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Ein New Work Manifest auf der Basis einer positiven Führung

  1. Konzentration auf das Wesentliche: Fallen Sie nicht auf Effekthascherei oder Kosmetik herein. Sie helfen Ihren Mitarbeiter:innen nicht, indem Sie alles bunt und neu gestalten, sondern eher damit, ihnen Bedürfnisse zu erfüllen, die ihnen wirklich wichtig sind. Dies kann mit der Lebensbalance der Mitarbeiter:innen zu tun haben oder in eine lebensphasenorientierte Personalpolitik (externer Link!) eingebettet sein.
  2. Prävention statt Reparatur: Setzen Sie die Präventionsbrille auf. Während sachliche Zwänge uns zwingen, in kurzfristigen Zusammenhängen zu denken, wirkt sich die Belastung der Mitarbeiter:innen und damit Ausfälle wegen psychischen oder physischen Krankheiten langfristig aus und gerät daher leicht aus dem Blick. Eine positive Atmosphäre im Unternehmen schafft hier Abhilfe.
  3. Emotionale Kompetenz: Eine positive Haltung einzunehmen bedeutet nicht, negative Gefühle zu unterdrücken. Auf der Basis einer positiven Stimmung lässt sich jedoch Kritik leichter äußern als auf der Grundlage einer dauerhaft angespannten Stimmung.
  4. Jeder Mensch ist einzigartig: Jeder Mensch besitzt einzigartige Talente, die es zu entdecken und einzusetzen gilt. Eine moderne Führungskraft darf sich gerne als Talentscout fühlen, um sich gemeinsam mit den Mitarbeiter:innen auf die Suche nach diesen schlummernden Talenten zu machen und alles dafür zu tun, um möglichst viele Potentiale freizusetzen. Dafür ist eine neugierige, fragende Führungshaltung hilfreich.
  5. Führung und Zusammenarbeit: Ob im Großraumbüro oder im Homeoffice: Während Führungskräfte ihre Rolle aufgrund der veränderten Bedingungen neu definieren müssen, sind auch Mitarbeiter:innen gezwungen, ihre Mitarbeit zu überdenken. Führung, beispielsweise in der Gesundheitsfürsorge, wird nach wie vor Bestand haben. Alte Hierarchien weichen jedoch einer neuen Zusammenarbeit. Um dahin zu kommen, ist es wichtig, das Selbstwertgefühl und den möglichen Einfluss der Mitarbeiter:innen zu klären.
  6. Prozesse steuern mittels Feedback: Die Führungskraft der Zukunft ist mehr Beobachter und spontaner Feedbackgeber als langfristiger Planer. Als Coach begleitet sie ihre Mitarbeiter:innen und gibt ihnen Impulse, um sich zu verbessern und weiterzuentwickeln.
  7. Das Beziehungskonto: Eine Beziehung lebt von gemeinsamen Erfahrungen. Sind diese weitgehend positiv und durch Wertschätzung, Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Respekt geprägt, entsteht eine tragfähige Bindung, auf deren Basis sich auch Kritik leichter äußern lässt als auf der Basis von Skepsis und Misstrauen.
  8. Der Entropie entgegen wirken: Beziehungen und Bindungen zerfallen von alleine. Vertrauen ist schneller verloren als es gewonnen wird. Dies gilt für Kund:innen ebenso wie für Kolleg:innen. Die Etablierung einer Vertrauens- und Wertschätzungskultur ist daher mit einem hohen Aufwand verbunden. Wir können dies als das Prinzip der Roten Königin aus Alice im Wunderland bezeichnen. Die Rote Königin muss sich bewegen, um wenigstens auf der Stelle zu stehen.
  9. Respektvolle Autonomie: Mitarbeiter:innen zu helfen ist unlauter, wenn sie dadurch abhängig werden. Das oberste Prinzip einer Führungskraft als Coach sollte immer „Hilfe zur Selbsthilfe“ lauten. Dabei bestimmen Mitarbeiter:innen selbst, wie viel Hilfe sie benötigen und bleiben damit trotz Unterstützung autonom.
  10. Fehler als zentraler Aspekt unserer Menschlichkeit: Ein Unternehmen, das sich New Work und eine positive Führung auf die Fahnen schreibt, kommt am eigenen Umgang mit Fehlern nicht vorbei. Dabei sollten wir uns vor Augen halten, dass das Grundprinzip des Menschen nicht Perfektionismus ist – dafür sind Algorithmen zuständig – sondern Fehlbarkeit. Dies fing bereits in der Bibel an, als Adam von der verbotenen Frucht naschte, erst am Apfelbaum und später an Eva. Diese (Fehl-) Entscheidung führte jedoch zum Ausgang des Menschen aus seiner ursprünglichen Unmündigkeit. Auch heute noch mögen Algorithmen zwar perfekt funktionieren, der Mensch jedoch entdeckt mit Hilfe vermeintlicher Fehler neue Welten, von denen er nicht einmal wusste, dass es sie gibt.
  11. Die Dankbarkeitsbrille: Dankbarkeit ist eines der mächtigsten Instrumente der Führung und Zusammenarbeit. Gleichzeitig geht die Dankbarkeit in der Hektik des Arbeitsalltags oftmals unter. Es scheint manchen Führungskräften peinlich zu sein, ihre Dankbarkeit zu äußern und erinnert sie vielleicht auch an ihre eigene Fehlbarkeit. Dabei wirkt eine Dankbarkeitsbrille wie ein Optimismusfilter: Ich sehe die Dinge, die funktionieren und für die ich dankbar sein darf und nicht nur die, die mich ärgern. Für die Mitarbeiter:innen ist eine geäußerte Dankbarkeit meist ebenso ungewohnt und daher umso mächtiger als Bindungskitt.

