderungen gegen Widerstände durchzuboxen, wäre es sinnvoller, kritische Meinungen sozusagen als natürliche Anti-Materie zu akzeptieren und zu integrieren.
  • Anstatt in Konflikten davon auszugehen, dass nur meine Meinung richtig ist, wäre es wichtig, sich damit anzufreunden, dass auch mein Gegenüber recht hat.

Wer sich bereits mit systemischem Denken und Mediationen auseinander setzte, erkennt hier wenig Neues. Neu ist jedoch die Erkenntnis, dass all das kein bloßes pädagogisches Schönwetter-Wunschdenken ist, sondern tief verwurzelt ist in der DNA unserer Welt.

Sollte diese Denkweise eines schönen Tages in der Gesellschaft angekommen sein, würden die Menschen vielleicht endlich verstehen, dass sie nur gemeinsam die Welt retten können, anstatt gegeneinander in Konkurrenz zu treten.

Literatur:

Lynne Haggard – The Bond. Die Wissenschaft der Verbundenheit

Hüther und Spannbauer – Verbundenheit

1https://de.wikipedia.org/wiki/Schr%C3%B6dingers_Katze

Corona aufarbeiten

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Puhhh! Muss das sein? Nachdem wir jahrelang mit diesem Solo-Thema beschallt wurden. Kann es überhaupt noch jemand hören?

Die einen wollen am liebsten verdrängen, was dieses „Damals, das noch nicht so lange her ist“ passierte: Ausgangsperren, Passierscheine, Reichweitenbeschränkung, Testpflicht, Abstandspflicht, maximal Ghettofaust, 3G, 2G, Impfpflicht-Diskussionen, Auftrittsverbote, Demonstrationen, Reichtagsdrama, Geschäfts- und Schulschließungen und eine ganze Menge zwischenmenschliche Verwerfungen. Augen zu und Schwamm drüber, auf dass so etwas nie wieder passiert.

Die andere Seite bringt ein Buch nach dem anderen auf den Markt, in der Hoffnung, dass die erfahrenen Kränkungen endlich jemand wahrnimmt. Und ein Buch nach dem anderen landet tatsächlich auf den Spiegelbestsellerlisten. Dennoch ist das Thema immer noch ein Tabu. In unserer Gesellschaft ebenso wie am Arbeitsplatz.

Neulich in einem Führungsseminar, eine Stunde vor Seminarende, platzt es aus einer Führungskraft heraus. Es ging um das Thema Bindung von Mitarbeiter*innen: „Was da passierte, war Wahnsinn. In meiner Abteilung gab es eine ungeimpfte Person, die von allen anderen gemobbt wurde. Ich stellte mich damals vor diese Person und sie ist mir heute noch dankbar. Egal welchen Auftrag ich ihr gebe, und sei er auch noch so schwierig, kein Gemecker, nichts, nur Loyalität.“

Daraufhin diskutierten wir eine ¾-Stunde, was damals passierte. Es gab, wie damals auch, die üblichen verschiedenen Meinungen, die ich an dieser Stelle nur anreißen will, weil wir die Diskussionen zu Genüge kennen: Impfen als Schutz und Solidaritätsleistung, Verschwörungstheorien bis zum Verfolgungswahn, die Angst vor einem übergriffigen Staat, der Paternalismus bei Testungen erwachsener Menschen, usw.

Tatsächlich sind wir auch nicht mehr in der Not, über den Sinn und Unsinn von Maßnahmen oder die Notwendigkeit einer Impfung zu diskutieren. Der Druck ist aus dem Kessel. Doch der Deckel ist immer noch auf dem Topf. Das Wasser im Kessel kocht nicht mehr. Aber es ist immer noch heiß. Und sobald ein neues, heikles Thema aufkommt, ist das Pfeifen wieder zu hören: der Russlandfeldzug, das Drama zwischen Israel und Palästina, der Klimawandel, usw. Und mitten drin der Rechtsruck. Corona ist nicht vorbei. Es bekam nur neue Namen. Und solange dieser Elefant im Raum nicht aufgearbeitet wird, bleibt der Spalt in unserer Gesellschaft bestehen.

Dass nun Planungen im Raum stehen, das Thema politisch aufzuarbeiten, ist die eine Seite. Doch was passiert in unserer Zivilgesellschaft, in Unternehmen, Organisationen, dem öffentlichen Dienst oder Ehrenämtern?

