Wer ernsthaft an seinem Gegenüber interessiert ist, signalisiert, dass auch ein Nein auf eine Frage erlaubt ist. Wer lediglich ein Ja hören will, möchte sich bestätigt fühlen.
Privates Beispiel: Für andere kochen
Wer für andere kocht und fragt, ob es schmeckt, es jedoch eindeutig ist, dass ein Nein im Grunde nicht erlaubt ist, wie es nicht nur bei Familienfesten an Weihnachten passiert, hat kein echtes Interesse an seinem Gegenüber, sondern fragt, um sich selbst zu bestätigen.
Berufliches Beispiel: Veränderungen im Unternehmen
Präsentiert der Chef seinen Mitarbeiter*innen eine geplante Veränderung, bspw. einen Umzug oder die Einführung einer neuen Software, und fragt, ob alle dabei sind, jedoch deutlich signalisiert, dass er nur ein begeistertes Ja erlaubt, zeigt ebenfalls kein Interesse an seinen Leuten. Entweder er lässt es gleich bleiben, nachzufragen. Oder er stellt klar, welche Entscheidungen gesetzt und welche zu diskutieren sind.
Hier leistet die bekannte SMART-Regel gute Dienste:
Spezifisch und messbar: Was wird / soll genau passieren?
Attraktiv: In welchem Rahmen könnte das Geplante stattfinden, um es möglichst motivierend zu gestalten?
Realistisch: Halten die Mitarbeiter*innen den vorgestellten Plan für machbar?
Terminiert: Sollte es Anpassungen aufgrund der Diskussion geben: Bis wann soll der neue Plan vorliegen?
In meinen Seminaren diskutieren wir oft über die Bindung von Mitarbeiter*innen. Wenn es schon weniger Personal auf dem Markt gibt, sollten Arbeitgeber und Führungskräfte zumindest die vorhandenen Mitarbeiter*innen an sich binden.
Dabei gibt es zwei Arten von Bindung, eine emotional-soziale und eine sachliche. Die emotional-soziale greift, wenn es um enge Beziehungen geht. Die sachliche hat mit dem Arbeitsumfeld oder der Arbeit an sich zu tun. Für die emotionale kann ein Arbeitgeber sich für seine Mitarbeiter*innen interessieren, Grillfeste oder Teambildungsmaßnahmen veranstalten. Für die sachliche Bindung stehen Karrierechancen, Weiterbildungsangebote, ansprechende Arbeitsräume, Homeoffice und natürlich auch das liebe Geld.
Offensichtlich hat sich in den letzten Jahren etwas verschoben:
Einerseits versuchen Großkonzerne insbesondere im agilen Umfeld durch emotionale Bindungsangebote wie Kicker, P&P-Sessions (Projekte mit Pizza), Fitnessstudio im Keller, usw. den ganzen Mitarbeiter-Menschen an sich zu binden.
Andererseits lehnen v.a. junge Menschen mittlerweile solche Bindungsangebote ab, weil sie wieder mehr Wert auf eine deutliche Trennung zwischen Arbeit und Privatleben legen.
Zudem kommt in Zeiten hoher Mobilität und damit auch Fluktuation eine zu tiefe emotionale Bindung an den Arbeitgeber eher ungelegen.
Das stellt v.a. kleine Unternehmen, bei den Homeoffice nicht funktioniert und die zudem lediglich über ein schmales Budget für Vergütung und Weiterbildungen verfügen vor große Herausforderungen. Intuitiv ist es nachvollziehbar, bei solchen Beschränkungen alles auf die emotional-soziale Karte zu setzen. Eine zu enge Bindung mag jedoch nicht jede*r und kann sogar auf Menschen, die Arbeit und Privates gerne trennen abstoßend wirken. Hier haben große Unternehmen klar die Nase vorn, weil sie Mitarbeiter*innen beides bieten können: Wer mag, kann sich in Anonymität flüchten oder aber von reichhaltigen Angeboten für Bildung, etc. profitieren.
Aus diesem Dilemma könnten kleinen Unternehmen Kooperationen helfen, in denen es zum einen um ein gemeinsames Angebot von Weiterbildungsmaßnahmen geht. Zum anderen können auch gerade junge Mitarbeiter*innen sich untereinander über ihre Arbeit austauschen. Dabei werden logischerweise auch die Vor- und Nachteile der Arbeitgeber diskutiert, womit freilich die Angst verbunden ist, gute Mitarbeiter*innen an die Konkurrenz zu verlieren. Dies wäre jedoch nur dann der Fall, wenn ein Arbeitgeber tatsächlich schlechter als ein anderer ist. Auf der Habenseite könnte damit Fluktuation verhindert werden, weil bereits vor einem Wechsel klar wird, dass das Gras auf der anderen Seite des Zauns auch nicht grüner ist.
