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Veränderungen begleiten

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Changemanagement oder Transformationsprozess?

Um zu verstehen, wie ich als Changemanager*in und Führungskraft Veränderungen am besten begleite, ist es hilfreich, die Begriffe Change und Transformation zu unterscheiden, gerade weil die beiden Begriffe häufig synonym verwendet werden.

Interessanterweise wird seit einigen Jahren vermehrt von Transformationsprozessen anstatt Changemanagement gesprochen. Doch worin besteht der Unterschied?

Sowohl der Begriff Change als auch Transformation lassen sich mit Veränderung übersetzen. Der Begriff der Transformation lässt sich jedoch zusätzlich als Umwandlung oder Verwandlung beschreiben. Während sich daher mit dem Begriff Change der äußere Wandel und damit entweder der Wunsch nach oder die Notwendigkeit einer Veränderung bezeichnen lässt, beispielsweise digitaler zu werden, um nicht den Anschluss an die Konkurrenz zu verpassen, zielt ein Transformationsprozess auf den inneren Wandel von Menschen, Teams und Organisationen ab. Das gesamte Unternehmen soll sich von innen heraus verändern. Es soll seine innere Einstellungen und Haltungen verändern als wäre es ein Mensch inmitten eines psychologischen Transformationsprozesses.

In Changeprozessen sind Widerstände erlaubt, ja sogar erwünscht, weil sie auf Schwachstellen im System aufmerksam machen. Der Begriff der Transformation hingegen suggeriert, dass ein Veränderungsziel als gegeben anzunehmen ist. Widerstände sind nicht nur störend, sondern sogar selbstzerstörerisch, weil die Transformation bspw. hin zu einem digitalen Unternehmen unumgänglich ist.

Wenn in manchen Büchern von der digitalen Transformation die Rede ist, geht es jedoch in der Regel nicht um die Mensch-Maschine. Aus der Wahl der Begrifflichkeit lässt sich wohl eher der Wunsch ablesen, dass Veränderungen in Unternehmen nicht nur oberflächlich mitgemacht, sondern tatsächlich gelebt werden sollen. Ob die Nutzung des Transformationsbegriffs Veränderungen erleichtert oder nicht wird sich noch zeigen. Es könnte jedoch sein, dass genau diese rhetorische Vereinnahmung der Metamorphose des gesamten Menschen zu trotzigen Abwehrreaktionen führt: „Veränderungen mussten immer schon mitgemacht werden. Als Angestellte/r bleibt mir da wenig Spielraum. Meine innere kritische Meinung gegenüber der Veränderung möchte ich dennoch behalten“.

Die Trauernden und die Neugierigen

In Transformationen geht es also um innerpsychische Prozesse als Reaktion auf die äußere Veränderung. Meist haben wir es dabei mit Wut, Ängsten und Unsicherheiten zu tun, genauso aber auch mit Neugier oder Aufbruchstimmung.

Die bekannten Trauerphasen nach Elisabeth Kübler-Ross von

  1. Verdrängung und Nicht-Wahrhaben-Wollen der Notwendigkeit einer Anpassung,
  2. Wut über die erzwungene Anpassung durch die äußere Veränderung,
  3. Verhandlung als Möglichkeit noch etwas vom Alten zu retten,
  4. Verzweiflung und Trauer als Zeichen der Akzeptanz der inneren Veränderung und
  5. Akzeptanz des Neubeginns und Integration der Transformation in den eigenen Alltag …

… gelten daher nur für jene Menschen, die sich mit einem Transformationsprozess schwer tun, weil sie noch stark am Alten hängen. Nennen wir sie die Trauernden, was wesentlich wertschätzender ist als Querulanten, Bremser oder Blockierer. Andere hingegen sehen ihre Chance, der Veränderung ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Nennen wir sie die Neugierigen.

Gäbe es nur eine Gruppe, wäre die Begleitung einer Veränderung einfach. Ich müsste dann entweder nur die fünf Phasen der Trauerverarbeitung durchspielen oder könnte sofort ins Neuland aufbrechen.

Gleichzeitig sind die Widerstände in Veränderungen auch ein Segen, da manches vom Alten durchaus mitgenommen werden sollte, weil niemals alles falsch war und ist.