Wir diskutierten also eine ¾-Stunde lang darüber, ob und wie das Thema auch am Arbeitsplatz noch einmal angesprochen werden sollte. Zugegeben: Keine leichte Aufgabe für Führungskräfte. Nochmal ein großes Fass aufmachen will niemand. Und was passiert, wenn die Diskussionen entgleiten? Führungskräfte sind schließlich keine Mediator*innen. Und vielleicht wollen auch die Ungeimpften das Thema nicht mehr groß ansprechen. Einzelgespräche gehen jedoch immer: „Wie ging es dir damals? Und wie geht es dir heute im Team?“

Von Sigmund Freud kennen wir das Phänomen der Aggressionsverschiebung: Wenn ich meinen Ärger dort, wo er eigentlich hin gehört, nicht anbringen kann, lebe ich ihn an einem anderen Ort aus. Wer sich folglich in der Arbeit mit niemandem austauschen konnte und das auch heute noch nicht kann, sucht sich andere reale oder virtuelle Gruppen. Langfristig gesund für unsere Gesellschaft ist das nicht.

Daher mein Appell an Führungskräfte: Haben Sie den Mut, dieses Thema noch einmal anzugehen. Die besagten Mitarbeiter*innen – sofern sie überhaupt noch da sind – werden es ihnen mit Sicherheit danken, selbst wenn es „nur“ ein Gesprächsangebot ist.

Das Leben als Tragödie oder Komödie – eine Frage des Mindsets

Wer eine allzu idealistische Sichtweise im Leben verfolgt, ist oft nahe dran an einer Tragödie: „Alles könnte wunderbar sein, wenn es nur nicht so schlimm wäre. Ich könnte eine perfekte Arbeit leisten, wenn mein Team vollständig wäre. Ich könnte besser führen, wenn meine Mitarbeiter*innen motivierter wären. Ich würde mit dem Projekt rechtzeitig fertig werden, wenn ich genügend Ressourcen hätte.“

Einem Ideal zu folgen ist ehrenhaft und löblich, doch leider oft wahnsinnig frustrierend, weil es in der Wirklichkeit immer anders läuft als in der Theorie. Sich an Idealen zu orientieren ist sinnvoll, um die Welt zu verändern. Daran festzuhalten endet jedoch häufig tragisch. Es macht die Menschen uneinsichtig, wütend und bisweilen sogar handlungsunfähig: „Wenn ich meine Ideale nicht erreiche, mache ich lieber gar nichts. Dann kann mir wenigstens niemand vorwerfen, ich hätte mich verkauft.“ Wenn das keine Tragödie ist?

Tatsächlich wirken Idealisten oft verbissen. Sich mit weniger als dem eigenen Ideal zufrieden zu geben, fällt manchen Menschen offensichtlich schwer. In meinen Führungstrainings kommen ab und an Fälle zur Sprache, in denen Mitarbeiter*innen entweder befördert werden oder – je nach Option – kündigen oder nur noch Dienst nach Vorschrift machen. Dass diese Menschen Idealisten sind, scheint auf den ersten Blick nicht offensichtlich. Das Unvermögen, sich mit Realitäten zu arrangieren ist jedoch klassisch für extreme Idealist*innen.

Komödiant*innen arbeiten mit Umständen, die so sind, wie sie sind: Wenn du auf einer Bananenschale ausrutscht, mach’ wenigstens eine gute Figur. Zum Lachen ist es so oder so. Siegen müssen wir wohl kaum lernen. Besser wäre es zu lernen, wie wir mit Humor und Würde wieder aufstehen. Wenn also ein Kollege kündigt, eine Kollegin schwanger wird, eine Krankheitswelle um sich greift oder ein Kunde abspringt, könnten wir dies als Tragödie betrachten oder als Komödie, indem wir unsere idealistischen Ziele über Bord werfen und auf Improvisation umschalten. Komödiant*innen lachen, wenn es bereits nichts mehr zu lachen gibt.

Tragödien werden durch die Hegelsche Maxime der Bestimmung des Seins durch das Bewusstsein bestimmt: Wenn Sie als Führungskraft nur intensiv genug daran arbeiten, ein System zu verändern, wird langfristig alles gut. Dass es jedoch in jedem System eine Menge Gegenspieler*innen gibt, die anderer Meinung sind, macht die Sache kompliziert.

Komödien werden durch die Marxsche Maxime der Bestimmung des Bewusstseins durch das Sein bestimmt: Systeme lassen sich nur mühsam verändern. Machen wir das Beste daraus. Das bedeutet nicht – Marx würde sich ansonsten im Grab umdrehen – nicht zu kämpfen. Auf der Basis der Realisierung eines Systems kann immer noch verhandelt werden. Allerdings Schritt für Schritt.

