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Umgang mit Low-Performern

Die Frage, wie mit Low-Performern umgegangen werden soll, taucht in letzter Zeit in meinen Seminaren wieder häufiger auf. Sicherlich: Für Führungskräfte war es immer schon ärgerlich, dass manche Mitarbeiter*innen weniger leisteten als andere. Doch in Zeiten hoher Fluktuation, vermeintlich geringer Arbeitsmoral und damit einhergehend einer Dauerbelastung für alle anderen, spitzt sich das Thema weiter zu. Die Schere – so scheint es – geht immer weiter auseinander: Die einen ruhen sich aus. Die anderen arbeiten umso mehr. Der Ärger auf Minderleister ist dahingehend verständlich. Dennoch gilt es, die ersten Impulse des Ärgers beiseite zu schieben und einen kühlen Kopf zu bewahren.

Ursachen verstehen

Low Performer lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen:

  • Nicht Können: Wer nicht kann wurde evtl. schlecht eingearbeitet, ist falsch am Platz, ist schüchtern oder ihm/ihr fehlen Kompetenzen.
  • Nicht Wollen: Wer nicht will ist von Haus aus demotiviert, legt mehr Wert auf Freizeit oder wurde gekränkt. Er oder sie würde evtl. gerne etwas anderes tun, fühlt sich zu wenig gefo(e)rdert oder wurde bei einer Beförderung zurückgewiesen.

Low Performer frühzeitig erkennen

Nicht Können

Wer nicht mehr leisten kann zeigt meist ein fehlerhaftes Arbeiten mit ähnlichen Fehlern über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Beschwerden von Kund*innen oder Kolleg*innen häufen sich. Mitarbeiter*innen, die unabsichtlich weniger leisten, sind meist unsicher.

Nicht Wollen

Wer nicht mehr leisten will zeigt meist überdurchschnittlich hohe Fehlzeiten über einen langen Zeitraum. Häufig zeigt sich auch ein starker, unerwarteter Leistungsabfall, was auf eine Kränkung hinweisen kann, etwa weil eine Beförderung zurückgewiesen wurde. Er oder sie zeigt ein unpassendes Verhalten oder Auftreten im Unternehmen, hält sich nicht an kommunikative Regeln oder Dresscodes, ist unkooperativ und hilft Kolleg*innen nicht oder nur ungern. Zudem verweigert er oder sie die Ausführung von Arbeitsaufträgen, wo es möglich ist.

Umgang mit Low Performern

  1. Ursachenforschung: Als erstes ist es wichtig, die Ursachen zu kennen. Nur dann kann adäquat reagiert werden. Dies funktioniert am besten im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs, um als Führungskraft nicht aufgrund des Hören-Sagens zu urteilen. Kann oder will die Person nicht? Sind die Gründe privater oder beruflicher Natur? Liegt es an veränderbaren Kompetenzen? Handelt es sich um einen plötzlichen oder langfristigen Leistungsabfall?
  2. Lösungen finden: Erst wenn die Ursachen für die mangelnde Leistung geklärt sind, können passende Maßnahmen eingeleitet und/oder angeboten werden. So kann es durchaus sein, dass ein vermeintliches Nicht-Wollen weniger böswillig ist als zuerst gedacht. Was ist bspw. mit einer Mitarbeiterin, die ihre Kräfte schonen will, weil sie sich zuhause um einen depressiven Mann und zwei Kinder kümmern muss? Mitarbeiter*innen, die nicht können, lassen sich – sofern möglich und sinnvoll – eine Umbesetzung an einen passenderen Arbeitsplatz, ein Coaching, eine Weiterbildung, ein Mentoring oder der Austausch mit Kolleg*innen im Sinne einer Kollegialen Beratung anbieten. Bei Mitarbeiter*innen, die nicht wollen, lassen sich – sofern möglich und sinnvoll – Feedbackgespräche, Teambildungsmaßnahmen zur Erhöhung der Bindung im Team, eine Arbeitszeitreduzierung oder Maßnahmen zur Unterstützung der Work Life Balance-anbieten.
  3. Sanktionsmöglichkeiten: Sollte all das nicht funktionieren, ist es wichtig – insbesondere bei der Nicht-Wollen-Fraktion – sowohl die Vorkommnisse, als auch die Gespräche und Angebote sauber zu dokumentieren, falls es später – im Zuge von Abmahnungen oder einer Kündigung – zu einem Rechtsstreit kommt. Eine Alternative, die im Falle einer Unkündbarkeit am häufigsten gezogen wird, ist die interne Versetzung an eine Stelle, an der kein großer Schaden entstehen kann, bspw. ohne Kundenkontakt.