Veränderungen und Transformationen begleiten

Die eigentliche Transformationsphase als unbekanntes Niemandsland befindet sich zwischen dem Alten und dem noch unbekannten Neuen. Als Transformationsbegleiter*in sollte ich folglich ebenso zweigleisig denken, um beiden Gruppen gerecht zu werden, den Traurigen, die manchmal wütend sind und den Neugierigen, die oft ungeduldig sind:

  1. In der Phase der Verabschiedung des Alten sollte ich gleichzeitig das, was bislang gut funktionierte wertschätzen und schützen:
  • Die Frage „Was wollen wir erhalten?“ geht an die Traurigen.
  • Die Frage „Wovon wollen wir uns verabschieden?“ geht an die Neugierigen.
  1. In der Phase des Niemandslands geht es vor allem um Geduld, Toleranz und Verständnis füreinander:
  • Die Neugierigen wollen so schnell wie möglich den Neuanfang starten und sind frustriert, dass viele Prozesse so zäh vorwärts kommen. Für diese Ungeduld braucht es Verständnis und Toleranz. Toleranz und Geduld braucht es aber auch für Experimente in dieser Phase, die scheitern können. Aktuell ist jedoch noch nichts in Stein gemeiselt.
  • Die Trauernden wiederum wollen – trotz des Signals, dass auch etwas vom Alten erhalten bleibt – am Alten als Gesamtkonstrukt festhalten. Entsprechend der fünf Phasen nach Kübler-Ross kann es hier auch zu Wut, Trotzreaktionen („Ich hab’s ja gleich gesagt. Das ist doch alles Mist! Das klappt doch nie!“) oder Ängsten bis hin zu Panik kommen („Wie soll ich da jemals mitkommen? Ich verstehe das alles nicht mehr. Das ist nicht mehr meine Welt.“). Auch dafür braucht es Verständnis, Toleranz und Geduld.
  1. In der Phase des Neuanfangs schließlich zeigen sich erste stabile und belastbare Erkenntnisse: „Ja, unsere Wissensmanagement-Plattform wird genutzt. Ja, unsere Kunden reagieren positiv auf unsere Anpassungen.“ Wie in der Natur bekommen wir also ein positives oder negatives Feedback zurück, um uns zu zeigen, ob wir auf der richtigen Spur sind. Und damit bekommen wir neue Energie und Sicherheit, um den Weg weiterzuverfolgen oder gegebenenfalls anzupassen:
  • Ein positives Feedback ist jedoch weniger für die Neugierigen, als vielmehr für die Trauernden als Sicherheits-Signal geeignet, auf dem richtigen Weg zu sein.
  • Ein negatives Signal könnte für die Trauernden eine Bestätigung für das Scheitern der Veränderung sein, ist jedoch auch hier mehr für die Neugierigen als Gedulds-Signal geeignet, sich bei Veränderungen in Demut zu üben. Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut.

Wenn Sie die innerpsychischen Prozesse Ihrer Mitarbeiter*innen ernst nehmen, ist es egal, ob Sie im Rahmen eines Veränderungsprozesses von Change oder Transformation sprechen. Denn letztlich symbolisieren die beiden Begriffe die beiden Seiten einer Medaille.

Seminarangebot: Culture Hacks als Guerilla-Taktik zur Kulturveränderung

Eine Unternehmenskultur lässt sich schwer verändern. Während traditionelle Vorgehensweisen strukturiert und strategisch ablaufen, beispielsweise über einen Leitbildentwicklungsprozess, gleichen Culture Hacks einer Guerilla-Taktik, die . Sie nutzen das Wissen um das Zusammenwirken von unbewussten kulturellen Regeln und manifesten Elementen wie dem Umgang mit Meetings, E-Mails oder dem Dresscode, um mit gezielten provokanten Veränderungen die vorhandene Kultur kurzfristig auf der manifesten Ebene zu irritieren und damit langfristig auch die unbewusste kulturellen Spielregeln zu verändern.

An einem Beispiel: Wenn Meetings zu lange dauern könnte der Hack lauten: Nach einer Stunde wird das Meeting beendet, auch wenn noch etwas ansteht. Oder: Wenn in Ihrem Team eine Überharmonisierung stattfindet und daher wichtige Themen nicht auf den Tisch kommen und (persönliche) Fehler nicht aufgearbeitet werden, bietet sich der Hack „Genervte Pinwand“ an: Verteilen Sie auf einer Pinwand Post-its mit Satzanfängen wie „Ich bin genervt, wenn …“ oder „Ich bin frustiert, wenn …“ und lassen diese von Ihren Mitarbeiter:innen ausfüllen. Die einzige Spielregel lautet: Es geht um Themen, nicht um Personen. Die Ergebnisse können im Team aufgearbeitet werden oder stehen für sich.

In diesem Ein-Tages-Workshop erfahren Sie das Basiswissen über den Aufbau der Kultur in einer Organisation, wie diese gründsätzlich verändert werden kann und welche Rolle Culture Hacks dabei spielen.

