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In Mediationen oder Konflikt-Coachings erlebe ich häufig, dass eine Partei von der anderen erwartet, sich zu entschuldigen. Dabei ist wohl nichts unbefriedigender als eine oberflächliche Entschuldigung. In Wirklichkeit besteht jedoch das Bedürfnis nach einer positiven Rückmeldung, um die Entfremdung zweier Parteien aufzulösen. Entsprechend lassen sich gelungene Beziehungen über das Phänomen einer positiven gegenseitigen Resonanz beschreiben:
- A hat ein Bedürfnis, worauf er etwas tut, das bei B etwas auslöst.
- B handelt entsprechend oder meldet A zurück, was in ihm ausgelöst wurde.
- A bewertet, ob sein Bedürfnis durch Handeln oder Sprechen von B erfüllt wurde und meldet ebenfalls zurück, welche Resonanz dadurch in ihm ausgelöst wurde.
Es geht hier nicht darum, dass A und B sich unbedingt mögen oder dass beide ihre Bedürfnisse erfüllt bekommen. Es geht vielmehr darum, in einen offenen Austausch einzutreten und sich dadurch gegenseitig rückzumelden, was das Gegenüber in ihnen auslöste. Alles andere wäre ein „ins Leere laufen lassen“ des Anderen:
- A: Ich möchte, dass du mich ernst nimmst.
- B: Ich nehme dich doch ernst.
- A: Nein, das tust du nicht.
Stattdessen entsteht ein resonanter Austausch wie folgt:
- A: Ich möchte, dass du mich ernst nimmst.
- B: Mir war nicht bewusst, dass du dich nicht ernst genommen fühlst. Das überrascht mich.
- A: Jetzt weißt du es.
Ob sich die Beziehung zwischen A und B langfristig verbessert, ist noch unklar. Die Rückmeldung der Resonanz von B führt jedoch zu einer Verbindung der beiden, auf deren Grundlage sich aufbauen lässt.
Es geht also insbesondere in Konflikten und Mediationen weniger um Entschuldigungen, sondern um die Herstellung einer zumindest nicht gleichgültigen, echten Resonanz.
Literatur: Hartmut Rosa – Resonanz