Wie erwähnt, steht und fällt der Umgang mit Low Performern jedoch mit einer sauberen Analyse im Rahmen eines offenen 4-Augen-Gesprächs mit der Führungskraft.

Trotz dem weiter machen

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In Krisen und unter Dauerbelastungen, bspw. bei einer dauerhaften Unterbesetzung, gelten andere Regeln:

  • Es wird mehr improvisiert als geplant.
  • Wir sollten uns auf das konzentrieren, was machbar ist.
  • Der erhöhte Aufgaben- und Zeitdruck erfordert eine Abkehr von einem übergroßen Perfektionismus. Es braucht daher eine manchmal schmerzhafte Prioritätensetzung.
  • Und auch große Visionen haben es schwer, wenn die Zukunft unsicher ist. Stattdessen wird auf Sicht gefahren, um die schlimmsten Verluste zu vermeiden.

Gerade in Krisenzeiten brauchen wir daher mehr Austausch als sonst (siehe auch https://www.m-huebler.de/warum-ziele-keine-zuversicht-und-motivation-mehr-vermitteln-und-was-wir-in-krisen-stattdessen-brauchen).

Doch reicht das aus? Oder brauchen wir als Mensch nicht auch Ziele, um nicht depressiv zu werden? Brauchen wir nicht trotzdem, bzw. trotz dem ganzen Drama um uns herum und der damit verbundenen Ungewissheiten Visionen und Ziele von einer besseren Welt, oder im Kleinen von einem vollständig besetzten Team? Brauchen wir nicht trotzdem das Vertrauen darauf, dass es eines Tages wieder besser wird?

Die Erfahrung, dass Ziele uns helfen, um stabil zu bleiben, kennt vermutlich jede*r. Man freut sich, die Masterarbeit endlich abgegeben zu haben … und fällt kurz darauf in ein tiefes, schwarzes Loch. Das Projektteam hat so gut zusammengearbeitet und dann, kurz nach Projektende, geht das Gezänke los. Wohl dem, der seinem Team ein weiteres Projekt präsentieren kann.

Das reine Weitermachen scheint eine ganze Zeit lang gut zu gehen. Letztlich sind aber Visionen und Ziele für unsere Psyche wie Nahrung für unseren Körper.

Die gesellschaftliche Stimmung spricht aktuell eine andere Sprache:

  • Viele junge Menschen wollen keine Kinder mehr in die Welt setzen. Goodbye Projekt Familiengründung.
  • Ein Haus zu bauen kann sich kaum noch jemand leisten.
  • Große Projekte stehen ohnehin im Verdacht, zu viele Umweltressourcen zu verschwenden.
  • Die nächste Urlaubsreise sollte auch bitteschön im Rahmen bleiben, um ressourcenschonend auszufallen. Andernfalls droht Reisescham.
  • Auch Karriere zu machen bzw. eine Führungsposition anzustreben erscheint vielen jungen Menschen nicht mehr attraktiv zu sein.

Ich hatte an anderer Stelle (https://www.m-huebler.de/wie-umgehen-mit-dem-motivationsknick-junger-mitarbeiterinnen) bereits über die 4 Phasen der Motivation geschrieben:

  1. Energie haben
  2. Sich ein Ziel setzen
  3. Durchhalten
  4. Das eigene Ziel gegen Widerstände verteidigen

Dabei stellt sich die Frage, woran es liegt, dass wir nicht mehr groß denken:

  • Haben wir nach der Pandemie, einem Krieg nach dem anderen, Diskussionen über das Klima, usw. keine Energie mehr für große Ideen?
  • Gibt es tatsächlich einen moralischen Vorbehalt gegen große Visionen, zumindest wenn sie nicht umweltschonend und nachhaltig sind?
  • Fehlt uns die Geduld und Beharrlichkeit unsere Ziele auch langfristig zu verfolgen?
  • Haben wir verlernt, für unsere Ideen, die zu Beginn oft noch klein und zerbrechlich sind, einzustehen?