Für Sie als Arbeitgeber oder Führungskraft bedeutet dies, am besten in Austausch mit Ihren Mitarbeiter*innen zu gehen und offen darüber zu diskutieren, welche Art Bindungsangebote sich Ihre Belegschaft wünscht.
In Veränderungsprozessen gilt es als gesetzt: Man muss seine Leute mitnehmen. Dennoch funktioniert es oft nicht:
Die einen wollen nicht (mehr), weil sie kurz vor der Rente stehen.
Die anderen können (noch) nicht, weil ihnen die Erfahrungen und/oder Kompetenzen fehlen.
Durch diesen Sand im Getriebe bleibt so manch engagiertes Projekt auf der Strecke. Schnell wird der Schwarze Peter herum gereicht:
Die Geschäftsleitung ist schuld, weil sie den Changeprozess unsauber aufgesetzt hat.
Nein! Die Führungskräfte sind schuld, weil sie nicht intensiv genug auf die Sorgen ihrer Mitarbeiter*innen eingegangen sind.
Nein! Die Mitarbeiter*innen sind schuld, weil es immer welche gibt, die alles madig machen.
Auf englisch gibt es dazu den „schönen“ Begriff des Blame-Game, das jedoch außer Unmut und Frust keinen wirklichen Erkenntnisgewinn bringt.
Aber was wäre, wenn Sie die komplett falsche Strategie verfolgen? Was wäre, wenn Sie Ihre Mitarbeiter*innen zwar mitnehmen sollten, wenn aber dieses Mitnehmen Grenzen hat, weil Ihre Leute Partizipation nur bedingt gewohnt sind?
Spannungsfelder in Veränderungen
Damit sind wir bei den Spannungsfeldern in Veränderungen angekommen:
Natürlich wäre es toll, eine Veränderung aus eigenem Antrieb, schnell, mit großen Zielen und für alle gleich durchzuziehen. Aber ist das wirklich sinnvoll? Und passt es zum Unternehmen?
Bei solchen Spannungsfeldern geht es nicht um ein Entweder-Oder, sondern darum, sich der eigenen Veränderungsstrategie fragend zu nähern:
Wann brauche ich schnelle Erfolge?
Was an der Veränderung ist selbstbestimmt und was nicht?
Wann brauchen wir eine einheitliche Vorgehensweise und wie setzen wir Speziallösungen um?
Wofür brauchen wir idealistische Ziele und wann reichen einfache, vorübergehende Lösungen?
Was für die Planungsphase gilt, gilt freilich auch für die Umsetzung und Begleitung:
Was muss hierarchisch vermittelt werden, um Sicherheit zu geben? Und wie viel Mitbestimmung ist sinnvoll?
Wann brauchen wir Spielraum im Plan?
Was würde die Mitarbeiter*innen verunsichern und muss deshalb noch zurückgehalten werden?
Ab wann gefährdet die Veränderung unsere alltägliche Stabilität, weshalb Widerstände aus der Belegschaft ein wertvoller Hinweis sein können?
Auf welche emotionale Äußerungen sollten wir eingehen?
Je mehr Fragen Sie sich stellen und klären, desto transparenter wird Ihre Strategie, damit keine falschen Erwartungen entstehen und das Blame-Game hoffentlich der Vergangenheit angehört.
Veränderungen finden in unserer schnelllebigen Zeit zwar andauernd statt. Dennoch kommen sie selten ohne Widerstand und Konflikte aus, da es in jedem Changeprozess Gewinner und Verlierer gibt. Dabei kommt Führungskräften die besondere Rolle der Begleitung durch die Höhen und Tiefen eines Changeprozesses zu, da sie am nächsten an den Sorgen und Bedenken ihrer Mitarbeiter*innen dran sind – oder sein sollten.
Ziele dieses Ein-Tages Seminars:
Die psychologische Wirkung von Veränderungen verstehen.
Verstehen, wie Veränderung im organisationalen Kontext ablaufen.
Die eigene Rolle im Veränderungsprozess reflektieren.
Werkzeuge zur proaktiven Begleitung durch die Veränderung kennenlernen.
Konstruktiv mit Widerständen und Unsicherheiten umgehen lernen.
Inhalte:
1. Changemanagement, Transition oder Transformation?
Veränderungsphasen … nach Kurt Lewin und William Bridges
Ebenen der Veränderung aus kultureller, Mitarbeiter-, Führungs-, Kunden- und organisationaler Perspektive
Motivierende Ziele: Wie werden Ziele so formuliert, damit sie wirklich motivieren?
2. Meine Rolle als Führungskraft in Veränderungen
Rollenreflexion: Wie gehe ich selbst mit Veränderungen um und worin besteht meine Aufgabe u.a. als Kommunikator*in, Motivator*in und Coach?