Diese 11 Punkte eines Manifests für eine New Work Kultur auf der Basis einer positiven Führung finden Sie ausführlicher in meinem Buch (externer Link) „Mit einer positiven Führung die Mitarbeiterbindung fördern entnommen.

Führungskräfte als Krisenmanager

Die Ereignisse haben sich in den letzten Wochen überschlagen. Für mich ebenso wie für viele meiner Kunden. Corona stellt offensichtlich alles auf den Kopf.

Die Uhren scheinen aktuell schneller zu ticken als sonst. Manche Bildungsanbieter stellen schnellstens auf E-Learning um. Mitarbeiter gehen in Homeoffice. Führungskräfte lernen im Schnellverfahren und Learning-by-doing, per Distanz zu führen.

Vor einem Monat kam mein aktuelles Buch bei Springer Gabler “Die Führungskraft als Mediator” (externer Link) heraus. Immer noch aktuell, nur: Wer hat aktuell Zeit für ein ganze Buch?

Aus diesem Gedanken heraus entstand das nun vorliegende E-Book (externer Link), geschrieben in einer Art Fieberwahn in der letzten Woche: Die Führungskraft als Krisenmanager. Ausgehend von der Corona-Krise bietet es eine Handreichung auf guten 50 Seiten, wie Führungskräfte in Krisen ihren Mitarbeitern Orientierung und Sicherheit bieten können, um gemeinsam einen Weg aus der Krise zu finden. Wie immer bei mir mit einer Menge praxiserprobter Tools, die sofort anwendbar sind.

Was wir von Gottschalks Abgang für Führung lernen können

Bild von upklyak auf Freepik

Im Smalltalk mit der Rapperin Shirin David kommt es zu folgendem Dialog:

Thomas Gottschalk: „Dass du ein Opernfan bist, hätte ich dir nicht angesehen.“

Shirin David: „Warum nicht? Weil ich gut aussehe? Wir Feministinnen können klug sein, eloquent und wunderschön zugleich.“

Dazu muss man wissen: David wuchs nicht mit Hiphop auf, sondern mit klassischer Musik. Sie begann mit drei Jahren Klavier zu spielen, später kamen Saxofon, Geige und Oboe dazu. Mit fünf kommt sie auf eine Ballett-Schule und tanzt später am Hamburger Ballett. Sie studierte Gesang an einer Opern-Akademie und spielte an der Hamburgischen Staatsoper.

