Wie Du in die Welt hineinschaust, schaut sie heraus
Dass wir anders auf Situationen schauen, wenn es uns selbst gut oder schlecht geht, ist bekannt. Unsere Wahrnehmung wiederum prägt unsere Handlungen, und diese den weiteren Verlauf einer Situation.
Ein einfaches Beispiel: Mitarbeiterin A kommt gestresst in die Arbeit und reagiert deshalb unwirsch auf einen Kundenwunsch, der in einem neutralen Licht besehen einer ganz normalen Anfrage gleicht. Wäre sie weniger gestresst, hätte sie sachlich nachhaken, was der Kunde sich konkret vorstellt und anschließend in aller Ruhe entscheiden können, wie sie mit der Anfrage verfahren will.
Unterschiedliche Sicht, unterschiedliche Bewertungen
Kurzum: Unter Stress betrachten wir vermeintlich harmlose Anfragen als Angriff. In Entspannung, d.h. wenn es uns gut geht, haben wir viele Möglichkeiten der Bewertung der Situation:
- Es könnte ein Angriff sein.
- Es könnte aber auch eine normale Anfrage sein.
- Der Kunde könnte unverschämt sein.
- Er könnte aber auch einfach neugierig sein.
- Er könnte sogar unsicher sein, weil er ein Detail des Vertrags noch nicht verstanden hat und lediglich nach Klarheit sucht.
All das kann, muss jedoch nicht sein. Wir finden es jedoch erst heraus, wenn wir nicht unter Stress stehen und unseren Blick für diese Möglichkeiten öffnen.
Wie jedoch ist das möglich? Mitarbeiterin A hat in unserem Beispiel nun einmal Stress. Das Kind wollte nicht in die Kita. Der Wagen muss in die Reparatur. Der Reisepass für den kommenden Urlaub ist immer noch nicht da. Der Mann liegt zuhause mit einer Sommergrippe darnieder. Und Bibi und Tina sind lediglich Filmfiguren und ein HexHex funktioniert in der realen Welt leider nicht. Was also tun?
Der Selbstfürsorge-Boxenstopp
Neben Achtsamkeitsübungen bietet sich hier die Beschäftigung mit der eigenen Selbstfürsorge an:
- Wie gut oder schlecht sorge ich für mich?
- Was bedeutet für mich Selbstfürsorge? Mich besser zu ernähren? Mir Regenerationspausen zu gönnen? Mich zu besinnen? Mich selbst wohlwollend zu betrachten? Mich mit mir zu beraten? …
- Was könnte sich verändern, wenn ich mich besser um mich kümmern würde?
- Woran erkenne ich, dass ich gut für mich sorge?
- Inwiefern könnte eine positive Selbstfürsorge dazu führen, dass ich meine Ziele im Leben besser erreiche, meine Werte lebe oder Ansprüche und Ideale im Alltag besser umsetze?
- Was würde passieren, wenn ich mit einer guten Selbstfürsorge auf anstrengende Situationen blicke? Was könnte sich dadurch verändern?
- Inwiefern könnte sich mein Kommunikations- und Konfliktverhalten verändern?
Nach einer ersten grundlegenden Beschäftigung mit dem Thema Selbstfürsorge sollte es leicht fallen, einen täglichen Boxenstopp mit der Frage “Habe ich mich heute schon gut um mich gekümmert? Wenn nein: Was kann ich mit genau jetzt Gutes tun?” einzuführen.
Dabei soll es nicht darum gehen, Stress oder Probleme wegzuretuschieren und zu individualisieren. Dennoch macht es einen Unterschied, ob ich mich selbst mit oder ohne Regenschirm einem Platzregen aussetze.
(Die Übung wurde inspiriert von Thomas Stölzl: Fragen, Lösungen, Fragen; ein Buch, das ich aufgrund seiner Vielzahl an philosophischen Übungen nur wärmstens empfehlen kann)