Die Agenda:

  • Culture Hacks: Definition, Herkunft und Wirkungsweise
  • Kulturebenen: Was ist bewusst und was nicht?
  • Möglichkeiten der Kulturveränderung: Wirkungsweise von Irritationen und Provokationen
  • Culture Hacks als Teil der offiziellen Strategie: Einbindung von Culture Hacks in offizielle Leitbild- und Changeprojekte
  • Von der Theorie zur Praxis: Vom Problem zur Lösung mit Culture Hacks

Dauer: 1 Tag (online oder offline)

Eine Aufteilung in zwei Tage mit einem ersten halben Tag als Input und einer Ideensammlung und nach zwei Wochen einem zweiten halben Tag zum Austausch angewandter Ideen und Erfahrungen damit ist ebenso denkbar.

Die 5S-Methode

Schön, wenn wir Beinfreiheit haben und unsere Kreativität ausleben können. Doch ab und an wächst sich die Kreativität zu einem kaum noch zu bändigenden Chaos aus und wir hätten einfach gerne ganz banal ein wenig mehr Ordnung und Struktur im Leben oder schlicht und ergreifend am Schreibtisch. Doch leider ist es nicht so einfach, die alte Routine des „da liegt es ja eigentlich ganz gut“ zu verändern. Viele von Ihnen können hier sicherlich ein Liedchen davon singen. Hier kann die sehr einfache, aber genau deshalb so erfolgreiche 5S-Methode zur Arbeitsplatzorgansiation und -standardisierung gute Dienste leisten, um die Arbeitseffizienz und Produktivität durch verringerte Suchzeiten zu erhöhen.

Und so geht’s:

1. (Aus-)Sortieren

Wenn Sie Ihren Arbeitsplatz durchgehen: Was davon brauchen Sie 5S-Methodewirklich und was nicht? Was brauchen Sie häufiger und was weniger häufig? Gibt es Orte, an denen manche Dinge besser aufgehoben wären (Lager, Keller, Kollege)? Können Sie manche Dinge komplett entsorgen, weil Sie sie niemals benutzen? Aussortiert bzw. gelöscht werden können aber auch e-mails oder alte Dateien. Und weiter: Denken Sie bei manchen Aufgaben auf Ihrer To-Do-Liste, die Sie ungern machen wollen, genau darüber nach, warum dies so ist. Und dann heißt es:Change it, love it oder leave it. Sprich: Kann ich etwas verändern? Wenn nein, gibt es nur zwei weitere Möglichkeiten: Akzeptieren und lieben lernen oder (vielleicht doch lieber dieses Facebook-Kontakt) löschen!? Wenn Sie sich noch nicht sicher sind, ob Sie etwas „löschen“ können, richten Sie dafür einen vorübergehenden Platz ein und verfassen dem „Ding“ ein Haltbarkeitsdatum: Wenn sich nicht innerhalb des nächsten Monats ein Nutzen ergibt: Weg damit. Stellen Sie sich im Zweifel die Frage, die wir auch aus dem Linder-Axiom kennen: Was kostet mich eine Neuanschaffung und was kostet mich die Lagerung (inkl. Abstauben und Nerven)?

Effekt: Mehr Übersicht, Platzgewinn, Gedanken über Wertigkeit

2. Systematisieren und ordnen

Schauen Sie sich in Ihrer Arbeitsumgebung um und betrachten Sie die Anordnung der Gegenstände. Haben Sie alles in greifbarer Nähe, was Sie für die tägliche Arbeit benötigen? Finden Sie alles auf Anhieb oder müssen Sie Papierstapel wegschieben und durchwühlen? Vielleicht hilft Ihnen eine kleine Skizze Ihrer Greif- oder Laufwege. Das Faultier in uns sagt: Der Weg eines Dokumentes von Ihrer Hand zu seinem angestammten Ort muss so kurz wie möglich sein. Manchmal sind zur Hilfe entsprechende Markierungen und Beschriftungen (z.B. auf Ordnern) sinnvoll, um Dinge auch langfristig an den gleichen Orten wiederzufinden. Auch die üblichen Reiter und Unterteilungen in Ordnern und Schubfächern sind unumgänglich. Überlegen Sie, wie lange Sie benötigen, um etwas zu finden. Ist es bei einem regelmäßig benutzen Objekt (z.B. ein Taschenrechner) länger als 1 Minute, sollten Sie darüber nachdenken, was Sie verändern können.