Der Trotz hat einen schlechten Ruf. Er gilt als kindlich und naiv. Es lohnt sich nicht, sich trotzig für etwas einzusetzen, das ich ohnehin nicht haben kann. Wer klug und erwachsen ist, tut so etwas nicht. Aber vielleicht brauchen wir genau diesen kindlichen Trotz, verbunden mit der kindlichen Energie, an positive Visionen zu glauben, gerade weil derzeit vieles dagegen spricht:

  • An Frieden glauben, auch wenn wir wissen, dass es immer wieder Krieg geben wird.
  • An der Einigkeit im eigenen Team arbeiten, auch wenn es immer wieder Streit gibt.
  • Projekte verfolgen, die zumindest eine kleine Chance haben, verwirklicht zu werden. Und wenn sie scheitern, können wir zumindest etwas daraus lernen.

Vielleicht hatte Albert Camus recht, als er schrieb: Man muss sich Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen. Er weiß, dass der Stein niemals oben bleibt. Die Entropie, d.h. der Zerfall, ist immer stärker als der Aufbau. Vertrauen ist immer schneller verspielt als wieder hergestellt. Ich muss also wie die Rote Königin bei Alice im Wunderland rennen, um zumindest auf der Stelle zu bleiben.

Das ist anstrengend, kein Frage. Wäre es nicht angenehmer, seine Energie zu schonen, wenn wir schon wissen, dass wir unsere Ziele ohnehin selten so erreichen wie wir sie geplant hatten? Wäre es nicht weniger frustierend, uns mit Netflix, Amazon Prime und Disney+ „zu Tode zu amüsieren“ (Neil Postman)?

In der Psychologie gibt es den Begriff der „Psychischen Homöodynamik“: Wenn wir scheitern, verarbeiten wir diese Erkenntnis. Versuchen wir es gar nicht erst, wissen wir nicht, ob es funktioniert hätte oder nicht. Deshalb machen langfristig selbst gescheiterte Projekte glücklicher als Projekte, die wir zwar als Ideen hatten, aber nie in Angriff nahmen.

Auch wenn ich keine Studien dazu kenne, liegt es aufgrund des Zusammenhang zwischen unserer Psyche, unseres Gehirns und Immunsystems nahe, dass verfolgte Ziele nicht nur glücklich machen, sondern uns auch gesund halten. Denken wir uns also Sisyphos nicht nur als glücklich, sondern auch als gesunden Menschen.

Literatur:

Albert Camus: Der Mythos des Sisyphos

Neil Postman: Wir amüsieren uns zu Tode

Christian Schubert: Was uns krank macht – was uns heilt. Aufbruch in eine neue Medizin.

Christian Schubert: Das Unsichtbare hinter dem Sichtbaren: Gesundheit und Krankheit neu denken.

Lutz Bannasch und Beate Junginger: Gesunde Psyche, gesundes Immunsystem: Wie Psychoneuroimmunologie gegen Stress hilft.

Newtro Work

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Das Kunstwort Newtro ist zusammengesetzt aus new und retro, sprich neu und alt gleichzeitig. Aktuell sind beispielsweise Falthandys wieder im Kommen. Das Falten verdeutlicht das bewusste Abschalten des Handys, während die Technik freilich hochmodern ist.

Vielleicht sind solche Mischwörter ja ein Zeichen der Zeit – denken wir an die „Neue Normalität“ – und symbolisieren unser Bedürfnis nach ein wenig Stabilität in einer hektischen Welt ständiger Veränderungen.

„Newtro Work“ brauchen Sie nicht in eine Suchmaschine einzutippen. Diese Zusammensetzung habe ich gerade erst erfunden und darf gerne Karriere machen.

Als ich den Begriff Newtro las, kamen mir jedoch sofort die Diskussionen aus meinen Führungstrainings in den Sinn. Das zentrale Hauptthema lautet derzeit „Wie halten wir die Bindung und den Austausch untereinander in Zeiten einer hybriden Zusammenarbeit und hohen Fluktuation aufrecht?“

Die Brainstormings dazu in meinen Seminaren ergeben folgende Ideenliste:

  • Regelmäßige Face-to-Face-Treffen
  • Den Stammtisch reaktivieren
  • Die Fußballmann(und frau)-schafft reaktivieren
  • Mal wieder Bowlen gehen
  • Gemeinsames Mittagessen
  • Regelmäßige Aktionstage in Präsenz
  • Regelmäßige kurze Feedbackgespräche zwischen Chef*in und Mitarbeiter*in
  • Gezielt manche Besprechungen in Präsenz abhalten
  • Gemeinsame virtuelle Mittagspausen
  • Geburtstagsfeiern in Präsenz
  • Fehlerbesprechungsrunden in lockerer Atmosphäre mit Kaffee und Kuchen
  • Mehr Struktur in Online-Meetings
  • Klare Ziele, klare Planungen, sauberes Delegieren
  • Regelmäßige Teambildungs-Events

Mehr retro geht kaum.