In der Realität brauchen Sie freilich ein wenig von beidem:

  • Idealistische Ziele helfen dabei, die Welt zu verbessern. Wir sollten es jedoch nicht übertreiben, weil ansonsten die Gefahr besteht, die Gegenseite zu einem trotzigen, noch opponenterem Verhalten zu animieren. Ideale sind Orientierungen, die in der Realität vermutlich niemals zu 100% umsetzbar sind. Wäre das der Fall, hieße das Ergebnis Diktatur.
  • Materialistische Vorgehensweisen helfen Ihnen dabei, das Beste aus einer schwer veränderbaren Welt zu machen, um nicht verrückt zu werden. Systemische Bedingungen, insbesondere andere Meinungen werden als gegeben akzeptiert, um gemeinsam iterativ in Verhandlungsprozesse zu gehen.

Verkürzt lässt sich also festhalten:

  • Idealist*innen nehmen sich selbst ernst. Tragische Idealisten nehmen sich zu ernst.
  • Materialist*innen nehmen die Welt ernst. Komödiantische Materialist*innen lassen sich dennoch ein Lachen darüber nicht nehmen.

Dabei könnte es durchaus passieren, dass Systeme tatsächlich verändert werden, wenn wir sie nicht allzu ernst nehmen. Kein Wunder, dass Diktatoren vor Humoristen am meisten Angst haben.

Wie also blicken Sie auf die Welt? Eher als Tragödie oder als Komödie? Wie ernst müssen Sie sein, um ernst genommen zu werden? Und wie viel Humor verträgt das System, in dem Sie arbeiten?

Siehe auch: Auswirkungen von Idealismus versus Materialismus auf Seminare

Quellen:

https://www.derstandard.at/story/2000010210241/lachen-ist-opposition (externer Link)

Robert Pfaller: Wofür es sich zu leben lohnt. Fischer Verlag

Netzwerken in einer hybriden Welt, Teil 5 (von 5)

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Meine Empfehlungen zum Thema Netzwerken

1. Netzwerken muss Spaß machen

Wann macht Netzwerken am meisten Spaß? Wenn es keine offiziellen Netzwerktreffen sind. Ich vergesse regelmäßig, am Ende meiner Seminare darauf hinzuweisen, dass ich auch auf Linkedin unterwegs bin und regelmäßig Blog-Artikel schreibe. Das fühlt sich für mich als Anti-Vertriebler immer ein wenig schmierig an. Wenn ich jedoch selbst Seminare besuche – und sei es ein Kurs zum Thema Stimmbildung oder Schauspiel – unterhält man sich automatisch in der Mittagspause über dies und das. Und plötzlich macht netzwerken Spaß und fühlt sich ganz natürlich an.

2. Denken Sie langfristig

Manchmal braucht es Jahre, bis ein loser zu einem fruchtbaren Kontakt wird. Das funktioniert jedoch nicht mit Druck, sondern nur durch ein ehrliches Geben meinerseits und einem großen Vertrauen in die Zukunft. Aus manchen Kontakten wird freilich nie etwas, während sich andere zum Jackpot entwickeln. Vorher wissen kann das niemand.

3. Seien Sie ordentlich

Ich gebe zu, dass sich hier meine größte Netzwerkschwachstelle befindet. Als kreativer Chaot ist das jedoch nicht ungewöhnlich. Hätte ich von Anfang an sauber alle Kontakte gesammelt und kategorisiert, wüsste ich heute schneller, wen ich bei welcher Frage über welches Medium „anfunken“ könnte. Also lasse ich mich von meinen Linked-in-Adressen inspirieren, wenn ich einen Auftrag zu vergeben habe oder einen Rat brauche. Das ist zwar mega-spontan, kann jedoch dazu führen, dass ich es ganz lasse, wenn ich gerade keine Zeit habe und daher suboptimal.

Daher mein Tipp: Beginnen Sie heute damit, Ordnung in Ihre Kontakte zu bringen, indem Sie sie in verschiedene Kategorien einteilen, um im Fall der Fälle schnell darauf zugreifen zu können.

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter aus dem eBook „Wie kompetent muss ich sein?“ (externer Link) entnommen.

Netzwerken in einer hybriden Welt, Teil 4 (von 5)

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Empathie als zentrale Netzwerkkompetenz

Laut Wikipedia bezeichnet Empathie die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken und Motive einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Damit einher geht die Fähigkeit angemessen auf die Gefühle anderer Menschen einzugehen, beispielsweise nachzufragen, wie eine Situation gerade empfunden wird und ob eine Unterstützung erwünscht ist.

Warum machen uns Online-Meetings müder als Treffen in Präsenz? Ich kenne keine Studie dazu, vermute jedoch, dass es an der Schwierigkeit des Einfühlens liegt. Sehe ich mein Gegenüber nur verzögert auf einem kleinen Bildschirm, muss ich in meinem Gehirn ergänzen, ob es in den nächsten Sekunden etwas sagen möchte oder nicht. War da nicht ein Zucken? Oder doch nicht? Kein Wunder, dass online kaum ein flüssiges Gespräch in Gang kommt.