Vor diesem Hintergrundwissen erscheint die Äußerung Gottschalks entweder naiv oder respektlos – je nach Sichtweise. Hätte er diese Informationen wissen müssen? Ich meine ja. Entweder er hätte selber recherchieren können, mit wem er es an seinem letzten Wetten-Dass-Abend zu tun hat oder eine fleißiger Kopf aus der Redaktion hätte ihm einen kurzen Spickzettel zu geschoben.

Was hat das mit Führung zu tun?

Früher wurde top down geführt. Dies war letztlich eine sehr simple Angelegenheit:

  • Regel Nummer 1: Die Führungskraft besitzt Autorität, weil sie eine Führungskraft ist.
  • Regel Nummer 2: Ihre Autorität wird eher nicht angezweifelt.
  • Regel Nummer 3: Wer die Gefolgschaft verweigert, kann mit negativen Konsequenzen rechnen.

Die hat sich in den letzten 10-15 Jahren enorm verändert:

  • Heutzutage besitzt eine Führungskraft Autorität, wenn sie Mitarbeiter*innen etwas bietet. Dabei kann es sich um Stärke, Kompetenzen oder ein gutes Netzwerk handeln.
  • Autorität muss immer wieder bewiesen werden.
  • Autorität steht damit regelmäßig auf dem Prüfstand. Gute Führungskräfte fördern Kritik, auch an sich selbst, um sich zu verbessern.

So ähnlich wie eine autoritäre Führung es früher nicht nötig hatte, sich über seine Mitarbeiter*innen zu erkundigen, hatte es Gottschalk früher nicht nötig, sich über seine Gäste zu erkundigen. Es reichte vollkommen aus, ein paar freche Fragen zu stellen und ansonsten zu glänzen. Heute ist das anders.

So wie Gottschalk sich über seine Gäste hätte erkundigen können, um ein spannendes Gespräch zu führen:

  • „Wie kommt man von einer klassischen musikalischen Ausbildung zum Rap?“
  • „Was sagt deine Mutter dazu?“ (Anmerkung: Der Vater ist früh verstorben?)
  • usw.

… kommen auch moderne Führungskräfte nicht umhin, sich für ihre Mitarbeiter*in mehr zu interessieren als früher, was sich am einfachsten in zwei Begriffe packen lässt:

  1. Führungskräfte brauchen eine gute Menschenkenntnis: Was motiviert meine Leute? Was überfordert sie? Wer arbeitet am besten mit wem zusammen? …
  2. Da Menschenkenntnis nicht bedeutet, hellseherische Fähigkeiten zu haben, brauchen Führungskräfte immer auch eine große Neugier für das Spontane und Unerwartete.

Seinen Mitarbeiter*innen gegenüber ein echtes Interesse zu zeigen ist respektvoll und schafft damit im Gegenzug ebenso Respekt und Autorität, da ich einer Führungskraft, die sich wirklich für mich interessiert auch gerne folge.

Offene versus Inhouse-Seminare

Bild von vectorjuice auf Freepik

Was sind eigentlich die Vor- und Nachteile des jeweiligen Formats? Der Vorteil Offener Seminare ist – wie passend – die Offenheit der Teilnehmer*innen. Niemand weiß, wer gemeint ist, wenn wir über “Problemfälle” sprechen. Es darf nach Herzenslust über die Organisationskultur gelästert werden. Das Seminar findet in einem schicken Restaurant statt – weit weg vom Arbeitsplatz. Der Begriff Bildungsurlaub kommt nicht von ungefähr. Die Inhalte sind meist hochspezifisch und daher optimal auf die Teilnehmer*innen abgestimmt, weshalb diese – sie kommen schließlich i.d.R. freiwillig – hochmotiviert sind. Klingt nach einer Menge Vorteile. Dennoch fehlt etwas, das in letzter Zeit immer wichtiger wurde: Das Thema Bindung fällt logischerweise unter den Tisch.