Effekt: Übersichtlichkeit, schneller Zugriff, Zeitgewinn, Stressverminderung, Fehlervermeidung

3. Sauberkeit

Hier geht es nicht nur darum, den Arbeitsplatz zu säubern, um ihn für sich selbst, für Kunden und Kollegeneinladender zu machen, sondern auch um den Aspekt der Gesundheit bzw. des Ausschaltens von Gefahrenquellen. Der Reinigungsaspekt kann sich sowohl auf die reale als auch virtuelle Welt beziehen (Stichwort: Virenscanner, um den Computer wieder schneller zu machen). Zudem sollten Bedingungen geschaffen werden, damit das Reinigungspersonal auch reinigen kann (z.B. leere Tische).

Effekt: Vorbeugende Wartung durch Mängelerkennung, Erhöhung der Arbeitssicherheit, höhere Motivation der Mitarbeiter durch Wohlbefinden, Langlebigkeit der Akten, Werterhaltung

4. Standardisierung und Routinen

Die erarbeiteten Grundlagen werden in diesem Schritt standardisiert und auf andere Arbeitsplätze, an denen gleiche Tätigkeiten ausgeführt werden, übertragen. Um auch langfristig erfolgreich zu sein, lohnt es sich die „Fünf-Minuten-Regel“ einzuführen. In so mancher Ausgabe der „Brigitte“ wird schon seit vielen Jahren der morgendliche 15-Minuten-Gang durch die Wohnung propagiert, um erstmal ganz paretotechnisch das Gröbste aufzuräumen. Warum also nicht auch im Büro? Jeder Mitarbeiter nimmt sich folglich einmal täglich fünf Minuten Zeit, am besten gleich am frühen Morgen, um auf seinem Arbeitsplatz wieder die herkömmliche Ordnung herzustellen und somit auch beizubehalten. So können auch Tagesroutinen eingeführt werden wie:

  • 8:00-8.30 die wichtigsten Mails beantworten,
  • Tagesübersicht erstellen bis 9.00. Auf der To-Do-Liste die 1-3 wichtigsten Aufgaben markieren und die ersten Schritte dazuschreiben,
  • 9-12.00 Kundenkontakte, dazwischen an den anstehenden Aufgaben arbeiten. Usw.

Sich (neue) Routinen anzueignen heißt aber auch alte Routinen zu verändern. Überlegen Sie sich daher bei jedem mal, wenn Sie etwas ablegen wollen: Passt es dorthin? Wenn nein: Legen Sie es an seinen angestammten Platz oder finden Sie einen geeigneten. Stellen Sie sich die Frage: Was habe ich mir über die Zeit hinweg angewöhnt (z.B. Mappe herausnehmen und nicht mehr zurücklegen) und was möchte ich verändern? Auf Teamebene haben sich für Routinen sogenannte One-Page-Standards (Infografiken, Prozessabläufe, Entscheidungsbäume o.ä.) als erfolgreich herauskristallisiert.

Dazu Erkenntnisse aus der Lernpsychologie:

1. Machen Sie mind. jeden 2.Tag etwas für Ihre Ordnung.

2. Halten Sie die neuen Gewohnheiten 4-6 Wochen durch.

Erst dann kann eine neue zur alten Gewohnheit werden.

Effekt: Neue Gewohnheiten werden trainiert, der Standard wird gehalten und wirkt sich auch schnell auf die Umgebung (z.B. neue Mitarbeiter) aus. Wenn die neuen Routinen zu alten Routinen werden, läuft alles von alleine.

5. Selbstdisziplin und Motivation

Der letzte Punkt ist eigentlich ein Metapunkt, denn ohne Selbstdisziplin funktionieren auch die anderen 4S nicht.Für dauerhafte Erfolge ist folglich Selbstdisziplin unabdingbar. Stellen Sie sich Fragen wie:

  • Warum ist mir die Ordnung am Arbeitsplatz so wichtig?
  • Inwieweit kann ich mich dann besser auf meine Arbeit konzentrieren?
  • Wie könnte meine Arbeit in der Zukunft aussehen?
  • Was würde mein Umfeld sagen?
  • Welche verdeckten Gewinne habe ich, wenn alles beim alten bleibt (z.B. wer sucht, muss nicht arbeiten und kann sich mit gleichgesinnten über sein Chaos unterhalten oder den beliebten Spruch „das Genie usw.“ als Banner vor sich hertragen)?
  • Wie kann ich es schaffen, mich (oder mein Team) entsprechend zu motivieren?

Die Erkenntnisse können von motivierenden Zukunftsvisionen (z.B. als Grafik der Laufwege) über das Bloßlegen der eigenen Stolpersteine bis hin zu einfachen Belohnungen gehen.

Effekt: Die Umgewöhnung beginnt Spaß zu machen. Der vermeintliche Widerspruch zwischen Ordnung und Kreativität löst sich auf.