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Was wir von Gottschalks Abgang für Führung lernen können

Bild von upklyak auf Freepik

Im Smalltalk mit der Rapperin Shirin David kommt es zu folgendem Dialog:

Thomas Gottschalk: „Dass du ein Opernfan bist, hätte ich dir nicht angesehen.“

Shirin David: „Warum nicht? Weil ich gut aussehe? Wir Feministinnen können klug sein, eloquent und wunderschön zugleich.“

Dazu muss man wissen: David wuchs nicht mit Hiphop auf, sondern mit klassischer Musik. Sie begann mit drei Jahren Klavier zu spielen, später kamen Saxofon, Geige und Oboe dazu. Mit fünf kommt sie auf eine Ballett-Schule und tanzt später am Hamburger Ballett. Sie studierte Gesang an einer Opern-Akademie und spielte an der Hamburgischen Staatsoper.

Vor diesem Hintergrundwissen erscheint die Äußerung Gottschalks entweder naiv oder respektlos – je nach Sichtweise. Hätte er diese Informationen wissen müssen? Ich meine ja. Entweder er hätte selber recherchieren können, mit wem er es an seinem letzten Wetten-Dass-Abend zu tun hat oder eine fleißiger Kopf aus der Redaktion hätte ihm einen kurzen Spickzettel zu geschoben.

Was hat das mit Führung zu tun?

Früher wurde top down geführt. Dies war letztlich eine sehr simple Angelegenheit:

  • Regel Nummer 1: Die Führungskraft besitzt Autorität, weil sie eine Führungskraft ist.
  • Regel Nummer 2: Ihre Autorität wird eher nicht angezweifelt.
  • Regel Nummer 3: Wer die Gefolgschaft verweigert, kann mit negativen Konsequenzen rechnen.

Die hat sich in den letzten 10-15 Jahren enorm verändert:

  • Heutzutage besitzt eine Führungskraft Autorität, wenn sie Mitarbeiter*innen etwas bietet. Dabei kann es sich um Stärke, Kompetenzen oder ein gutes Netzwerk handeln.
  • Autorität muss immer wieder bewiesen werden.
  • Autorität steht damit regelmäßig auf dem Prüfstand. Gute Führungskräfte fördern Kritik, auch an sich selbst, um sich zu verbessern.

So ähnlich wie eine autoritäre Führung es früher nicht nötig hatte, sich über seine Mitarbeiter*innen zu erkundigen, hatte es Gottschalk früher nicht nötig, sich über seine Gäste zu erkundigen. Es reichte vollkommen aus, ein paar freche Fragen zu stellen und ansonsten zu glänzen. Heute ist das anders.

So wie Gottschalk sich über seine Gäste hätte erkundigen können, um ein spannendes Gespräch zu führen:

  • „Wie kommt man von einer klassischen musikalischen Ausbildung zum Rap?“
  • „Was sagt deine Mutter dazu?“ (Anmerkung: Der Vater ist früh verstorben?)
  • usw.

… kommen auch moderne Führungskräfte nicht umhin, sich für ihre Mitarbeiter*in mehr zu interessieren als früher, was sich am einfachsten in zwei Begriffe packen lässt:

  1. Führungskräfte brauchen eine gute Menschenkenntnis: Was motiviert meine Leute? Was überfordert sie? Wer arbeitet am besten mit wem zusammen? …
  2. Da Menschenkenntnis nicht bedeutet, hellseherische Fähigkeiten zu haben, brauchen Führungskräfte immer auch eine große Neugier für das Spontane und Unerwartete.

Seinen Mitarbeiter*innen gegenüber ein echtes Interesse zu zeigen ist respektvoll und schafft damit im Gegenzug ebenso Respekt und Autorität, da ich einer Führungskraft, die sich wirklich für mich interessiert auch gerne folge.