Inhouse-Seminare hingegen haben erst einmal eine Menge Nachteile. Sie finden aus Kosten- und/oder Motivationsgründen i.d.R. in den eigenen Räumen statt, weshalb die Teilnehmer*innen Schwierigkeiten haben voll präsent zu sein. Es kommen evtl. nicht alle Themen auf den Tisch. Stichwort: Flurfunk. Hierarchien im Seminar können ebenso eine Rolle spielen. Und oftmals sind Seminare für die gesamte Führungsriege nicht zu 100% freiwillig. Darauf muss ich mich als Trainer einstellen.

Der Spaßfaktor ist außer Haus daher meist höher. Meine Empfehlung geht dennoch ganz klar in Richtung Inhouse-Seminar, weil genau hier das Thema Bindung ganz oben steht. In Offenen Seminaren geht es um eine individuelle Wissensvermittlung und die persönliche Weiterentwicklung. Allerdings auch mit der Gefahr verbunden, dass Seminarteilnehmer*innen sich von ihrer Organisation weg entwickeln. Also Obacht, lieber Personaler*innen.

In Inhouse-Seminaren wiederum verschwimmt bestenfalls die Grenze zwischen Workshop und Organisationsentwicklung. In meinem letzten Inhouse-Seminar ging es um die Ausarbeitung eines Onboarding- und Offboardingsprozesses, um den Umgang mit Lowperformern, um einen guten Umgang mit Fehlern, um gemeinsame Werte und Führungsprinzipien für ein Leitbild und um einen guten Umgang mit Dauerbelastungen.

So gerne ich Offene Seminare gebe, aber wenn sich aus dem Seminar heraus Projektgruppen zur Weiterbearbeitung der Themen bilden, schlägt mein Trainer-Organisationsentwickler-Herz noch ein wenig höher.

Was wollen die eigentlich, die jungen Leute?

Bild von rocketpixel auf Freepik

So lautete neulich eine Frage in einem Führungsseminar. Nein, eigentlich taucht diese Frage ständig auf. In verschiedenen Facetten:

  • Machen ihre Ausbildung und suchen sich dann was Neues.
  • Gehen Konflikten aus dem Weg und schreiben stattdessen 50 Wut-Bewerbungen.
  • Bekommen eine Stelle mit Führungsverantwortung angeboten und lehnen dankend ab.

Ja, was wollen die eigentlich?

Das System beeinflusst den Menschen mehr als anders herum

Zuallererst: Die Generationenfrage ist vermutlich viel weniger eine psychologische als eine systemische Frage. Ich durfte im Rahmen verschiedener Lehraufträge in den letzten 17 Jahren häufig mit jungen Menschen zusammen arbeiten und komme daher zu zwei Erkenntnissen:

  1. Es gibt immer solche und solche. Und meist gibt es auch noch andere.
  2. Junge Menschen sind heutzutage nicht respektloser als früher, sofern man sie selbst mit Respekt behandelt.

Aber Hand auf Herz: Wenn wir Älteren in einer Zeit aufgewachsen wären, in der wir uns gute Jobs hätten aussuchen können, hätten wir das etwas nicht zu unserem Vorteil genutzt? Wenn nicht, wären wir schön blöd gewesen. Der Mensch hat sich vermutlich nicht wirklich verändert. Doch das System hat sich durch den Personalmangel und das Homeoffice enorm verändert.

Wogegen rebellieren?

Wer etwas wollen will, muss auch wissen, was er oder sie nicht will. Doch wogegen rebellieren? Wer sich Ratgeber aus den 90ern anschaut, liest dort: Sie müssen nicht den Erwartungen ihrer Eltern entsprechen! Folgen Sie ihren eigenen Träumen!

Damals war Widerstand noch einfach: Lerne Nein zu sagen.