Bereits in einer direkten Kommunikation können wir uns zwar in andere Menschen über unsere Spiegelneuronen und die Deutung der Körpersprache im Normalfall gut einfühlen. Wir können jedoch das, was unser Gegenüber in Gänze ausmacht, seine sogenannte Qualia, kaum in Wort fassen. Dies gestaltet sich auf Distanz nochmals schwieriger.

In einer Welt, in der andere Menschen als Konkurrenten gesehen werden, Schwächen verpönt sind und Emotionen allenfalls oberflächlich gezeigt werden, steht es ohnehin schlecht um unsere Empathie. Einfühlungsvermögen benötigt nicht nur Offenheit, sondern auch Zeit.

Da unser Gehirn jedoch nicht wahrnehmen kann ohne zu bewerten und Unsicherheiten kaum aushält, sind wir beständig am ergänzen, was in unserem Gegenüber gerade vor sich geht. Was für die Kommunikation in Online-Meetings gilt, gilt für eine Kommunikation auf Distanz und damit auch in Netzwerken noch verstärkt. Bekommen wir lange Zeit keine Rückmeldung auf eine Anfrage, muss ich die Situation und damit meine Gesprächspartner*innen irgendwie einordnen. Und dies erfolgt nicht unbedingt optimistisch und wohlwollend:

  • Mein*e Netzwerkpartner*in interessiert sich nicht für mich oder ist ein*e Idiot*in und selbst schuld, wenn er oder sie sich nicht meldet.
  • Oder: Ich bin vermutlich nicht wichtig genug.

Stattdessen wäre es sinnvoller, nachzufragen, was wirklich in Kolleg*innen oder Netzwerkkontakten vorgeht, wenn keine Rückmeldung erfolgt. Meist steht dahinter keine böse Absicht, sondern Zeitdruck. Zuerst hat mein Gegenüber noch keine Antwort. Dann kommt etwas dazwischen. Und dann ist es vielleicht nicht mehr aktuell. Das alles sollen keine Ausreden sein, warum sich jemand nicht meldet, sondern lediglich Erklärungen, die logisch nachvollziehbar sind.

Ein zentraler Aspekt der Empathie ist daher die Unterscheidung zwischen Verstehen und Verständnis. Wenn ich mein Gegenüber verstehe, kann ich einen Perspektivwechsel vornehmen und mich damit in sein Denken und Fühlen, seine Ziele und die Logik seiner Handlungen hinein versetzen. Ein Verständnis für seine Handlungen muss ich nicht haben. Das Verstehen einer Person basiert auf einer individuellen Einfühlung. Das Verständnis verbindet dieses mit einer persönlichen Bewertung. Ich verstehe, dass du dich nicht meldest, finde es aber dennoch blöd. Deshalb ist die gängige Diffamierung des Putin-Verstehers unlogisch. Ein Reporter muss Putin verstehen, um über ihn zu berichten. Verständnis für das Agieren des russischen Präsidenten muss er nicht haben.

Um überhaupt zu einem Verstehen zu kommen braucht es als erstes die Achtsamkeit, unsere Wahrnehmung von schnellen Bewertungen zu trennen. Dass ich keine Rückmeldung bekomme kann viele Gründe haben. Erst im zweiten Schritt geht es darum, sich empathisch-wertschätzend zu begegnen, um gerade über die digitale Ferne die Bindung zu erhalten oder aufzubauen. Dazu kann ich mich zum einen in mein Gegenüber hineinversetzen und darüber nachdenken, was er oder sie gerade braucht. Wenn ich beispielsweise zu einem Termin noch nicht zusagen kann, schicke ich zumindest eine Rückmeldung über den Prozess meiner Entscheidungsfindung: Ich muss zuerst dies und das mit Person X abklären und melde mich dann wieder in so und so viel Tagen.

Zum anderen kann ich empathisch nachfragen, wenn ich auf eine Antwort warte. Fragen wirken enorm wertschätzend. Gleichzeitig erfahren Sie bestenfalls, warum jemand sich nicht meldet. Mögliche Fragetechniken lauten:

  • Hypothesenfragen: „Ich vermute, dass bei dir gerade ganz andere Sachen dringender sind. Ist das so?“
  • LösungsorientierteFragen: „Wie wollen wir uns in Zukunft absprechen?“, „Wie könnte es besser funktionieren?“ oder: „Ist es passend für uns zu mailen oder brauchen wir ein anderes Kommunikationsmedium?“
  • Genauern: „Was genau ist bei dir gerade los?“ oder „Was genau meinst du mit: Es ist gerade schwierig?“

Dieser Artikel wurde in leicht veränderter aus dem eBook „Wie kompetent muss ich sein?“ (externer Link) entnommen.