Auch wenn junge Bewerber*innen häufig am liebsten sofort ins Homeoffice möchten, sind die Zahlen einiger meiner Auftraggeber, was das Homeoffice angeht eher wieder rückläufig. Die Kolleg*innen vermissen sich. Nach der Extremversion zu Corona-Zeiten pendelt sich offensichtlich eine neue Neue Normalität ein. Ob es dazu noch einen weiteren Begriff braucht? Keine Ahnung. Spannend ist es in jedem Fall, darüber nachzudenken, wie viel Altes das Neue braucht, damit Mitarbeiter*innen in Veränderungen mitziehen. Und manchmal ist das Alte eine feine Sache. Ist Fußball spielen mit den Kolleg*innen nicht so cool wie Funkmusik aus den Siebzigern? Retro eben.

Nachhaltige Veränderungen brauchen Struktur und Haltung

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Was Agilität und Homeoffice mit Materialismus und Idealismus zu tun haben

Materialismus versus Idealismus

Wenn es um große Veränderungen in der Gesellschaft geht, gibt es zwei Strömungen. Die eine steht in der Tradition des marxistischen Materialismus und geht davon aus, dass Strukturen verändert werden müssen. Die andere beruft sich auf den Hegelschen Idealismus und geht davon aus, dass sich v.a. das Bewusstsein verändern sollte.

Wer materialistisch denkt ist beispielsweise für eine Frauenquote in Unternehmen. Wer hegelianisch denkt, versucht, Vorurteile gegenüber Frauen aufzudecken. Beide Vorgehensweisen haben Vor- und Nachteile: Wer lediglich eine Frauenquote für Führungspositionen einführt, sorgt zwar dafür, dass mehr Frauen in der Führung präsent sind. Bleibt die Veränderung jedoch auf der Strukturebene stehen, kann es sein, dass Frauen ihre Karriere geneidet wird und diese sich mehr anstrengen (müssen) als Männer, um gegen bewusste oder unbewusste Vorurteile anzukämpfen.

Die Wirkmächtigkeit solcher Vorurteile untersuchte insbesondere der französische Soziologe Pierre Bourdieu. Für nachhaltige Veränderungen reicht es also nicht aus, lediglich Strukturen zu verändern, wie im Falle der Frauenquote eine Regel einzuführen Als Ergänzung braucht es die Beschäftigung mit Bewertungen, Neigungen und typischen Verhaltensweisen, als Bündel bei Bourdieu Habitus genannt:

  • Was verbindest du eher mit Leistung und Zuverlässigkeit: Männer oder Frauen?
  • Was verbindest du eher mit Emotionalität: Männer oder Frauen?
  • Wer ist eher für eine Führungsposition geeignet: Männer oder Frauen?
  • Wen würdest du eher als Kolleg*in wählen: Einen Mann oder eine Frau? Usw.

Die Fragen erscheinen plump, insbesondere wenn wir der Meinung sind, gesellschaftlich weiter zu sein, was Egalität angeht. Zudem lassen sich sicherlich elegantere Fragen stellen. Doch auch wenn sich Strukturen in der Praxis bereits verändert haben, hängt unsere Geisteshaltung oft viele Jahre hinterher. Es kann also nicht schaden, zumindest darauf aufmerksam zu machen, dass wir häufig noch nicht so weit sind, wie wir uns das eigentlich wünschen oder es gesellschaftspolitisch erwartet wird.

Materialismus und Idealismus als Streitpunkt in Veränderungen

Die Unterscheidung zwischen Materialismus und Idealismus erscheint simpel, bildet jedoch die Grundlage vieler heftig geführter Debatten. Während die eine Seite am liebsten alle Reiterstandbilder aus kolonialistischen Vorzeiten abreißen, jedes N-Wort aus Büchern und Lesungen verbannen und bei Personenbezeichnungen einen Genderstern dazu basteln will, behauptet die andere Seite, dass damit noch lange nichts erreicht ist. Denn nur weil wir Ungerechtigkeiten mit Strukturveränderungen bekämpfen, sind sie nicht aus der Welt geschafft.