Doch wie schaut das heute aus, wenn Eltern ihren Kindern sagen: „Du kannst alles werden. Ich will dir nichts vorschreiben. Ich will nur, dass du glücklich (!!!) wirst.“

„Na, herzlichen Dank. Jetzt wähle ich nicht nur einen falschen Job aus, sondern bin sogar schuld daran, unglücklich zu werden.“

Junge Menschen haben es heutzutage weniger mit Erwartungen als vielmehr mit Unerwartungen zu tun. Dagegen jedoch lässt sich nicht rebellieren.

Und dann ist da noch die Algorithmisierung des Lebens. Wer sich in einer digital-sozialen Netzwerkblase befindet, folgt entweder dem Mainstream oder erntet einen Shitstorm. Intelligente Zwischentöne sind da eher unerwünscht.

Dabei sind Rebellionen meist ein wichtiger Zwischenschritt zur Entwicklung eigener Träume und Visionen.

Träume und Visionen

Was also bleibt übrig von der Frage: Was wollen die eigentlich?

Materialismus ist out. Familie, Haus, Auto, Carport und Reisen? Das scheint für viele junge Menschen keinen Reiz mehr auszuüben. Ein Auto brauche ich nicht mehr. Es gibt schließlich Carsharing. Kinder sind eine Umweltsünde und ein Haus kann ich mir nicht mehr leisten. Warum also einen Großteil seiner Zeit mit Arbeit verbringen, wenn die Welt sowieso bald untergeht? An dieser Stelle geht ein großer Dank an all die Weltuntergangsfilme aus dem Hause Hollywood. Und seit wann gibt es eigentlich den Begriff der Flugscham?

Wenn Materialismus out ist, wie wäre es dann mit Idealismus? Tatsächlich befindet sich derzeit eine Menge Idealismus in der Welt:

  • Gleichheit, Gerechtigkeit, Anti-Rassismus und Diversität
  • Umweltfreundlichkeit und nachhaltige Produktionen
  • für oder gegen Waffenlieferungen sein
  • für oder gegen wahlweise Israel oder Palästina sein
  • „follow the science“ versus „follow the bauchgefühl“
  • usw.

All das sind idealistische oder auch moralische Diskussionen, weit weg vom klassischen materiellen Denken. Doch leider ist Idealismus schwerer greifbar als Materielles. Karriereleitern haben Sprossen. Idealistische Sichtweisen sind lediglich eine Art Kompass.

Dennoch könnte es ein Weg zu sein, jungen, idealistischen Menschen an ihrem Idealismus zu packen:

  • Führungskräfte haben mehr Einfluss auf die Wertehaltungen und die Ausrichtung eines Unternehmens als einfache Mitarbeiter*innen. Eine Führungsposition muss ich mir jedoch verdienen.
  • Wer Einfluss ausüben will braucht Netzwerke. Häufige Unternehmenswechsel helfen hier eher weniger.
  • Um ernst genommen zu werden, braucht es Engagement.

Einen Versuch wäre es wert.

Aber wie gesagt: Es gibt solche, solche und ein paar andere auch noch.

Eine Landkarte der Zukunftshaltungen und -kompetenzen

Angeregt durch eine aktuelle Studie der stg-Mitarbeiterberatung blieb mein Gehirn an einer Frage hängen, die auch in meinen Seminaren zum Thema Digitalisierung immer wieder auftaucht: Was müssen meine Mitarbeiter*innen können, um zukunftsfähig zu sein?

Wenn es dabei lediglich um eine Zusammenarbeit auf Distanz bzw. im digitalen Raum geht, reichen häufig Selbstmanagement, Proaktivität und Netzwerkkompetenz aus:

  • Sie sollten gut organisiert sein, erst recht wenn sie alleine im Homeoffice sitzen und nicht durch andere Kolleg*innen mitstrukturiert werden.
  • Sie sollten von sich aus kommen, wenn ein Fehler passierte, es ein Missverständnis gibt, sie eine Idee oder Frage haben oder ein Konflikt zu klären ist.
  • Und sie sollten die Lust und die Fähigkeit mitbringen, sich ein eigenes Netzwerk aufzubauen bzw. sich aus einem vorhandenen Expertennetzwerk selbständig Informationen zu holen, gerne auch über Hierarchieebenen hinweg.