3. Umgang mit Unsicherheiten und Widerstand
Ursachen von Unsicherheiten und Widerstand verstehen: Wie arbeite ich mit Betroffenheitsanalysen und Affektbilanzen?
Umgang mit Unsicherheiten und Widerstand: Wie gleiche ich Verlustgefühle aus und binde einflussreiche Widerständler*innen ein?
4. Praxistools für Changeprozesse
Moderationstools zur Aktivierung aller Beteiligten: Wie moderiere ich Reflexions- und Feedbackrunden, insbesondere bei (vermuteten) Widerständen?
Veränderungen als Prozess: Wie setze ich Storytelling zur Vorwegnahme von Höhen und Tiefen in Veränderungen ein?
Strukturen schaffen: Wie stabilisiere ich meine Teams nach den größten Turbulenzen mit Hilfe von Regeln, Richtlinien, Ritualen und Rollen?
Wie oft befinden wir uns in diesem großen Als-ob-Spiel? Wir tun so, als würden wir genau wissen, was zu tun ist. Die Mitarbeiter*innen wissen im Rahmen von Ankündigungen großer Veränderungen natürlich, dass das nicht stimmt, weil die Erfahrung oft genug zeigte, dass es anders kam. Und wenn das dann passierte, wird es nicht heißen: Wir haben gelogen. Oder: Wir wussten es nicht besser. Sondern: Wir mussten reagieren. Oder: Wir haben schnell gelernt. Wenn uns das nicht an die Politik der letzten Jahre erinnert?
Doch die meisten Mitarbeiter*innen spielen trotz besseren Wissens dieses Spiel mit. Entweder weil sie davon ausgehen, dass es ohnehin nichts bringen würde, Kritik zu üben. Oder weil sie bereits aufgegeben haben. Oder weil es zu anstrengend ist. Sie konzentrieren sich auf ihr Alltagsgeschäft und blenden den Rest aus. Der kleine Rest, der Kritik über, gilt als Pessimist und Querulant.
Wie sagt der Kabarett-Comedian Till Reiners so treffend: „Die Wahrheit ist wie ein entfernter Verwandter. Schon nett, muss jetzt aber nicht jeden Tag sein.“
Ginge das nicht anders? Irgendwie würdevoller. Wie wäre es damit:
„Die Fakten sind uns wohl allen weitgehend bekannt. Klar ist auch, dass wir handeln müssen. Denn, wenn wir jetzt nicht handeln, verpassen wir Chancen, den Anschluss an die Konkurrenz, was auch immer. Wir könnten jetzt so tun, als ob wir genau wüssten, was zu tun ist. Das wäre jedoch gelogen. Wir schiffen sicherlich nicht im Trüben. Wir rechnen mit Wahrscheinlichkeiten. Wir sichern uns ab. Wir lassen uns beraten. Und wir bringen eine Menge Erfahrungen aus den letzten Jahrzehnten mit. Dennoch wissen wir nicht zu 100%, ob das, was wir heute tun, genau zu dem führt, was wir uns erhoffen. Es bleibt also immer ein wenig wackelig. Ich würde es mir anders wünschen. Oder auch nicht: Denn dann würden wir in einem Determinismus leben, der das Leben letztlich langweilig macht. Ist es nicht so? Wir heiraten, bekommen Kinder, erlernen einen Beruf und wünschen uns, dass alles so wird, wie wir uns das immer erträumt haben … Und dann kommt es doch anders. Wir merken nach einigen Jahren, dass unser*e Partner*in eigene Wünsche hat, die nicht mehr zu unseren passen, dass unsere Kinder Schulprobleme haben, dass unser Beruf unsere Neigungen weniger trifft, als wir uns das im Studium oder unserer Ausbildung dachten. Was also tun? Würden wir mit dem Wissen in ein paar Jahren heute anders handeln, um vielleicht anders enttäuscht zu werden? Wir hätten dann nicht geheiratet und keine Kinder und wüssten nicht einmal, was wir verpassen. Und wir hätten einen anderen Job, der sich ebenfalls als schwierig herausstellt. Wer die Bremsen an seinem Fahrrad repariert, weiß, was er tun muss, damit es später funktioniert. Komplexe Entscheidungen, insbesondere, wenn sie viele Menschen betreffen, sind immer unsicher. Wir werden nach bestem Wissen und Gewissen handeln. Dennoch geht es letztlich nicht nur darum, was wir heute entscheiden, sondern auch darum, wie wir uns gemeinsam auf diese Entscheidung einlassen und mit allen Folgen dieser Richtungsentscheidung umgehen, v.a. wenn wir später Anpassungen vornehmen müssen. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir gemeinsam einen guten Weg für die Zukunft einschlagen, mit dem wir alle – trotz Unsicherheit – gut leben können.“
Positiv, Humorvoll, Wissenschaftlich fundiert
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