Auf den ersten Blick erscheinen die oben genannten Beispiele wie eine Strukturveränderung. In Wirklichkeit folgen sie jedoch dem (jugendlichen) Idealismus, mit Worten die Welt zu verändern. Tatsächlich verändert Sprache unser Denken und unseren Blick auf die Welt (Ideal = lateinisch „dem Urbild entsprechend“) und schafft damit eine zukünftige, andere Wirklichkeit. Bis dahin bleiben jedoch die aktuellen Strukturen unangetastet, bspw. Hungerlöhne und Kinderarbeit in der 3. Welt, auch wenn es seit einigen Jahren offiziell „Eine Welt“ heißt. Der strukturelle Rassismus geht also weiter, egal ob wir das N-Wort benutzen oder nicht.

Und was hat das alles mit Agilität zu tun?

Machen wir zum Ende dieses Artikels noch einen kurzen Schwenk zurück in die Arbeitswelt. Was hat nun Agilität mit der ganzen Diskussion um Materialismus und Idealismus zu tun?

Agile Führung setzt an zwei Fronten an:

  • Zum einen sollte sich das Mindset von Führungskräften verändern. Sie sollten insbesondere mehr mit Vertrauen führen und Prozesse wie auch sich selbst transparenter machen, um das Vertrauen ihrer Mitarbeiter*innen zu gewinnen. Dieser Ansatz ist zutiefst idealistisch. Oder wie En Vogue 1992 sangen „Free your mind and the rest will follow“. In der Ursprungsversion von Funkadelic 1970 hieß es übrigens noch „Free your mind and your ass will follow“. Auch schön.
  • Zum anderen gibt es mit Scrum, Objectives & Keyresults (OKR) oder Design Thinking Frameworks mit festen Strukturen aus Ritualen (Dailys, Weeklys, Reviews, Retrospektiven), Rollen (Scrum-Master, Product-Owner), Prinzipien und Regeln (Agiles Manifest, Design Thinking-Regeln). Dieser Ansatz ist zutiefst strukturell.

Dieses Zusammenspiel ist nicht nur in agilen Projekten und einer agilen Führung sinnvoll, sondern sollte in jeder Veränderung mitgedacht werden, um eine psychologisch-strukturelle Sicherheit zu bieten und Rückschläge zu vermeiden.

Mindset und Struktur im Homeoffice

Wer beispielsweise die Zusammenarbeit auf Distanz nachhaltig gestalten will, sollte neben dem Mindset des Vertrauens und der Transparenz folgende Strukturen klären bzw. vorgeben:

Richtlinien:

  • Chatten zur Bindung auf Distanz sollte erwünscht sein.
  • Erreichbarkeiten sollten transparent gemacht werden.
  • Bei den Einarbeitungszeiten muss geklärt werden, was im Homeoffice möglich ist und wofür es Präsenzzeiten braucht.

Regeln:

  • Verbindliche Kernzeiten und Erreichbarkeiten müssen klar sein.
  • Rückrufe sollten innerhalb … stattfinden.
  • Missverständnisse sollten frühzeitig und besser in Präsenz geklärt werden.
  • Wer krank ist, ist krank und arbeitet auch nicht im Homeoffice.
  • Nach … Uhr werden keine eMails mehr verschickt / beantwortet.

Rituale:

  • Regelmäßige Aktionstage dienen der Bindung im Team.
  • Fehler werden regelmäßig reflektiert und aufgearbeitet.

Literatur:

Jana Glaese – Was heißt hier Struktur? In: Philosophie Magazin 06/2023

Lebendige Achtsamkeit

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie achtsam Gerichtsmediziner*innen mit Toten umgehen? Achtsamer als wir Lebenden untereinander. Überhaupt pflegen wir ein ganz eigenes Verhältnis zu Toten. Über Tote soll man nicht schlecht reden, heisst es.

Daran, dass sich Tote verletzt fühlen könnten, kann es wohl kaum liegen. Es muss also damit zusammen hängen, dass Tote sich nicht mehr wehren können. Die Lebenden jedoch können sich noch wehren. Es wäre also grundverkehrt, die Achtsamkeit gegenüber Lebenden zu übertreiben. Wir brauchen daher im Umgang miteinander eine lebendige Achtsamkeit.