Geht es jedoch um das große Ganze, braucht es mehr. Manchmal ist dann von Agilität oder Adaptivität die Rede. Manchmal auch von Anpassungsfähigkeit. Das wiederum greift mir zu kurz. Sicherlich: Wir leben in einer Zeit stetigen Wandels. Und die Digitalisierung wird nicht morgen auf die Idee kommen, einfach mal den Turbo auszuschalten. KI & Co. sind vielleicht regelbar. Mal sehen, was der EU dazu noch einfällt. Aufhaltbar sind sie jedoch nicht. Gleichzeitig wissen wir, dass nicht alles was glänzt gut wird. Wir brauchen daher ein gutes Augenmaß im Umgang mit Veränderungen. Nicht zuletzt, um Mitarbeiter*innen, die schnelle Veränderungen nicht gewohnt sind, mitzunehmen.

Was jedoch brauchen Mitarbeiter*innen bereits heute und in der Zukunft noch mehr? Dazu brütete mein Gehirn über Nacht die folgende Landkarte aus:

Unser Umgang mit Lebenslügen

Bild von gstudioimagen1 auf Freepik

Vermutlich ist es das Alter – ich wurde dieses Jahr 51 – das mich über solche Dinge nachdenken lässt: Inwiefern verhindern unsere Lebenslügen eine echte Weiterentwicklung?

Als Trainer bin ich in den letzten 17 Jahren wohl schon zu oft auf Personen gestoßen, die sich selbst im Weg standen. Und ab und an ging die Kritik auch an mich, wenn es heißt: „Das ist doch bloß Theorie. In der Praxis sieht es ganz anders aus.“

Was heißt das eigentlich: Theorie? In der Theorie gibt es keine Limitierungen. In der Theorie ist alles möglich. Doch in der Praxis gibt es diese Begrenzungen. Doch von welchen Grenzen sprechen wir hier? Von systemischen Grenzen? Oder doch auch von persönlichen Grenzen, die entweder nicht bewusst sind oder zu schmerzhaft erscheinen, um sie zu überwinden?

Ist es nicht so, dass sich viele Entscheidungen weniger in die Zukunft richten, sondern vielmehr in die Vergangenheit, indem wir mit aktuellen Entscheidungen unser bisheriges Leben bestätigen? Es wäre doch sehr schmerzhaft für unser Selbstwertgefühl, einen radikalen Schnitt zu machen und die Vergangenheit abzuhaken. Dieses „War nicht schön, aber heute beginnt eine neue Zeitrechnung“ muss man sich erst einmal zutrauen.

Vielleicht besteht darin auch ein weitreichender Grund für Generationenkonflikte, wenn jüngere Menschen einen anderen Lebensstil pflegen. Sich selbst einzugestehen, dass ein Halbtagesjob auch für’s Leben gereicht hätte, dass ein großes Haus und ein dickes Auto uns nicht glücklicher machten und wir mit einer kürzeren Arbeitszeit mehr Zeit für unsere Kinder, den Lebenspartner, Hobbys und Freunde gehabt hätten, ist nicht angenehm. Ist es da nicht wesentlich leichter, genau diesen Lebensstil bei anderen Menschen zu verurteilen als mit seiner eigenen Vergangenheit zu hadern?

Und was ist mit all den anderen, unbewussten Lebenslügen, wenn wir von uns selbst behaupten, tolerant, loyal, engagiert oder klug und erfahren zu sein? Vielleicht sind wir in Wirklichkeit konfliktscheu, zu mutlos, um Kritik zu üben, eitel oder zu stolz, um Neues dazu zu lernen.

Wie sagt Meret Becker so treffend im „Aufschneider“ mit Josef Hader zu ihrem Liebhaber, der sie regelmäßig fragt, was sie unternehmen oder in welches Restaurant sie gehen will: „Du bist nicht höflich, du bist entscheidungsschwach.“

In diesem Sinne: Selbsterkenntnis ist so schmerzhaft wie unumgänglich, wenn ich mich wirklich verändern will.